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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
so sie für sich und andere zu GOTT auffschicken/ etwa mehr nutzen/ als viele
andere/ an denen offt alles geschäfftig zu seyn scheinet: Wie ich nicht zweiffele/
daß nicht nur einmal nicht so wol die sorge und klugheit so dann arbeitsamkeit
und fleiß derjenigen/ welche in geistlich-weltlichem und gemeinem stand alles
allein zu thun das ansehen haben/ eine stadt erhalten/ viel segen erlan-
get/ und unglück abgewendet habe/ als das inbrünstige und unauffhörliche
seuffzen und flehen etzlicher armer verachteter aber gottseliger leutlein/ die in
einem winckel gelegen/ und doch ihnen selbs unvermerckt in der gemeinen wol-
fahrt herrlich und kräfftig gearbeitet haben: Welches sich dermaleins/ wo
wir dorten die uns verborgene regierung GOttes besser einsehen werden/
deutlicher und klährlicher offenbahren wird. Wo komme ich aber hin?
Mein geliebter freund sihet auffs wenigste hieraus/ wie mir sein ob-
wol sonsten dem eusserlichen nach betrübt scheinender zustand vorkom-
me/ daß ich neben dem christlichen mitleiden nicht unbillich mit dem-
selben eben so wol anbey mich erfreuen und ihm gratuliren könne/
daß der HERR von einer thränen-saat eine so fruchtbare erndte vie-
les guten bereits habe bey ihm erwachsen lassen/ zu so viel gewisser
versicherung der dermaleins überaus grossen herrlichkeit. Jch ruffe zuletzt/
nach dem fast allzulange denselben mit meinem schreiben auffgehalten/ den
Vater der barmhertzigkeit und GOTT alles trostes flehentlich an/ welcher
noch ferner über ihn seine gnade kräfftig walten lassen/ wo die zeit verhanden
seyn wird/ bißheriges leyden wenden oder mildern/ und solche leibes-kräffte/
die auff andere art auch seine ehre und des nechsten bestes befördern möchten/
verleyhen/ so lang aber solche last noch ligen bleiben solle/ oder wo er ja die-
selbe die zeit dieses lebens zu währen bestimmet hätte/ noch ferner mit derje-
nigen krafft und gnade des Heil. Geistes dermassen beystehen wolle/ daß er
immerdar fortfahre/ alles leyden nicht mit fleisches-sondern mit glaubens-
augen anzusehen/ GOtt in solchem zu preisen/ und mit dancksagung zu erken-
nen/ wie gütig der rath seye/ welcher durch verlust an dem eusserlichen men-
schen und dessen kräfften den innerlichen so kräfftig stärcket/ die seele durch die-
ses feuer so viel mehr von aller anhängigkeit dieser welt und eigenen willen
befreyet und zu der seligen ewigkeit herrlichen bereitet. 1682.

SECTIO XXXVII.
Auffmunterung und trost gegen den todt an eine in
langwieriger kranckheit gelegene christliche frau.

DA ich das gute vertrauen gehabt/ die von uns in einer gesellschafft zu
NN. gebrauchten wasser-cur werde auch durch göttlichen segen und
nachwirckung ihrer werthen person zur erleichterung ihrer leibes-be-

schwehr-

Das fuͤnffte Capitel.
ſo ſie fuͤr ſich und andere zu GOTT auffſchicken/ etwa mehr nutzen/ als viele
andere/ an denen offt alles geſchaͤfftig zu ſeyn ſcheinet: Wie ich nicht zweiffele/
daß nicht nur einmal nicht ſo wol die ſorge und klugheit ſo dann arbeitſamkeit
und fleiß derjenigen/ welche in geiſtlich-weltlichem und gemeinem ſtand alles
allein zu thun das anſehen haben/ eine ſtadt erhalten/ viel ſegen erlan-
get/ und ungluͤck abgewendet habe/ als das inbruͤnſtige und unauffhoͤrliche
ſeuffzen und flehen etzlicher armer verachteter aber gottſeliger leutlein/ die in
einem winckel gelegen/ und doch ihnen ſelbs unvermerckt in der gemeinen wol-
fahrt herrlich und kraͤfftig gearbeitet haben: Welches ſich dermaleins/ wo
wir dorten die uns verborgene regierung GOttes beſſer einſehen werden/
deutlicher und klaͤhrlicher offenbahren wird. Wo komme ich aber hin?
Mein geliebter freund ſihet auffs wenigſte hieraus/ wie mir ſein ob-
wol ſonſten dem euſſerlichen nach betruͤbt ſcheinender zuſtand vorkom-
me/ daß ich neben dem chriſtlichen mitleiden nicht unbillich mit dem-
ſelben eben ſo wol anbey mich erfreuen und ihm gratuliren koͤnne/
daß der HERR von einer thraͤnen-ſaat eine ſo fruchtbare erndte vie-
les guten bereits habe bey ihm erwachſen laſſen/ zu ſo viel gewiſſer
verſicherung der dermaleins uͤberaus groſſen herrlichkeit. Jch ruffe zuletzt/
nach dem faſt allzulange denſelben mit meinem ſchreiben auffgehalten/ den
Vater der barmhertzigkeit und GOTT alles troſtes flehentlich an/ welcher
noch ferner uͤber ihn ſeine gnade kraͤfftig walten laſſen/ wo die zeit verhanden
ſeyn wird/ bißheriges leyden wenden oder mildern/ und ſolche leibes-kraͤffte/
die auff andere art auch ſeine ehre und des nechſten beſtes befoͤrdern moͤchten/
verleyhen/ ſo lang aber ſolche laſt noch ligen bleiben ſolle/ oder wo er ja die-
ſelbe die zeit dieſes lebens zu waͤhren beſtimmet haͤtte/ noch ferner mit derje-
nigen krafft und gnade des Heil. Geiſtes dermaſſen beyſtehen wolle/ daß er
immerdar fortfahre/ alles leyden nicht mit fleiſches-ſondern mit glaubens-
augen anzuſehen/ GOtt in ſolchem zu preiſen/ und mit danckſagung zu erken-
nen/ wie guͤtig der rath ſeye/ welcher durch verluſt an dem euſſerlichen men-
ſchen und deſſen kraͤfften den innerlichen ſo kraͤfftig ſtaͤrcket/ die ſeele durch die-
ſes feuer ſo viel mehr von aller anhaͤngigkeit dieſer welt und eigenen willen
befreyet und zu der ſeligen ewigkeit herrlichen bereitet. 1682.

SECTIO XXXVII.
Auffmunterung und troſt gegen den todt an eine in
langwieriger kranckheit gelegene chriſtliche frau.

DA ich das gute vertrauen gehabt/ die von uns in einer geſellſchafft zu
NN. gebrauchten waſſer-cur werde auch durch goͤttlichen ſegen und
nachwirckung ihrer werthen perſon zur erleichterung ihrer leibes-be-

ſchwehr-
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[868/0876] Das fuͤnffte Capitel. ſo ſie fuͤr ſich und andere zu GOTT auffſchicken/ etwa mehr nutzen/ als viele andere/ an denen offt alles geſchaͤfftig zu ſeyn ſcheinet: Wie ich nicht zweiffele/ daß nicht nur einmal nicht ſo wol die ſorge und klugheit ſo dann arbeitſamkeit und fleiß derjenigen/ welche in geiſtlich-weltlichem und gemeinem ſtand alles allein zu thun das anſehen haben/ eine ſtadt erhalten/ viel ſegen erlan- get/ und ungluͤck abgewendet habe/ als das inbruͤnſtige und unauffhoͤrliche ſeuffzen und flehen etzlicher armer verachteter aber gottſeliger leutlein/ die in einem winckel gelegen/ und doch ihnen ſelbs unvermerckt in der gemeinen wol- fahrt herrlich und kraͤfftig gearbeitet haben: Welches ſich dermaleins/ wo wir dorten die uns verborgene regierung GOttes beſſer einſehen werden/ deutlicher und klaͤhrlicher offenbahren wird. Wo komme ich aber hin? Mein geliebter freund ſihet auffs wenigſte hieraus/ wie mir ſein ob- wol ſonſten dem euſſerlichen nach betruͤbt ſcheinender zuſtand vorkom- me/ daß ich neben dem chriſtlichen mitleiden nicht unbillich mit dem- ſelben eben ſo wol anbey mich erfreuen und ihm gratuliren koͤnne/ daß der HERR von einer thraͤnen-ſaat eine ſo fruchtbare erndte vie- les guten bereits habe bey ihm erwachſen laſſen/ zu ſo viel gewiſſer verſicherung der dermaleins uͤberaus groſſen herrlichkeit. Jch ruffe zuletzt/ nach dem faſt allzulange denſelben mit meinem ſchreiben auffgehalten/ den Vater der barmhertzigkeit und GOTT alles troſtes flehentlich an/ welcher noch ferner uͤber ihn ſeine gnade kraͤfftig walten laſſen/ wo die zeit verhanden ſeyn wird/ bißheriges leyden wenden oder mildern/ und ſolche leibes-kraͤffte/ die auff andere art auch ſeine ehre und des nechſten beſtes befoͤrdern moͤchten/ verleyhen/ ſo lang aber ſolche laſt noch ligen bleiben ſolle/ oder wo er ja die- ſelbe die zeit dieſes lebens zu waͤhren beſtimmet haͤtte/ noch ferner mit derje- nigen krafft und gnade des Heil. Geiſtes dermaſſen beyſtehen wolle/ daß er immerdar fortfahre/ alles leyden nicht mit fleiſches-ſondern mit glaubens- augen anzuſehen/ GOtt in ſolchem zu preiſen/ und mit danckſagung zu erken- nen/ wie guͤtig der rath ſeye/ welcher durch verluſt an dem euſſerlichen men- ſchen und deſſen kraͤfften den innerlichen ſo kraͤfftig ſtaͤrcket/ die ſeele durch die- ſes feuer ſo viel mehr von aller anhaͤngigkeit dieſer welt und eigenen willen befreyet und zu der ſeligen ewigkeit herrlichen bereitet. 1682. SECTIO XXXVII. Auffmunterung und troſt gegen den todt an eine in langwieriger kranckheit gelegene chriſtliche frau. DA ich das gute vertrauen gehabt/ die von uns in einer geſellſchafft zu NN. gebrauchten waſſer-cur werde auch durch goͤttlichen ſegen und nachwirckung ihrer werthen perſon zur erleichterung ihrer leibes-be- ſchwehr-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 868. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/876>, abgerufen am 23.11.2024.