Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. I. SECTIO XXVII. einige gar schaden/ davon hätten/ daß dannoch dergleichen gesuch/ wegen dergemüther dieses orts bewandnüß/ und daher besorglichen ärgernüsses/ durch- aus nicht zu rathen seye/ sondern man sich in gedult dieser kirchen-ceremonie zu bequemen hätte. Als aber derselbe immer auff solchem fürhaben beharr- te/ bat ich endlich/ weil er liebe gegen mich bezeugte/ er und andre freunde möchten auffs wenigste meiner darinnen schohnen/ und so lang ich lebte/ nichts dergleichen versuchen/ indem sie leicht vorsehen könten/ wo dergleichen bey meinem leben vorginge/ daß mir/ ob ich wol unschuldig/ dennoch dessen schuld in und ausser diesem lande würde beygemessen werden; welches er auch wol begriffe. Daher von solcher zeit an nichts mehr von ihm der sache wegen gehöret habe. Jch kehre aber wieder zu meiner angefangnen erzehlung. Weil dann 795. a. T 2
ARTIC. I. SECTIO XXVII. einige gar ſchaden/ davon haͤtten/ daß dannoch dergleichen geſuch/ wegen dergemuͤther dieſes orts bewandnuͤß/ und daher beſorglichen aͤrgernuͤſſes/ durch- aus nicht zu rathen ſeye/ ſondern man ſich in gedult dieſer kirchen-ceremonie zu bequemen haͤtte. Als aber derſelbe immer auff ſolchem fuͤrhaben beharr- te/ bat ich endlich/ weil er liebe gegen mich bezeugte/ er und andre freunde moͤchten auffs wenigſte meiner darinnen ſchohnen/ und ſo lang ich lebte/ nichts dergleichen verſuchen/ indem ſie leicht vorſehen koͤnten/ wo dergleichen bey meinem leben vorginge/ daß mir/ ob ich wol unſchuldig/ dennoch deſſen ſchuld in und auſſer dieſem lande wuͤrde beygemeſſen werden; welches er auch wol begriffe. Daher von ſolcher zeit an nichts mehr von ihm der ſache wegen gehoͤret habe. Jch kehre aber wieder zu meiner angefangnen erzehlung. Weil dann 795. a. T 2
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ARTIC. I. SECTIO XXVII.
einige gar ſchaden/ davon haͤtten/ daß dannoch dergleichen geſuch/ wegen der
gemuͤther dieſes orts bewandnuͤß/ und daher beſorglichen aͤrgernuͤſſes/ durch-
aus nicht zu rathen ſeye/ ſondern man ſich in gedult dieſer kirchen-ceremonie
zu bequemen haͤtte. Als aber derſelbe immer auff ſolchem fuͤrhaben beharr-
te/ bat ich endlich/ weil er liebe gegen mich bezeugte/ er und andre freunde
moͤchten auffs wenigſte meiner darinnen ſchohnen/ und ſo lang ich lebte/
nichts dergleichen verſuchen/ indem ſie leicht vorſehen koͤnten/ wo dergleichen
bey meinem leben vorginge/ daß mir/ ob ich wol unſchuldig/ dennoch deſſen
ſchuld in und auſſer dieſem lande wuͤrde beygemeſſen werden; welches er
auch wol begriffe. Daher von ſolcher zeit an nichts mehr von ihm der ſache
wegen gehoͤret habe.
Jch kehre aber wieder zu meiner angefangnen erzehlung. Weil dann
nun in der commiſſion geſchloſſen wurde/ daß nechſt unterthaͤnigſter relation
jeglicher der Commiſſariorum auch ſeine gedancken daruͤber einſchicken ſolte/
wurde es mir und unterſchiedlichen andern ſchwehr/ einen ausgang aus die-
ſer ſchwehrigkeit zu finden/ indem von beiden ſeiten/ die wichtigſten momen-
ta vor augen ſtunden. Der interveniren den buͤrger verlangen zu willfah-
ren/ moͤchte rathſam machen 1. daß die privat-beicht und abſolution/ wie ſie
in unſern kirchen uͤblich/ bekanntlich kein goͤttlicher befehl/ ſondern eine
menſchliche einſetzung und an ſich adiaphorum ſeye/ welche dinge aber zur
laſt der gewiſſen nicht werden ſollen. 2. Daß ſie nicht in allen Evangeliſch-
Lutheriſchen kirchen hergebracht/ ſondern in und auſſer reichs viele gemein-
den ſind/ die ſich vergnuͤgen mit einer vorber eitung und allgemeinen abſolu-
tion/ damit auch die intervenienten zu frieden ſeyn wuͤrden. 3. Daß die
zahl deren/ die ſolches begehrten/ groß ſeye/ wie dann einem ſupplicato an
Seine Chur-Fuͤrſtl. Durchl. darinnen ſie um ſolche freyheit auch angehal-
ten/ auff 50 unterſchrieben/ und ſich vernehmen laſſen/ daß mehr als noch ſo
viele dieſes ſinnes waͤren/ daher es ſchwehr wurde/ eine ſo ſtarcke anzahl der
gemeinde/ in einer ſache/ darinnen ſie ſich auff die von Chriſto habende frey-
heit berieffen/ nicht zu erhoͤren. 4. Daß ſie auch nichts eigenmaͤchtig vor-
genommen/ ſondern die ſache bey dem ſummo Epiſcopo ſuchten. 5. Daß ſie
auch Lutherum vor ſich haͤtten/ der ſo ernſtlich er die privat-abſolution fuͤr
die/ ſo ihrer beduͤrfftig/ in der kirchen beybehalten haben wollen/ alſo daß er
ſie um aller welt gut nicht fahren zu laſſen gemeinet/ eben ſo ernſtlich allen
zwang davon ausgeſchloſſen/ und die beichtfrey gelaſſen haben wollen. Als
kirchen-poſt. in der Sermon von der beicht: wiewol es nicht geboten ſoll
werden/ auff daß man nicht ein gewiſſen daruͤber mache/ als muͤſte
man zuvor beichten/ ehe man zum Sacrament gehe. Tom. 1. Alt. fol.
795. a.
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