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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
nung zur fähigkeit der vergebung gehöret/ alles findet. 7. Daß der belei-
diger die vergebung und liebes-bezeugung nicht mit eignen ohren von dem
beleidigten angehöret/ da er selbs bekennet/ daß dieser nicht laut reden kön-
nen/ und er nicht immer so nahe bey ihm gestanden/ wird gnug durch zeugnüß
anderer ehrlicher leute/ so es auch mit eyd bekräfftigen/ ersetzet. 8. Darzu
noch kommt/ daß die frage auch an sich selbs zu bejahen ist; und wann obige
dinge alle nicht vorgegangen wären/ des beleidigten hertzliche busse/ nach dem
was sonderlich n 2. 3. 4. vorgestellet worden/ ihm die gewisse vergebung von
GOtt zuwege gebracht haben würde. 9. Was Arndium und Dillherrn an-
langt/ solle noch folgen.

Q. 3.
Ob nicht der offendens, da er seines begangenen unrechts und sün-
den wegen vor GOttes gericht gefordert/ dieselbe aber anietzo
nicht nur erkant und bekant/ sondern auch mit vergiessung so
vieler thränen hertzinniglich und von innerstem grund der see-
len bereuet/ dem zorn-gericht GOttes durch wahre buß entge-
hen/ und sich hingegen als ein recht bußfertiger sünder der un-
fehlbaren vergebung seiner sünden/ und der gnaden GOttes fe-
stiglich zu versichern habe? und was also von Arnds und Dill-
herrn meinung zu halten?

1. WJe diese frage mit der vorigen nach dem ersten stück fast einstimmig/ al-
so wird sie auch mit derselben billich bejahet: welche bejahung auff
allen oben ausgeführten gründen beruhet: auch des lieben Pauli exempel
vor sich hat/ welcher unmöglich sich mit allen vorhin von ihm beleidigten/
verfolgten/ und zur lästerung gebrachten/ nach seiner bekehrung kan versöh-
net/ und dero vergebung austrücklich erlanget haben/ nachdem viele der-
selben bereits werden gestorben seyn/ ja er zu unterschiedlicher todt
geholffen hatte; Jndessen zweiffelt niemand an dessen erlangten
vergebung und seligkeit. Also kan 2. sich auch dieser offendent,
da seine buß hertzlich ist/ aus den angeführten stellen Matth. 12/ 31.
Marc. 3/ 28. 29.
der vergebung seiner sünden ohnfehlbarlich versehen: als
der gewiß ist/ daß seine sünde zu der sünde in den H. Geist nicht gehöret/ als
welche nothwendig eine lästerung in sich fassen muß: da hingegen des HErrn
eigener mund allen übrigen sünden/ nemlich in göttlicher ordnung/ die verge-
bung zusaget. 3. Was anlangt die angeführte stellen Arndii und Dillherrens/
so ist derjenige/ so aus Wahr. Christenth. 1/ 19. in fin. (welchen ich in mei-

ner

Das dritte Capitel.
nung zur faͤhigkeit der vergebung gehoͤret/ alles findet. 7. Daß der belei-
diger die vergebung und liebes-bezeugung nicht mit eignen ohren von dem
beleidigten angehoͤret/ da er ſelbs bekennet/ daß dieſer nicht laut reden koͤn-
nen/ und er nicht immer ſo nahe bey ihm geſtanden/ wird gnug durch zeugnuͤß
anderer ehrlicher leute/ ſo es auch mit eyd bekraͤfftigen/ erſetzet. 8. Darzu
noch kommt/ daß die frage auch an ſich ſelbs zu bejahen iſt; und wann obige
dinge alle nicht vorgegangen waͤren/ des beleidigten hertzliche buſſe/ nach dem
was ſonderlich n 2. 3. 4. vorgeſtellet worden/ ihm die gewiſſe vergebung von
GOtt zuwege gebracht haben wuͤrde. 9. Was Arndium und Dillherrn an-
langt/ ſolle noch folgen.

Q. 3.
Ob nicht der offendens, da er ſeines begangenen unrechts und ſuͤn-
den wegen vor GOttes gericht gefordert/ dieſelbe aber anietzo
nicht nur erkant und bekant/ ſondern auch mit vergieſſung ſo
vieler thraͤnen hertzinniglich und von innerſtem grund der ſee-
len bereuet/ dem zorn-gericht GOttes durch wahre buß entge-
hen/ und ſich hingegen als ein recht bußfertiger ſuͤnder der un-
fehlbaren vergebung ſeiner ſuͤnden/ und der gnaden GOttes fe-
ſtiglich zu verſichern habe? und was alſo von Arnds und Dill-
herrn meinung zu halten?

1. WJe dieſe frage mit der vorigen nach dem erſten ſtuͤck faſt einſtimmig/ al-
ſo wird ſie auch mit derſelben billich bejahet: welche bejahung auff
allen oben ausgefuͤhrten gruͤnden beruhet: auch des lieben Pauli exempel
vor ſich hat/ welcher unmoͤglich ſich mit allen vorhin von ihm beleidigten/
verfolgten/ und zur laͤſterung gebrachten/ nach ſeiner bekehrung kan verſoͤh-
net/ und dero vergebung austruͤcklich erlanget haben/ nachdem viele der-
ſelben bereits werden geſtorben ſeyn/ ja er zu unterſchiedlicher todt
geholffen hatte; Jndeſſen zweiffelt niemand an deſſen erlangten
vergebung und ſeligkeit. Alſo kan 2. ſich auch dieſer offendent,
da ſeine buß hertzlich iſt/ aus den angefuͤhrten ſtellen Matth. 12/ 31.
Marc. 3/ 28. 29.
der vergebung ſeiner ſuͤnden ohnfehlbarlich verſehen: als
der gewiß iſt/ daß ſeine ſuͤnde zu der ſuͤnde in den H. Geiſt nicht gehoͤret/ als
welche nothwendig eine laͤſterung in ſich faſſen muß: da hingegen des HErrn
eigener mund allen uͤbrigen ſuͤnden/ nemlich in goͤttlicher ordnung/ die verge-
bung zuſaget. 3. Was anlangt die angefuͤhrte ſtellen Arndii und Dillherrens/
ſo iſt derjenige/ ſo aus Wahr. Chriſtenth. 1/ 19. in fin. (welchen ich in mei-

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[300/0308] Das dritte Capitel. nung zur faͤhigkeit der vergebung gehoͤret/ alles findet. 7. Daß der belei- diger die vergebung und liebes-bezeugung nicht mit eignen ohren von dem beleidigten angehoͤret/ da er ſelbs bekennet/ daß dieſer nicht laut reden koͤn- nen/ und er nicht immer ſo nahe bey ihm geſtanden/ wird gnug durch zeugnuͤß anderer ehrlicher leute/ ſo es auch mit eyd bekraͤfftigen/ erſetzet. 8. Darzu noch kommt/ daß die frage auch an ſich ſelbs zu bejahen iſt; und wann obige dinge alle nicht vorgegangen waͤren/ des beleidigten hertzliche buſſe/ nach dem was ſonderlich n 2. 3. 4. vorgeſtellet worden/ ihm die gewiſſe vergebung von GOtt zuwege gebracht haben wuͤrde. 9. Was Arndium und Dillherrn an- langt/ ſolle noch folgen. Q. 3. Ob nicht der offendens, da er ſeines begangenen unrechts und ſuͤn- den wegen vor GOttes gericht gefordert/ dieſelbe aber anietzo nicht nur erkant und bekant/ ſondern auch mit vergieſſung ſo vieler thraͤnen hertzinniglich und von innerſtem grund der ſee- len bereuet/ dem zorn-gericht GOttes durch wahre buß entge- hen/ und ſich hingegen als ein recht bußfertiger ſuͤnder der un- fehlbaren vergebung ſeiner ſuͤnden/ und der gnaden GOttes fe- ſtiglich zu verſichern habe? und was alſo von Arnds und Dill- herrn meinung zu halten? 1. WJe dieſe frage mit der vorigen nach dem erſten ſtuͤck faſt einſtimmig/ al- ſo wird ſie auch mit derſelben billich bejahet: welche bejahung auff allen oben ausgefuͤhrten gruͤnden beruhet: auch des lieben Pauli exempel vor ſich hat/ welcher unmoͤglich ſich mit allen vorhin von ihm beleidigten/ verfolgten/ und zur laͤſterung gebrachten/ nach ſeiner bekehrung kan verſoͤh- net/ und dero vergebung austruͤcklich erlanget haben/ nachdem viele der- ſelben bereits werden geſtorben ſeyn/ ja er zu unterſchiedlicher todt geholffen hatte; Jndeſſen zweiffelt niemand an deſſen erlangten vergebung und ſeligkeit. Alſo kan 2. ſich auch dieſer offendent, da ſeine buß hertzlich iſt/ aus den angefuͤhrten ſtellen Matth. 12/ 31. Marc. 3/ 28. 29. der vergebung ſeiner ſuͤnden ohnfehlbarlich verſehen: als der gewiß iſt/ daß ſeine ſuͤnde zu der ſuͤnde in den H. Geiſt nicht gehoͤret/ als welche nothwendig eine laͤſterung in ſich faſſen muß: da hingegen des HErrn eigener mund allen uͤbrigen ſuͤnden/ nemlich in goͤttlicher ordnung/ die verge- bung zuſaget. 3. Was anlangt die angefuͤhrte ſtellen Arndii und Dillherrens/ ſo iſt derjenige/ ſo aus Wahr. Chriſtenth. 1/ 19. in fin. (welchen ich in mei- ner

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/308>, abgerufen am 22.11.2024.