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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. I. SECTIO IX.
geblieben wäre/ Gottes ehre und wolthat gerühmet/ und hätten die
menschen am sabbath mit einander geredet von der unaussprechlichen
gütigkeit Gottes ihres schöpffers/ hätten geopffert/ gebetet/ etc. dann
diß alles bedeut und schleust in sich das wort heiligen.
Nach diesem
unserm vornehmsten lehrer haben gleiches mit ihm gehalten/ als viel mir
wissend ist/ die berühmteste und meiste unsrer Theologorum, aus denen al-
lein anführe D. Martin. Chemnitium, D. Joh. Gerhardum, D. Wolfg. Franzi-
um, D. Luc. Osiandrum,
die Weimarische Bibel/ Henr. Buntingium, D. Joh
Conr. Dannhauerum, D. Joh. Ad. Osiandrum, &c.
Weil es aber in einer
theologischen frage mit der autorität andrer lehrer nicht gnug ist/ haben wir
auch die gründe unsrer meynung aus der schrifft dar zu thun.

So ist nun 1. der erste grund in dem text 1. Mos. 2/ 2. 3. der also lautet:
Und also vollendete GOTT am siebenden tage seine wercke/ die er
machte/ und ruhete am siebenden tag/ und heiliget ihn/ darum/ daß
er an demselben geruhet hatte von allen seinen wercken/ die er machte.

damit zu vergleichen ist/ was im 2. Mos. 20/ 11. als die ursach der sabbaths-
feyer angeführet wird: Dann in sechs tagen hat der HERR himmel
und erden gemacht/ und das meer/ und alles/ was darinnen ist/ und
ruhete am siebenden tag. Darum segnet der HErr den Sabbath/
und heiliget ihn.
Und nochmal 2. Mos. 31/ 17. Dann in sechs tagen
machte der HERR himmel und erden/ aber am siebenden tage ruhete
er/ und erquickte sich.
Aus diesen sprüchen ist zu mercken 1. daß ohne wi-
derspruch in denselben gehandelt werde von dem siebenden tag der welt und
dero schöpffung/ als welcher den sechs schöpffungs-tagen entgegen und nach
ihnen gesetzet wird. 2. Wird darvon gesagt/ der HERR habe geruhet/
das ist/ auffgehöret zu thun/ was er die vorige tage gethan/ nemlich jeden tag
etwas neues erschaffen hatte: indem von der steten erhaltung aller creatu-
ren/ er auch damal nicht kan abgelassen und geruhet haben. 3. Es heisset
aber auch/ er habe solchen tag gesegnet und geheiliget. Das segnen kan
nicht anders verstanden werden/ als daß GOTT der HERR solchem tag
eine sonderbahre würde beygeleget habe/ welches in nichts anders wohl beste-
hen kan/ als in dessen absonderung von den übrigen tagen/ von denen er einen
unterscheid und vorzug haben solte; welches durch das heiligen sonderlich
verstanden wird; in dem heiligen eigenlich heisset/ etwas absondern/ sonder-
lich aber von dem gemeinen und weltlichen gebrauch abziehen/ und zu einem
göttlichen widmen. Welches/ daß es die meinung seye dieser heiligung/
auch daraus erhellet/ weil in dem dritten gebot austrücklich die sechs tage

von
D 3

ARTIC. I. SECTIO IX.
geblieben waͤre/ Gottes ehre und wolthat geruͤhmet/ und haͤtten die
menſchen am ſabbath mit einander geredet von der unausſprechlichen
guͤtigkeit Gottes ihres ſchoͤpffers/ haͤtten geopffert/ gebetet/ ꝛc. dann
diß alles bedeut und ſchleuſt in ſich das wort heiligen.
Nach dieſem
unſerm vornehmſten lehrer haben gleiches mit ihm gehalten/ als viel mir
wiſſend iſt/ die beruͤhmteſte und meiſte unſrer Theologorum, aus denen al-
lein anfuͤhre D. Martin. Chemnitium, D. Joh. Gerhardum, D. Wolfg. Franzi-
um, D. Luc. Oſiandrum,
die Weimariſche Bibel/ Henr. Buntingium, D. Joh
Conr. Dannhauerum, D. Joh. Ad. Oſiandrum, &c.
Weil es aber in einer
theologiſchen frage mit der autoritaͤt andrer lehrer nicht gnug iſt/ haben wir
auch die gruͤnde unſrer meynung aus der ſchrifft dar zu thun.

So iſt nun 1. der erſte grund in dem text 1. Moſ. 2/ 2. 3. der alſo lautet:
Und alſo vollendete GOTT am ſiebenden tage ſeine wercke/ die er
machte/ und ruhete am ſiebenden tag/ und heiliget ihn/ darum/ daß
er an demſelben geruhet hatte von allen ſeinen wercken/ die er machte.

damit zu vergleichen iſt/ was im 2. Moſ. 20/ 11. als die urſach der ſabbaths-
feyer angefuͤhret wird: Dann in ſechs tagen hat der HERR himmel
und erden gemacht/ und das meer/ und alles/ was darinnen iſt/ und
ruhete am ſiebenden tag. Darum ſegnet der HErr den Sabbath/
und heiliget ihn.
Und nochmal 2. Moſ. 31/ 17. Dann in ſechs tagen
machte der HERR himmel und erden/ aber am ſiebenden tage ruhete
er/ und erquickte ſich.
Aus dieſen ſpruͤchen iſt zu mercken 1. daß ohne wi-
derſpruch in denſelben gehandelt werde von dem ſiebenden tag der welt und
dero ſchoͤpffung/ als welcher den ſechs ſchoͤpffungs-tagen entgegen und nach
ihnen geſetzet wird. 2. Wird darvon geſagt/ der HERR habe geruhet/
das iſt/ auffgehoͤret zu thun/ was er die vorige tage gethan/ nemlich jeden tag
etwas neues erſchaffen hatte: indem von der ſteten erhaltung aller creatu-
ren/ er auch damal nicht kan abgelaſſen und geruhet haben. 3. Es heiſſet
aber auch/ er habe ſolchen tag geſegnet und geheiliget. Das ſegnen kan
nicht anders verſtanden werden/ als daß GOTT der HERR ſolchem tag
eine ſonderbahre wuͤꝛde beygeleget habe/ welches in nichts anders wohl beſte-
hen kan/ als in deſſen abſonderung von den uͤbrigen tagen/ von denen er einen
unterſcheid und vorzug haben ſolte; welches durch das heiligen ſonderlich
verſtanden wird; in dem heiligen eigenlich heiſſet/ etwas abſondern/ ſonder-
lich aber von dem gemeinen und weltlichen gebrauch abziehen/ und zu einem
goͤttlichen widmen. Welches/ daß es die meinung ſeye dieſer heiligung/
auch daraus erhellet/ weil in dem dritten gebot austruͤcklich die ſechs tage

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[29/0037] ARTIC. I. SECTIO IX. geblieben waͤre/ Gottes ehre und wolthat geruͤhmet/ und haͤtten die menſchen am ſabbath mit einander geredet von der unausſprechlichen guͤtigkeit Gottes ihres ſchoͤpffers/ haͤtten geopffert/ gebetet/ ꝛc. dann diß alles bedeut und ſchleuſt in ſich das wort heiligen. Nach dieſem unſerm vornehmſten lehrer haben gleiches mit ihm gehalten/ als viel mir wiſſend iſt/ die beruͤhmteſte und meiſte unſrer Theologorum, aus denen al- lein anfuͤhre D. Martin. Chemnitium, D. Joh. Gerhardum, D. Wolfg. Franzi- um, D. Luc. Oſiandrum, die Weimariſche Bibel/ Henr. Buntingium, D. Joh Conr. Dannhauerum, D. Joh. Ad. Oſiandrum, &c. Weil es aber in einer theologiſchen frage mit der autoritaͤt andrer lehrer nicht gnug iſt/ haben wir auch die gruͤnde unſrer meynung aus der ſchrifft dar zu thun. So iſt nun 1. der erſte grund in dem text 1. Moſ. 2/ 2. 3. der alſo lautet: Und alſo vollendete GOTT am ſiebenden tage ſeine wercke/ die er machte/ und ruhete am ſiebenden tag/ und heiliget ihn/ darum/ daß er an demſelben geruhet hatte von allen ſeinen wercken/ die er machte. damit zu vergleichen iſt/ was im 2. Moſ. 20/ 11. als die urſach der ſabbaths- feyer angefuͤhret wird: Dann in ſechs tagen hat der HERR himmel und erden gemacht/ und das meer/ und alles/ was darinnen iſt/ und ruhete am ſiebenden tag. Darum ſegnet der HErr den Sabbath/ und heiliget ihn. Und nochmal 2. Moſ. 31/ 17. Dann in ſechs tagen machte der HERR himmel und erden/ aber am ſiebenden tage ruhete er/ und erquickte ſich. Aus dieſen ſpruͤchen iſt zu mercken 1. daß ohne wi- derſpruch in denſelben gehandelt werde von dem ſiebenden tag der welt und dero ſchoͤpffung/ als welcher den ſechs ſchoͤpffungs-tagen entgegen und nach ihnen geſetzet wird. 2. Wird darvon geſagt/ der HERR habe geruhet/ das iſt/ auffgehoͤret zu thun/ was er die vorige tage gethan/ nemlich jeden tag etwas neues erſchaffen hatte: indem von der ſteten erhaltung aller creatu- ren/ er auch damal nicht kan abgelaſſen und geruhet haben. 3. Es heiſſet aber auch/ er habe ſolchen tag geſegnet und geheiliget. Das ſegnen kan nicht anders verſtanden werden/ als daß GOTT der HERR ſolchem tag eine ſonderbahre wuͤꝛde beygeleget habe/ welches in nichts anders wohl beſte- hen kan/ als in deſſen abſonderung von den uͤbrigen tagen/ von denen er einen unterſcheid und vorzug haben ſolte; welches durch das heiligen ſonderlich verſtanden wird; in dem heiligen eigenlich heiſſet/ etwas abſondern/ ſonder- lich aber von dem gemeinen und weltlichen gebrauch abziehen/ und zu einem goͤttlichen widmen. Welches/ daß es die meinung ſeye dieſer heiligung/ auch daraus erhellet/ weil in dem dritten gebot austruͤcklich die ſechs tage von D 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/37>, abgerufen am 27.04.2024.