Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das vierdte Capitel. Das 2. ist/ daß ein solcher eyd/ welcher ohne sünde und offentliche är- so
Das vierdte Capitel. Das 2. iſt/ daß ein ſolcher eyd/ welcher ohne ſuͤnde und offentliche aͤr- ſo
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0584" n="576"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das vierdte Capitel.</hi> </fw><lb/> <p>Das 2. iſt/ daß ein ſolcher eyd/ welcher ohne ſuͤnde und offentliche aͤr-<lb/> gernuͤß nicht kan gehalten werden/ nicht zu halten: maſſen zwahr eine ſuͤn-<lb/> de iſt/ eine ſuͤndliche that eydlich zu verheiſſen/ jedoch eine groͤſſere ſuͤnde iſt/ in<lb/> ſolchem verſprechen zu verharren/ und die angefangene mißhandlung zu<lb/> voilziehen. Dieſe beyde regeln nehme ich gern an/ und bekenne/ wo unſer<lb/> fall unter dieſelbe gezogen werden koͤnte/ daß ich auch die verbindlichkeit<lb/> leugnen wolte/ aber es iſt mit keinem wort gewieſen. Kan auch vermuth-<lb/> lich nicht dargethan werden/ daß dieſe verloͤbnuͤß goͤttlichem wort/ loͤblichen<lb/> geſetzen und guten ſitten entgegen ſeye/ oder ohne ſuͤnde und oͤffentliche aͤr-<lb/> gernuͤß nicht koͤnte gehalten werden. Denn es wird die urſach hergenom-<lb/> men/ entweder von der ungleichheit der perſonen/ oder widerſpruch der vor-<lb/> nehmen anverwandten/ oder ſorge/ daß dieſe ſich an <hi rendition="#aq">Titio</hi> vergreiffen moͤch-<lb/> ten/ oder von der <hi rendition="#aq">clandeſtini</hi>taͤt der verloͤbnuͤß: Wie ich denn meines orts<lb/> keine andere hindernuͤß ausdencken koͤnte. Keine aber der angefuͤhrten iſt<lb/> alhier zulaͤnglich. 1. Die ungleichheit der perſonen/ was dero ſtand betrifft/<lb/> iſt keine hindernuͤß der ehe weder nach goͤttlichem/ noch geiſtlichen/ noch oͤf-<lb/> fentlichen gemeinen weltlichen rechten: ſondern ob man wol/ wo die ſache<lb/> noch zu thun/ billich lieber dazu raͤth/ daß man ſo viel muͤglich auch in dem<lb/> ſtand gleich heyrathen ſolle/ damit nicht die ungleichheit des ſtandes in der<lb/> ehe zuweilen einige beſchwehrde und mißhelligkeiten verurſachen moͤchte: So<lb/> iſt doch ſolche ungleichheit nicht von der wichtigkeit/ daß deßwegen ein ſon-<lb/> ſten zu recht beſtaͤndiges verloͤbnuͤß koͤnte auffgeloͤſet werden. Alſo iſt bey den<lb/><hi rendition="#aq">Conſiſtori</hi>en ſolches ausgemachten rechtens/ daß obwol adeliche billich<lb/> ſich der buͤrgerlichen heyrathen um allerley ungelegenheit willen enthalten<lb/> ſolten/ ihnen gleichwol ſolche macht nicht abgeſprochen/ oder ein verſpruch<lb/> deßwegen unbuͤndig geachtet wird. Wie zu ſehen <hi rendition="#aq">Carpz. Jurispr. Conſiſt.<lb/> II, 1. 9. & 10.</hi> So gar/ daß auch das <hi rendition="#aq">Conſiſtorium</hi> zu Wittenberg bey <hi rendition="#aq">Dedek.<lb/> Conſil. Vol. 3. S. 4. n. 37. p. 167.</hi> einer mutter einer adelichen wittbe/ ſo zu de-<lb/> roſelben verloͤbnuͤß mit einem handwercksmann ihren <hi rendition="#aq">conſens</hi> bloß uͤm ſol-<lb/> cher ungleichheit willen nicht geben wolte/ widerſpruch von keinen kraͤfften<lb/> zu ſeyn erkante. Es moͤgen aber unter den Adelichen auch hoͤhere Standes-<lb/> perſonen billich mit begriffen werden/ und iſt von deroſelben heyrath mit an-<lb/> dern geringeren nicht anders nach den geſetzen zu urtheilen. Findet ſich al-<lb/> ſo hierinne nichts wider GOttes wort/ wider loͤbliche geſetze oder gute ſitten.<lb/> Sondern alles was man ſagen moͤchte/ wuͤrde ſeyn/ daß ſolcherley verloͤbnuͤſ-<lb/> ſen etwas ſeltzamer ſeyn/ und deßwegen allerley auffſehen und reden verur-<lb/> ſachen: Welches aber zu der ſache nicht vieles thut. So mangelts auch zu<lb/> unſeren zeiten an dergleichen exempeln nicht/ nicht nur aus dem Ritterſtand/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſo</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [576/0584]
Das vierdte Capitel.
Das 2. iſt/ daß ein ſolcher eyd/ welcher ohne ſuͤnde und offentliche aͤr-
gernuͤß nicht kan gehalten werden/ nicht zu halten: maſſen zwahr eine ſuͤn-
de iſt/ eine ſuͤndliche that eydlich zu verheiſſen/ jedoch eine groͤſſere ſuͤnde iſt/ in
ſolchem verſprechen zu verharren/ und die angefangene mißhandlung zu
voilziehen. Dieſe beyde regeln nehme ich gern an/ und bekenne/ wo unſer
fall unter dieſelbe gezogen werden koͤnte/ daß ich auch die verbindlichkeit
leugnen wolte/ aber es iſt mit keinem wort gewieſen. Kan auch vermuth-
lich nicht dargethan werden/ daß dieſe verloͤbnuͤß goͤttlichem wort/ loͤblichen
geſetzen und guten ſitten entgegen ſeye/ oder ohne ſuͤnde und oͤffentliche aͤr-
gernuͤß nicht koͤnte gehalten werden. Denn es wird die urſach hergenom-
men/ entweder von der ungleichheit der perſonen/ oder widerſpruch der vor-
nehmen anverwandten/ oder ſorge/ daß dieſe ſich an Titio vergreiffen moͤch-
ten/ oder von der clandeſtinitaͤt der verloͤbnuͤß: Wie ich denn meines orts
keine andere hindernuͤß ausdencken koͤnte. Keine aber der angefuͤhrten iſt
alhier zulaͤnglich. 1. Die ungleichheit der perſonen/ was dero ſtand betrifft/
iſt keine hindernuͤß der ehe weder nach goͤttlichem/ noch geiſtlichen/ noch oͤf-
fentlichen gemeinen weltlichen rechten: ſondern ob man wol/ wo die ſache
noch zu thun/ billich lieber dazu raͤth/ daß man ſo viel muͤglich auch in dem
ſtand gleich heyrathen ſolle/ damit nicht die ungleichheit des ſtandes in der
ehe zuweilen einige beſchwehrde und mißhelligkeiten verurſachen moͤchte: So
iſt doch ſolche ungleichheit nicht von der wichtigkeit/ daß deßwegen ein ſon-
ſten zu recht beſtaͤndiges verloͤbnuͤß koͤnte auffgeloͤſet werden. Alſo iſt bey den
Conſiſtorien ſolches ausgemachten rechtens/ daß obwol adeliche billich
ſich der buͤrgerlichen heyrathen um allerley ungelegenheit willen enthalten
ſolten/ ihnen gleichwol ſolche macht nicht abgeſprochen/ oder ein verſpruch
deßwegen unbuͤndig geachtet wird. Wie zu ſehen Carpz. Jurispr. Conſiſt.
II, 1. 9. & 10. So gar/ daß auch das Conſiſtorium zu Wittenberg bey Dedek.
Conſil. Vol. 3. S. 4. n. 37. p. 167. einer mutter einer adelichen wittbe/ ſo zu de-
roſelben verloͤbnuͤß mit einem handwercksmann ihren conſens bloß uͤm ſol-
cher ungleichheit willen nicht geben wolte/ widerſpruch von keinen kraͤfften
zu ſeyn erkante. Es moͤgen aber unter den Adelichen auch hoͤhere Standes-
perſonen billich mit begriffen werden/ und iſt von deroſelben heyrath mit an-
dern geringeren nicht anders nach den geſetzen zu urtheilen. Findet ſich al-
ſo hierinne nichts wider GOttes wort/ wider loͤbliche geſetze oder gute ſitten.
Sondern alles was man ſagen moͤchte/ wuͤrde ſeyn/ daß ſolcherley verloͤbnuͤſ-
ſen etwas ſeltzamer ſeyn/ und deßwegen allerley auffſehen und reden verur-
ſachen: Welches aber zu der ſache nicht vieles thut. So mangelts auch zu
unſeren zeiten an dergleichen exempeln nicht/ nicht nur aus dem Ritterſtand/
ſo
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |