Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. SECTIO XVI.
von einem sich seiner gewalt mißbrauchendem predigamt/ ausgeschlossen und
nicht zur communion gelassen werden wollen/ alsdann macht haben/ das je-
nige/ was ihnen rechtswegen gebühret/ und Christus nicht versagen will/ ih-
nen selbs zu nehmen? auff welche wir bereits gesehen/ daß D. Tilem. Heshu-
sius
nicht weniger mit ja antworte. Da aber wiederum wohl zubeobachten/
daß solche unbillich ausgeschlossene lang zu warten/ und alle christliche mittel
wiederum auffgenommen zu werden vorher zu versuchen/ oder auch/ wo kei-
ne andre hindernüß/ was ihnen eines orts versagt wird/ anderwertlich zu su-
chen/ hingegen sich so lange mit den ordinari mitteln zu vergnügen haben/ ehe
sie auff dieses extremum sich begeben.

Also bleibet allein die frage von solchen orten/ wo ein predigamt sich
findet/ welches die Sacramenta administriret/ und sich nicht weigert/ dieje-
nige fromme Christen/ so daselbs wohnen/ zu der communion zuzulassen:
ob nemlich dannoch ohne solches predigamt und hinterrücks desselben/ also
auch ohne billigung der gesamten gemeinde/ vielmehr mit besorgtem derosel-
ben/ wo sie es wissen solte/ mißfallen/ einige unter sich die communion halten
mögen? Hierauff finde ich nicht anders als mit nein zu antworten: die ursa-
chen solcher antwort sind: 1. weil eine solche heimliche und ohne das predigamt
haltende communion ermanglet göttlicher einsetzung und befehls. Als der
HErr JEsus das H. Sacrament erstmals einsetzte/ so sehen wir den billich
an/ als den obersten Propheten/ Lehrmeister und HErren seiner gemeinde/
der was er einsetzen wolte/ selbs administrirte/ und solches in gegenwart al-
ler seiner jünger.

2. Es hat auch solche heimliche communion kein exempel in der Heil.
Schrifft. Es will zwahr dagegen angeführet werden/ was stehet
Apost. Gesch. 2/ 42. Sie blieben aber beständig in der Apostel lehre/
und in der gemeinschafft/ und im brodtbrechen/ und im gebet:

wiederum v. 46. Und sie waren täglich und stäts bey einander einmü-
thig im tempel/ und brachen das brodt hin und her in häusern.
Es
ist aber hiedurch noch nicht erwiesen/ was in einer so wichtigen sache erwiesen
werden solte. 1. Möchte noch gar in zweiffel gezogen werden/ ob hie durch
die redens-art des brodtbrechens von dem H. abend mahl gehandelt würde/ o-
der nicht vielmehr von gemeinen mahlzeiten: daß nemlich die erste Christen/
um stäts beysammen zu seyn/ und sich untereinander immer zu ermuntern/
täglich in starcken versammlungen mit einander gespeiset haben/ welcherley lie-
bes-mahl auch darnach in andern gemeinden lange zeit sind beybehalten wor-
den: in der gemeinde zu Jerusalem aber war noch so viel nothwendiger/ daß
sie insgemein mit einander speiseten/ nachdem die glaubige auch in dem leib-

lichen

ARTIC. I. SECTIO XVI.
von einem ſich ſeiner gewalt mißbrauchendem predigamt/ ausgeſchloſſen und
nicht zur communion gelaſſen werden wollen/ alsdann macht haben/ das je-
nige/ was ihnen rechtswegen gebuͤhret/ und Chriſtus nicht verſagen will/ ih-
nen ſelbs zu nehmen? auff welche wir bereits geſehen/ daß D. Tilem. Heshu-
ſius
nicht weniger mit ja antworte. Da aber wiederum wohl zubeobachten/
daß ſolche unbillich ausgeſchloſſene lang zu warten/ und alle chriſtliche mittel
wiederum auffgenommen zu werden vorher zu verſuchen/ oder auch/ wo kei-
ne andre hindernuͤß/ was ihnen eines orts verſagt wird/ anderwertlich zu ſu-
chen/ hingegen ſich ſo lange mit den ordinari mitteln zu vergnuͤgen haben/ ehe
ſie auff dieſes extremum ſich begeben.

Alſo bleibet allein die frage von ſolchen orten/ wo ein predigamt ſich
findet/ welches die Sacramenta adminiſtriret/ und ſich nicht weigert/ dieje-
nige fromme Chriſten/ ſo daſelbs wohnen/ zu der communion zuzulaſſen:
ob nemlich dannoch ohne ſolches predigamt und hinterruͤcks deſſelben/ alſo
auch ohne billigung der geſamten gemeinde/ vielmehr mit beſorgtem deroſel-
ben/ wo ſie es wiſſen ſolte/ mißfallen/ einige unter ſich die communion halten
moͤgen? Hierauff finde ich nicht anders als mit nein zu antworten: die urſa-
chen ſolcher antwort ſind: 1. weil eine ſolche heimliche und ohne das predigamt
haltende communion ermanglet goͤttlicher einſetzung und befehls. Als der
HErr JEſus das H. Sacrament erſtmals einſetzte/ ſo ſehen wir den billich
an/ als den oberſten Propheten/ Lehrmeiſter und HErren ſeiner gemeinde/
der was er einſetzen wolte/ ſelbs adminiſtrirte/ und ſolches in gegenwart al-
ler ſeiner juͤnger.

2. Es hat auch ſolche heimliche communion kein exempel in der Heil.
Schrifft. Es will zwahr dagegen angefuͤhret werden/ was ſtehet
Apoſt. Geſch. 2/ 42. Sie blieben aber beſtaͤndig in der Apoſtel lehre/
und in der gemeinſchafft/ und im brodtbrechen/ und im gebet:

wiederum v. 46. Und ſie waren taͤglich und ſtaͤts bey einander einmuͤ-
thig im tempel/ und brachen das brodt hin und her in haͤuſern.
Es
iſt aber hiedurch noch nicht erwieſen/ was in einer ſo wichtigen ſache erwieſen
werden ſolte. 1. Moͤchte noch gar in zweiffel gezogen werden/ ob hie durch
die redens-art des brodtbrechens von dem H. abend mahl gehandelt wuͤrde/ o-
der nicht vielmehr von gemeinen mahlzeiten: daß nemlich die erſte Chriſten/
um ſtaͤts beyſammen zu ſeyn/ und ſich untereinander immer zu ermuntern/
taͤglich in ſtarcken verſam̃lungen mit einander geſpeiſet haben/ welcherley lie-
bes-mahl auch darnach in andern gemeinden lange zeit ſind beybehalten wor-
den: in der gemeinde zu Jeruſalem aber war noch ſo viel nothwendiger/ daß
ſie insgemein mit einander ſpeiſeten/ nachdem die glaubige auch in dem leib-

lichen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0063" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XVI.</hi></hi></fw><lb/>
von einem &#x017F;ich &#x017F;einer gewalt mißbrauchendem predigamt/ ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
nicht zur communion gela&#x017F;&#x017F;en werden wollen/ alsdann macht haben/ das je-<lb/>
nige/ was ihnen rechtswegen gebu&#x0364;hret/ und Chri&#x017F;tus nicht ver&#x017F;agen will/ ih-<lb/>
nen &#x017F;elbs zu nehmen? auff welche wir bereits ge&#x017F;ehen/ daß <hi rendition="#aq">D. Tilem. Heshu-<lb/>
&#x017F;ius</hi> nicht weniger mit ja antworte. Da aber wiederum wohl zubeobachten/<lb/>
daß &#x017F;olche unbillich ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene lang zu warten/ und alle chri&#x017F;tliche mittel<lb/>
wiederum auffgenommen zu werden vorher zu ver&#x017F;uchen/ oder auch/ wo kei-<lb/>
ne andre hindernu&#x0364;ß/ was ihnen eines orts ver&#x017F;agt wird/ anderwertlich zu &#x017F;u-<lb/>
chen/ hingegen &#x017F;ich &#x017F;o lange mit den <hi rendition="#aq">ordinari</hi> mitteln zu vergnu&#x0364;gen haben/ ehe<lb/>
&#x017F;ie auff die&#x017F;es <hi rendition="#aq">extremum</hi> &#x017F;ich begeben.</p><lb/>
              <p>Al&#x017F;o bleibet allein die frage von &#x017F;olchen orten/ wo ein predigamt &#x017F;ich<lb/>
findet/ welches die Sacramenta <hi rendition="#aq">admini&#x017F;tri</hi>ret/ und &#x017F;ich nicht weigert/ dieje-<lb/>
nige fromme Chri&#x017F;ten/ &#x017F;o da&#x017F;elbs wohnen/ zu der communion zuzula&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
ob nemlich dannoch ohne &#x017F;olches predigamt und hinterru&#x0364;cks de&#x017F;&#x017F;elben/ al&#x017F;o<lb/>
auch ohne billigung der ge&#x017F;amten gemeinde/ vielmehr mit be&#x017F;orgtem dero&#x017F;el-<lb/>
ben/ wo &#x017F;ie es wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olte/ mißfallen/ einige unter &#x017F;ich die communion halten<lb/>
mo&#x0364;gen? Hierauff finde ich nicht anders als mit nein zu antworten: die ur&#x017F;a-<lb/>
chen &#x017F;olcher antwort &#x017F;ind: 1. weil eine &#x017F;olche heimliche und ohne das predigamt<lb/>
haltende communion ermanglet go&#x0364;ttlicher ein&#x017F;etzung und befehls. Als der<lb/>
HErr JE&#x017F;us das H. Sacrament er&#x017F;tmals ein&#x017F;etzte/ &#x017F;o &#x017F;ehen wir den billich<lb/>
an/ als den ober&#x017F;ten Propheten/ Lehrmei&#x017F;ter und HErren &#x017F;einer gemeinde/<lb/>
der was er ein&#x017F;etzen wolte/ &#x017F;elbs <hi rendition="#aq">admini&#x017F;tri</hi>rte/ und &#x017F;olches in gegenwart al-<lb/>
ler &#x017F;einer ju&#x0364;nger.</p><lb/>
              <p>2. Es hat auch &#x017F;olche heimliche communion kein exempel in der Heil.<lb/>
Schrifft. Es will zwahr dagegen angefu&#x0364;hret werden/ was &#x017F;tehet<lb/><hi rendition="#fr">Apo&#x017F;t. Ge&#x017F;ch. 2/ 42. Sie blieben aber be&#x017F;ta&#x0364;ndig in der Apo&#x017F;tel lehre/<lb/>
und in der gemein&#x017F;chafft/ und im brodtbrechen/ und im gebet:</hi><lb/>
wiederum v. 46. <hi rendition="#fr">Und &#x017F;ie waren ta&#x0364;glich und &#x017F;ta&#x0364;ts bey einander einmu&#x0364;-<lb/>
thig im tempel/ und brachen das brodt hin und her in ha&#x0364;u&#x017F;ern.</hi> Es<lb/>
i&#x017F;t aber hiedurch noch nicht erwie&#x017F;en/ was in einer &#x017F;o wichtigen &#x017F;ache erwie&#x017F;en<lb/>
werden &#x017F;olte. 1. Mo&#x0364;chte noch gar in zweiffel gezogen werden/ ob hie durch<lb/>
die redens-art des brodtbrechens von dem H. abend mahl gehandelt wu&#x0364;rde/ o-<lb/>
der nicht vielmehr von gemeinen mahlzeiten: daß nemlich die er&#x017F;te Chri&#x017F;ten/<lb/>
um &#x017F;ta&#x0364;ts bey&#x017F;ammen zu &#x017F;eyn/ und &#x017F;ich untereinander immer zu ermuntern/<lb/>
ta&#x0364;glich in &#x017F;tarcken ver&#x017F;am&#x0303;lungen mit einander ge&#x017F;pei&#x017F;et haben/ welcherley lie-<lb/>
bes-mahl auch darnach in andern gemeinden lange zeit &#x017F;ind beybehalten wor-<lb/>
den: in der gemeinde zu Jeru&#x017F;alem aber war noch &#x017F;o viel nothwendiger/ daß<lb/>
&#x017F;ie insgemein mit einander &#x017F;pei&#x017F;eten/ nachdem die glaubige auch in dem leib-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lichen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0063] ARTIC. I. SECTIO XVI. von einem ſich ſeiner gewalt mißbrauchendem predigamt/ ausgeſchloſſen und nicht zur communion gelaſſen werden wollen/ alsdann macht haben/ das je- nige/ was ihnen rechtswegen gebuͤhret/ und Chriſtus nicht verſagen will/ ih- nen ſelbs zu nehmen? auff welche wir bereits geſehen/ daß D. Tilem. Heshu- ſius nicht weniger mit ja antworte. Da aber wiederum wohl zubeobachten/ daß ſolche unbillich ausgeſchloſſene lang zu warten/ und alle chriſtliche mittel wiederum auffgenommen zu werden vorher zu verſuchen/ oder auch/ wo kei- ne andre hindernuͤß/ was ihnen eines orts verſagt wird/ anderwertlich zu ſu- chen/ hingegen ſich ſo lange mit den ordinari mitteln zu vergnuͤgen haben/ ehe ſie auff dieſes extremum ſich begeben. Alſo bleibet allein die frage von ſolchen orten/ wo ein predigamt ſich findet/ welches die Sacramenta adminiſtriret/ und ſich nicht weigert/ dieje- nige fromme Chriſten/ ſo daſelbs wohnen/ zu der communion zuzulaſſen: ob nemlich dannoch ohne ſolches predigamt und hinterruͤcks deſſelben/ alſo auch ohne billigung der geſamten gemeinde/ vielmehr mit beſorgtem deroſel- ben/ wo ſie es wiſſen ſolte/ mißfallen/ einige unter ſich die communion halten moͤgen? Hierauff finde ich nicht anders als mit nein zu antworten: die urſa- chen ſolcher antwort ſind: 1. weil eine ſolche heimliche und ohne das predigamt haltende communion ermanglet goͤttlicher einſetzung und befehls. Als der HErr JEſus das H. Sacrament erſtmals einſetzte/ ſo ſehen wir den billich an/ als den oberſten Propheten/ Lehrmeiſter und HErren ſeiner gemeinde/ der was er einſetzen wolte/ ſelbs adminiſtrirte/ und ſolches in gegenwart al- ler ſeiner juͤnger. 2. Es hat auch ſolche heimliche communion kein exempel in der Heil. Schrifft. Es will zwahr dagegen angefuͤhret werden/ was ſtehet Apoſt. Geſch. 2/ 42. Sie blieben aber beſtaͤndig in der Apoſtel lehre/ und in der gemeinſchafft/ und im brodtbrechen/ und im gebet: wiederum v. 46. Und ſie waren taͤglich und ſtaͤts bey einander einmuͤ- thig im tempel/ und brachen das brodt hin und her in haͤuſern. Es iſt aber hiedurch noch nicht erwieſen/ was in einer ſo wichtigen ſache erwieſen werden ſolte. 1. Moͤchte noch gar in zweiffel gezogen werden/ ob hie durch die redens-art des brodtbrechens von dem H. abend mahl gehandelt wuͤrde/ o- der nicht vielmehr von gemeinen mahlzeiten: daß nemlich die erſte Chriſten/ um ſtaͤts beyſammen zu ſeyn/ und ſich untereinander immer zu ermuntern/ taͤglich in ſtarcken verſam̃lungen mit einander geſpeiſet haben/ welcherley lie- bes-mahl auch darnach in andern gemeinden lange zeit ſind beybehalten wor- den: in der gemeinde zu Jeruſalem aber war noch ſo viel nothwendiger/ daß ſie insgemein mit einander ſpeiſeten/ nachdem die glaubige auch in dem leib- lichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/63
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/63>, abgerufen am 09.05.2024.