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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
welt/ noch auch ihre gunst angelegenlich verlangen/ sondern allein begehren/
vor dem HErrn in seinem dienst treu erfunden zu werden; welches geschihet/
da sie das wort der wahrheit/ offentlich und absonderlich/ wie es seyn mag/
lauter/ eiffrig und in göttlicher weißheit vortragen/ und dadurch/ wie nicht
weniger mit heiligem wandel/ an ihren gemeinden arbeiten. Dergleichen
nun zu seyn rühmet mein werthester freund seinen treuen Beicht-vater: Da
ich auch deswegen den grossen GOTT danckbarlich preise/ welcher auch an
demselben einen treuen arbeiter in seine erndte gesendet/ er wolle auch solchen/
samt allen andern ihres und anderes orts gleich-gesinneten/ gnädiglich stär-
cken und erhalten/ ja dero zahl immer grösser/ die menge aber der sich selbs
suchenden und weidenden hirten/ auf ihm bekante und seiner so weißheit als
güte/ und gerechtigkeit gemässe art/ geringer werden lassen/ auch deroselben
hindernüssen/ die sie dem guten in den weg werffen/ kräfftiglich widerstehen.
Neben dem bitte freundlich/ bey gelegenheit ihm meinen brüderlichen gruß
samt hertzlichem vergnügen so ich von seiner angerühmten amts-treue ge-
schöpffet zu hinterbringen. Wie ich auch nicht unterlassen will den HErrn
für ihn anzuflehen. Hinwieder mich auch in desselben fürbitte hertzlichem-
pfehle. Wie nun alles dieses in seinem werthen schreiben mich sehr erfreuet/
so ist noch eines darinnen gewesen/ so zwahr eine ursach einer betrübnüß/ so-
bald aber auch dabey neuer freude gegeben/ da mein geliebter Herr und
freund seines von 9. jahren her ausgestandenen creutzes meldung thut. Na-
türlich ists seine schmertzen und leyden fühlen/ und gestehet auch der liebe A-
postel Hebr. 12. daß die trübsaal/ wo sie da ist/ uns nicht düncke freude
zu seyn sondern traurigkeit.
So bringt die freundschafft-liebe auch die-
ses mit sich/ daß man derjenigen/ welche man werth hält/ schmertzen/ in einer
gemeinschafft des gemüths auch damit empfindet/ und also nicht ohne wah-
res mitleiden davon angehöret werden kan. Wie mich dieses dann auch so
vielmehr verbinden wird/ den HERRN HErrn hertzlich anzuruffen/ daß er
auch diese last so tragen helffen/ auch mindern undzu rechter zeit wiederhin
wegnehmen wolle. Jndessen leugne nicht/ daß mich zugleich inniglich ver-
gnüget und erfreuet hat/ aus eben solchem geliebten brieffe zu vernehmen/
wie christlich und gelassen derselbe solches sein creutz annimmet/ und also wie
viel nutzen es bereits in GOttes seegen an seiner seelen gebracht haben muß/
daß also nach Pauli worten durch die verwesung des eussern der innere mensch
zimlich muß erneuert worden seyn. Er nennet es ein leidliches/ heilwer-
thes creutzlein.
So würde etwa die vernunfft/ fleisch und blut darvon
nicht reden/ in dem wir die gesundheit vor das theuerste gut unter allem zeit-
lichen achten; wie es auch in der that gegen andere zeitliche gerechnet diesel-

be

Das fuͤnffte Capitel.
welt/ noch auch ihre gunſt angelegenlich verlangen/ ſondern allein begehren/
vor dem HErrn in ſeinem dienſt treu erfunden zu werden; welches geſchihet/
da ſie das wort der wahrheit/ offentlich und abſonderlich/ wie es ſeyn mag/
lauter/ eiffrig und in goͤttlicher weißheit vortragen/ und dadurch/ wie nicht
weniger mit heiligem wandel/ an ihren gemeinden arbeiten. Dergleichen
nun zu ſeyn ruͤhmet mein wertheſter freund ſeinen treuen Beicht-vater: Da
ich auch deswegen den groſſen GOTT danckbarlich preiſe/ welcher auch an
demſelben einen treuen arbeiter in ſeine erndte geſendet/ er wolle auch ſolchen/
ſamt allen andern ihres und anderes orts gleich-geſinneten/ gnaͤdiglich ſtaͤr-
cken und erhalten/ ja dero zahl immer groͤſſer/ die menge aber der ſich ſelbs
ſuchenden und weidenden hirten/ auf ihm bekante und ſeiner ſo weißheit als
guͤte/ und gerechtigkeit gemaͤſſe art/ geringer werden laſſen/ auch deroſelben
hindernuͤſſen/ die ſie dem guten in den weg werffen/ kraͤfftiglich widerſtehen.
Neben dem bitte freundlich/ bey gelegenheit ihm meinen bruͤderlichen gruß
ſamt hertzlichem vergnuͤgen ſo ich von ſeiner angeruͤhmten amts-treue ge-
ſchoͤpffet zu hinterbringen. Wie ich auch nicht unterlaſſen will den HErrn
fuͤr ihn anzuflehen. Hinwieder mich auch in deſſelben fuͤrbitte hertzlichem-
pfehle. Wie nun alles dieſes in ſeinem werthen ſchreiben mich ſehr erfreuet/
ſo iſt noch eines darinnen geweſen/ ſo zwahr eine urſach einer betruͤbnuͤß/ ſo-
bald aber auch dabey neuer freude gegeben/ da mein geliebter Herr und
freund ſeines von 9. jahren her ausgeſtandenen creutzes meldung thut. Na-
tuͤrlich iſts ſeine ſchmertzen und leyden fuͤhlen/ und geſtehet auch der liebe A-
poſtel Hebr. 12. daß die truͤbſaal/ wo ſie da iſt/ uns nicht duͤncke freude
zu ſeyn ſondern traurigkeit.
So bringt die freundſchafft-liebe auch die-
ſes mit ſich/ daß man derjenigen/ welche man werth haͤlt/ ſchmertzen/ in einer
gemeinſchafft des gemuͤths auch damit empfindet/ und alſo nicht ohne wah-
res mitleiden davon angehoͤret werden kan. Wie mich dieſes dann auch ſo
vielmehr verbinden wird/ den HERRN HErrn hertzlich anzuruffen/ daß er
auch dieſe laſt ſo tragen helffen/ auch mindern undzu rechter zeit wiederhin
wegnehmen wolle. Jndeſſen leugne nicht/ daß mich zugleich inniglich ver-
gnuͤget und erfreuet hat/ aus eben ſolchem geliebten brieffe zu vernehmen/
wie chriſtlich und gelaſſen derſelbe ſolches ſein creutz annimmet/ und alſo wie
viel nutzen es bereits in GOttes ſeegen an ſeiner ſeelen gebracht haben muß/
daß alſo nach Pauli worten duꝛch die verweſung des euſſern der innere menſch
zimlich muß erneuert worden ſeyn. Er nennet es ein leidliches/ heilwer-
thes creutzlein.
So wuͤrde etwa die vernunfft/ fleiſch und blut darvon
nicht reden/ in dem wir die geſundheit vor das theuerſte gut unter allem zeit-
lichen achten; wie es auch in der that gegen andere zeitliche gerechnet dieſel-

be
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[864/0872] Das fuͤnffte Capitel. welt/ noch auch ihre gunſt angelegenlich verlangen/ ſondern allein begehren/ vor dem HErrn in ſeinem dienſt treu erfunden zu werden; welches geſchihet/ da ſie das wort der wahrheit/ offentlich und abſonderlich/ wie es ſeyn mag/ lauter/ eiffrig und in goͤttlicher weißheit vortragen/ und dadurch/ wie nicht weniger mit heiligem wandel/ an ihren gemeinden arbeiten. Dergleichen nun zu ſeyn ruͤhmet mein wertheſter freund ſeinen treuen Beicht-vater: Da ich auch deswegen den groſſen GOTT danckbarlich preiſe/ welcher auch an demſelben einen treuen arbeiter in ſeine erndte geſendet/ er wolle auch ſolchen/ ſamt allen andern ihres und anderes orts gleich-geſinneten/ gnaͤdiglich ſtaͤr- cken und erhalten/ ja dero zahl immer groͤſſer/ die menge aber der ſich ſelbs ſuchenden und weidenden hirten/ auf ihm bekante und ſeiner ſo weißheit als guͤte/ und gerechtigkeit gemaͤſſe art/ geringer werden laſſen/ auch deroſelben hindernuͤſſen/ die ſie dem guten in den weg werffen/ kraͤfftiglich widerſtehen. Neben dem bitte freundlich/ bey gelegenheit ihm meinen bruͤderlichen gruß ſamt hertzlichem vergnuͤgen ſo ich von ſeiner angeruͤhmten amts-treue ge- ſchoͤpffet zu hinterbringen. Wie ich auch nicht unterlaſſen will den HErrn fuͤr ihn anzuflehen. Hinwieder mich auch in deſſelben fuͤrbitte hertzlichem- pfehle. Wie nun alles dieſes in ſeinem werthen ſchreiben mich ſehr erfreuet/ ſo iſt noch eines darinnen geweſen/ ſo zwahr eine urſach einer betruͤbnuͤß/ ſo- bald aber auch dabey neuer freude gegeben/ da mein geliebter Herr und freund ſeines von 9. jahren her ausgeſtandenen creutzes meldung thut. Na- tuͤrlich iſts ſeine ſchmertzen und leyden fuͤhlen/ und geſtehet auch der liebe A- poſtel Hebr. 12. daß die truͤbſaal/ wo ſie da iſt/ uns nicht duͤncke freude zu ſeyn ſondern traurigkeit. So bringt die freundſchafft-liebe auch die- ſes mit ſich/ daß man derjenigen/ welche man werth haͤlt/ ſchmertzen/ in einer gemeinſchafft des gemuͤths auch damit empfindet/ und alſo nicht ohne wah- res mitleiden davon angehoͤret werden kan. Wie mich dieſes dann auch ſo vielmehr verbinden wird/ den HERRN HErrn hertzlich anzuruffen/ daß er auch dieſe laſt ſo tragen helffen/ auch mindern undzu rechter zeit wiederhin wegnehmen wolle. Jndeſſen leugne nicht/ daß mich zugleich inniglich ver- gnuͤget und erfreuet hat/ aus eben ſolchem geliebten brieffe zu vernehmen/ wie chriſtlich und gelaſſen derſelbe ſolches ſein creutz annimmet/ und alſo wie viel nutzen es bereits in GOttes ſeegen an ſeiner ſeelen gebracht haben muß/ daß alſo nach Pauli worten duꝛch die verweſung des euſſern der innere menſch zimlich muß erneuert worden ſeyn. Er nennet es ein leidliches/ heilwer- thes creutzlein. So wuͤrde etwa die vernunfft/ fleiſch und blut darvon nicht reden/ in dem wir die geſundheit vor das theuerſte gut unter allem zeit- lichen achten; wie es auch in der that gegen andere zeitliche gerechnet dieſel- be

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 864. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/872>, abgerufen am 23.11.2024.