Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das vierdte Capitel. p. 275. als Churf. Joh. Georgen eheordnung p. 464. daß daselbs das ver-bot der grad der blutsfreundschafft zwahr auch auff die schwägerschafft ex- tendiret wird/ aber austrücklich auff diejenige/ welche des ehegatten bluts- freunde/ nicht aber wiederum dessen schwäger sind/ daß also nur das pri- mum, nicht aber das secundum, genus affinitatis in dem verbot attendiret wird. Diese ehe-ordnung wird jährlich verlesen/ und daher billig von je- dermann also verstanden/ daß was nicht in deroselben verboten ist/ vorer- laubt zu achten seye/ folglich welche sich in den graden, so daselbs nicht ge- meldet sind/ mit einander verloben/ thun solches bona fide, daher ich nicht se- he/ wie zu ihrem schaden solche verlöbnüß rescindiret/ oder die vollstreckung gehindert werden könne. So vielmehr weil da ein casus, der in das secun- dum genus affinitatis gehöret/ nehmlich mit des stiefvaters wittwe/ wo ohne zweiffel allein auff den respectum paternitatis gesehen wird/ austrück- lich unter die verbotene gesetzet wird/ in der der landes-ordnung einverleib- ten designation der personen so nicht ehelich werden sollen. p. 123. Da denn gewißlich/ wo Legislator auch in linea transversali etwas zu verbie- ten gewillt gewesen/ dieser casus mit des weibes brudern wittwe/ auch nicht hätte vergessen werden sollen. Zwahr nachdeme sehen wir bey Carpz. Ju- rispr. Consist. L. 2. T. 6. def. 102. daß solcher fall etlicher massen verboten zu- achten/ wo wir aber die rescripta aus dem Ober-consistorio, die er angefüh- ret/ besehen/ so finden wir nur/ daß erfordert wird/ daß solcher fall daselbs hinzuberichten gewesen wäre/ auff daß in dergleichen dessen erkäntnüß alle- zeit dazu käme/ daher auch sonderlich und meistens auff vermeidung der är- gernüsse in denselben getrieben/ gar aber weder ein göttliches noch obrigkeit- liches gebot allegiret wird: Um welcher ursach willen auch defin. 120. die dispensation zugelassen wird. 5. Bey dieser ist nun ferner wohl zu bedencken/ daß auch das Churfürst- xem-
Das vierdte Capitel. p. 275. als Churf. Joh. Georgen eheordnung p. 464. daß daſelbs das ver-bot der grad der blutsfreundſchafft zwahr auch auff die ſchwaͤgerſchafft ex- tendiret wird/ aber austruͤcklich auff diejenige/ welche des ehegatten bluts- freunde/ nicht aber wiederum deſſen ſchwaͤger ſind/ daß alſo nur das pri- mum, nicht aber das ſecundum, genus affinitatis in dem verbot attendiret wird. Dieſe ehe-ordnung wird jaͤhrlich verleſen/ und daher billig von je- dermann alſo verſtanden/ daß was nicht in deroſelben verboten iſt/ vorer- laubt zu achten ſeye/ folglich welche ſich in den graden, ſo daſelbs nicht ge- meldet ſind/ mit einander verloben/ thun ſolches bona fide, daher ich nicht ſe- he/ wie zu ihrem ſchaden ſolche verloͤbnuͤß reſcindiret/ oder die vollſtreckung gehindert werden koͤnne. So vielmehr weil da ein caſus, der in das ſecun- dum genus affinitatis gehoͤret/ nehmlich mit des ſtiefvaters wittwe/ wo ohne zweiffel allein auff den reſpectum paternitatis geſehen wird/ austruͤck- lich unter die verbotene geſetzet wird/ in der der landes-ordnung einverleib- ten deſignation der perſonen ſo nicht ehelich werden ſollen. p. 123. Da denn gewißlich/ wo Legislator auch in linea transverſali etwas zu verbie- ten gewillt geweſen/ dieſer caſus mit des weibes brudern wittwe/ auch nicht haͤtte vergeſſen werden ſollen. Zwahr nachdeme ſehen wir bey Carpz. Ju- riſpr. Conſiſt. L. 2. T. 6. def. 102. daß ſolcher fall etlicher maſſen verboten zu- achten/ wo wir aber die reſcripta aus dem Ober-conſiſtorio, die er angefuͤh- ret/ beſehen/ ſo finden wir nur/ daß erfordert wird/ daß ſolcher fall daſelbs hinzuberichten geweſen waͤre/ auff daß in dergleichen deſſen erkaͤntnuͤß alle- zeit dazu kaͤme/ daher auch ſonderlich und meiſtens auff vermeidung der aͤr- gernuͤſſe in denſelben getrieben/ gar aber weder ein goͤttliches noch obrigkeit- liches gebot allegiret wird: Um welcher urſach willen auch defin. 120. die diſpenſation zugelaſſen wird. 5. Bey dieſer iſt nun ferner wohl zu bedencken/ daß auch das Churfuͤrſt- xem-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0540" n="532"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das vierdte Capitel.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">p. 275.</hi> als Churf. Joh. Georgen eheordnung <hi rendition="#aq">p. 464.</hi> daß daſelbs das ver-<lb/> bot der <hi rendition="#aq">grad</hi> der blutsfreundſchafft zwahr auch auff die ſchwaͤgerſchafft <hi rendition="#aq">ex-<lb/> tendir</hi>et wird/ aber austruͤcklich auff diejenige/ welche des ehegatten bluts-<lb/> freunde/ nicht aber wiederum deſſen ſchwaͤger ſind/ daß alſo nur das <hi rendition="#aq">pri-<lb/> mum,</hi> nicht aber das <hi rendition="#aq">ſecundum, genus affinitatis</hi> in dem verbot <hi rendition="#aq">attendi</hi>ret<lb/> wird. Dieſe ehe-ordnung wird jaͤhrlich verleſen/ und daher billig von je-<lb/> dermann alſo verſtanden/ daß was nicht in deroſelben verboten iſt/ vorer-<lb/> laubt zu achten ſeye/ folglich welche ſich in den <hi rendition="#aq">graden,</hi> ſo daſelbs nicht ge-<lb/> meldet ſind/ mit einander verloben/ thun ſolches <hi rendition="#aq">bona fide,</hi> daher ich nicht ſe-<lb/> he/ wie zu ihrem ſchaden ſolche verloͤbnuͤß <hi rendition="#aq">reſcindi</hi>ret/ oder die vollſtreckung<lb/> gehindert werden koͤnne. So vielmehr weil da ein <hi rendition="#aq">caſus,</hi> der in das <hi rendition="#aq">ſecun-<lb/> dum genus affinitatis</hi> gehoͤret/ nehmlich mit des ſtiefvaters wittwe/ wo<lb/> ohne zweiffel allein auff den <hi rendition="#aq">reſpectum paternitatis</hi> geſehen wird/ austruͤck-<lb/> lich unter die verbotene geſetzet wird/ in der der landes-ordnung einverleib-<lb/> ten <hi rendition="#aq">deſignation</hi> <hi rendition="#fr">der perſonen ſo nicht ehelich werden ſollen.</hi> <hi rendition="#aq">p. 123.</hi> <hi rendition="#fr">Da</hi><lb/> denn gewißlich/ wo <hi rendition="#aq">Legislator</hi> auch in <hi rendition="#aq">linea transverſali</hi> etwas zu verbie-<lb/> ten gewillt geweſen/ dieſer <hi rendition="#aq">caſus</hi> mit des weibes brudern wittwe/ auch nicht<lb/> haͤtte vergeſſen werden ſollen. Zwahr nachdeme ſehen wir bey <hi rendition="#aq">Carpz. Ju-<lb/> riſpr. Conſiſt. L. 2. T. 6. def. 102.</hi> daß ſolcher fall etlicher maſſen verboten zu-<lb/> achten/ wo wir aber die <hi rendition="#aq">reſcripta</hi> aus dem Ober-<hi rendition="#aq">conſiſtorio,</hi> die er angefuͤh-<lb/> ret/ beſehen/ ſo finden wir nur/ daß erfordert wird/ daß ſolcher fall daſelbs<lb/> hinzuberichten geweſen waͤre/ auff daß in dergleichen deſſen erkaͤntnuͤß alle-<lb/> zeit dazu kaͤme/ daher auch ſonderlich und meiſtens auff vermeidung der aͤr-<lb/> gernuͤſſe in denſelben getrieben/ gar aber weder ein goͤttliches noch obrigkeit-<lb/> liches gebot <hi rendition="#aq">allegi</hi>ret wird: Um welcher urſach willen auch <hi rendition="#aq">defin. 120.</hi> die<lb/><hi rendition="#aq">diſpenſation</hi> zugelaſſen wird.</p><lb/> <p>5. Bey dieſer iſt nun ferner wohl zu bedencken/ daß auch das Churfuͤrſt-<lb/> liche Ober-<hi rendition="#aq">Conſiſtorium</hi> in Dreßden dieſe nicht abgeſchlagen/ ſondern er-<lb/> theilt haben: wie bey <hi rendition="#aq">Carpzov. d. defin. 120. de annis 1614. 1618. 1620.</hi> zu ſe-<lb/> hen/ dazu auch das exempel <hi rendition="#aq">de anno 1627.</hi> bey <hi rendition="#aq">defin. 102.</hi> zu ziehen/ wo zwahr<lb/> daß ohne vorwiſſen des Ober-<hi rendition="#aq">Conſiſtorii</hi> ſolche nachlaſſung geſchehen/ gean-<lb/> det/ aber gleichwol das gethane verloͤbnuͤß zu vollziehen verſtattet worden.<lb/> Dazu noch kommt/ das ohne jahr aus <hi rendition="#aq">Dedekenno</hi> bey <hi rendition="#aq">Carpz. defin. 120.</hi> an-<lb/> gezogene <hi rendition="#aq">reſcript</hi> des Ober-<hi rendition="#aq">Conſiſtorii:</hi> wo zwahr wann noch kein verbuͤnd-<lb/> licher verſpruch geſchehen/ die perſonen abzumahnen verordnet/ aber aus-<lb/> truͤcklich dazu geſetzet wird: <hi rendition="#fr">Wofern ſie aber ſich mit einander allbereit<lb/> verbunden/ ſo wuͤrde ihnen die vollziehung auff vorhergehendes der<lb/> kirchen auffgebot durch chriſtlichen kirchgang und eheliche beywoh-<lb/> nung billich erlaubet/ geſtattet und nachgelaſſen.</hi> So ſind auch der e-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">xem-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [532/0540]
Das vierdte Capitel.
p. 275. als Churf. Joh. Georgen eheordnung p. 464. daß daſelbs das ver-
bot der grad der blutsfreundſchafft zwahr auch auff die ſchwaͤgerſchafft ex-
tendiret wird/ aber austruͤcklich auff diejenige/ welche des ehegatten bluts-
freunde/ nicht aber wiederum deſſen ſchwaͤger ſind/ daß alſo nur das pri-
mum, nicht aber das ſecundum, genus affinitatis in dem verbot attendiret
wird. Dieſe ehe-ordnung wird jaͤhrlich verleſen/ und daher billig von je-
dermann alſo verſtanden/ daß was nicht in deroſelben verboten iſt/ vorer-
laubt zu achten ſeye/ folglich welche ſich in den graden, ſo daſelbs nicht ge-
meldet ſind/ mit einander verloben/ thun ſolches bona fide, daher ich nicht ſe-
he/ wie zu ihrem ſchaden ſolche verloͤbnuͤß reſcindiret/ oder die vollſtreckung
gehindert werden koͤnne. So vielmehr weil da ein caſus, der in das ſecun-
dum genus affinitatis gehoͤret/ nehmlich mit des ſtiefvaters wittwe/ wo
ohne zweiffel allein auff den reſpectum paternitatis geſehen wird/ austruͤck-
lich unter die verbotene geſetzet wird/ in der der landes-ordnung einverleib-
ten deſignation der perſonen ſo nicht ehelich werden ſollen. p. 123. Da
denn gewißlich/ wo Legislator auch in linea transverſali etwas zu verbie-
ten gewillt geweſen/ dieſer caſus mit des weibes brudern wittwe/ auch nicht
haͤtte vergeſſen werden ſollen. Zwahr nachdeme ſehen wir bey Carpz. Ju-
riſpr. Conſiſt. L. 2. T. 6. def. 102. daß ſolcher fall etlicher maſſen verboten zu-
achten/ wo wir aber die reſcripta aus dem Ober-conſiſtorio, die er angefuͤh-
ret/ beſehen/ ſo finden wir nur/ daß erfordert wird/ daß ſolcher fall daſelbs
hinzuberichten geweſen waͤre/ auff daß in dergleichen deſſen erkaͤntnuͤß alle-
zeit dazu kaͤme/ daher auch ſonderlich und meiſtens auff vermeidung der aͤr-
gernuͤſſe in denſelben getrieben/ gar aber weder ein goͤttliches noch obrigkeit-
liches gebot allegiret wird: Um welcher urſach willen auch defin. 120. die
diſpenſation zugelaſſen wird.
5. Bey dieſer iſt nun ferner wohl zu bedencken/ daß auch das Churfuͤrſt-
liche Ober-Conſiſtorium in Dreßden dieſe nicht abgeſchlagen/ ſondern er-
theilt haben: wie bey Carpzov. d. defin. 120. de annis 1614. 1618. 1620. zu ſe-
hen/ dazu auch das exempel de anno 1627. bey defin. 102. zu ziehen/ wo zwahr
daß ohne vorwiſſen des Ober-Conſiſtorii ſolche nachlaſſung geſchehen/ gean-
det/ aber gleichwol das gethane verloͤbnuͤß zu vollziehen verſtattet worden.
Dazu noch kommt/ das ohne jahr aus Dedekenno bey Carpz. defin. 120. an-
gezogene reſcript des Ober-Conſiſtorii: wo zwahr wann noch kein verbuͤnd-
licher verſpruch geſchehen/ die perſonen abzumahnen verordnet/ aber aus-
truͤcklich dazu geſetzet wird: Wofern ſie aber ſich mit einander allbereit
verbunden/ ſo wuͤrde ihnen die vollziehung auff vorhergehendes der
kirchen auffgebot durch chriſtlichen kirchgang und eheliche beywoh-
nung billich erlaubet/ geſtattet und nachgelaſſen. So ſind auch der e-
xem-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |