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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. II. SECTIO XLIV.
cken/ den anfang zu machen. 5. Bücher wider die kleingläubigkeit als Mülleri über Psal. 143. Sche-
rerzeri Fuga Melanch. Lanckischii
seelen-artzney/ Scriverii seelen-schatz u. s. f. zu lesen. Diese vor-
schläge lasse ich mir nun auch wolgefallen/ setze aber noch ferner bey/ nachdem das anligen auch son-
derlich angeführet wird/ ob die zweiffel so fort als versuchuugen des teuffels aus dem sinn zu schla-
gen/ und sich bloß an das/ was vorhin geglaubet worden/ zu halten wäre/ oder/ ob es besser/ die din-
ge/ darüber die zweiffel entstanden/ desto gründlicher zu untersuchen/ und nechst demüthiger einfäl-
tiger nachforschung es GOtt in demüthigem gebet vorzustellen und zu übergeben/ daß er durch die
versigelung des heiligen Geistes den ausschlag geben wolle: Daß nemlich unter diesen beyden das
erste weder practicabel noch nützlich achte/ massen nie keine beständige ruhe daraus folgen würde/
hingegen das andre zu ergreiffen rathe: Nicht zwahr also/ daß man sich befleissen wolte/ wie ich
weiß/ daß zuweilen einige solchen vorschlag thun/ alle vorhin gefaßte ideas von solchen materien
blosserdinges/ so viel müglich/ aus dem sinn wegzuthun/ und sich als einen solchen darzustellen/ der
nie nichts von allem gewußt hätte/ welches eines theils nicht nur schwehr/ sondern vielleicht zu pra-
ctici
ren unmöglich/ anders theils eine und anckbarkeit gegen GOtt seyn möchte/ was wir bereits
einmal empfangen/ selbs wieder wegzuwerffen: ja es wäre wenig anders/ als sich eben damit gleich
voran zu der einen seite/ nemlich der verleugnung solcher dinge/ determiniren: sondern auf diese wei-
se/ daß man so bald dasjenige behalte/ was uns noch nicht angegriffen worden (obwol auch in sol-
chem nicht mißrathen wolte/ um sich auffs künfftige so viel fester zu setzen/ daß man auch den grund
solcher wahrheiten untersuche/ um desto gewisser zu seyn) was uns aber in zweiffel gezogen zu wer-
den angefangen/ nicht zwahr so bald hingebe/ aber auch sich nicht mit gewalt solches zu glauben
vergebens bemühe/ sondern in der forcht des HErrn dergleichen theses mit grosser sorgfalt exami-
nire/ ob und wie fern sie in GOttes wort gegründet seyen: Zwahr wegen dessen/ daß GOtt sie uns
von jugend auf einbilden lassen/ eine zuneigung gegen dieselbe allezeit behalte/ und darinnen befe-
stiget zu werden verlange (als welches immer zu der schuldigen danckbarkeit gegen göttliche un-
srer kirchen erzeigte gnade gehöret) hingegen auch stets bereit bleibe/ wo man den ungrund einer
meinung gnugsam erkennen würde/ gern alles zu verlassen/ was wir sonsten vor gewiß gehalten
hatten/ ohnerachtet alles zeitlichen ungemachs/ so uns daraus entstehen dörffte. Eine mit derglei-
chen gemüth und vorsatz/ auch in solcher art anstellende untersuchung kan unmüglich übel ablauf-
fen/ sondern der HErr wird einer seiner wahrheit begierigen/ und in seine ordnung sich schickenden/
seelen dieselbe auffs wenigste in nöthiger maaß und zu seiner zeit offenbahren/ dessen man sich aus
seiner hochberühmten treue gewiß versichern kan.

Weil noch zuletzt auch des vorschlages zu ihrem zucht-hause meldung gethan/ und meine
gedancken darüber verlangt worden/ so erklähre mich auch offenhertzig. 1. Daß ich da-
für halte/ daß er so lange decliniret worden/ könne nicht gestrafft werden/ denn nachdem derselbe
sich biß daher ein gewissen gemacht/ zeit beywohnender scrupul etwas der wahrheiten/ die ihm in
zweiffel gezogen worden sind/ zu lehren und andern vorzutragen/ so konte denn auch ohne sünde sol-
ches damal nicht geschehen. 2. Nachdem aber verhoffentlich derselbe aus unterschiedlichem christ-
licher freunde rath/ was in solcher sache thunlich oder nicht thunlich seye/ nunmehr verstanden ha-
ben/ und sich darüber überzeuget finden wird/ so würde nunmehr/ wo die sache noch nicht vergeben/
und der antrag nochmal geschehen solte/ rathen/ die sache als aus dem HErrn so viel getroster an-
zunehmen/ als eine dergleichen stelle/ welche vor andern einem mit zweiffel angegriffenen bequem
seyn möchte/ indem die bewandnüß der zuhörer nicht erfordern wird/ mit ihnen anders zu handeln/
als die allergemeineste wahrheiten/ von denen hoffentlich kein zweiffel seyn wird: Also dienete diese
gelegenheit dazu die von GOtt verliehene gaben zu einiger frucht nach jetziger dero bewandnüß so
bald anzuwenden/ und hingegen bey solcher stelle/ die der arbeit nicht zu viel gleich erstlich auffleg-
te/ raum zu haben/ auch das übrige/ mit gnugsamem fleiß zu untersuchen/ und damit zu einer meh-
rern festigkeit zu gelangen/ in deroselben folgends Gott an wichtigeren stellen hinkünfftig zu dienen.

Dieses wären meine gedancken über das mir freundlich vorgelegte/ so ich nun dessen eigner
prüffung überlasse/ wie alles/ oder was seinem gewissen (über welches ich mir bey keinem menschen

eine

ARTIC. II. SECTIO XLIV.
cken/ den anfang zu machen. 5. Buͤcher wider die kleinglaͤubigkeit als Mülleri uͤber Pſal. 143. Sche-
rerzeri Fuga Melanch. Lanckiſchii
ſeelen-artzney/ Scriverii ſeelen-ſchatz u. ſ. f. zu leſen. Dieſe vor-
ſchlaͤge laſſe ich mir nun auch wolgefallen/ ſetze aber noch ferner bey/ nachdem das anligen auch ſon-
derlich angefuͤhret wird/ ob die zweiffel ſo fort als verſuchuugen des teuffels aus dem ſinn zu ſchla-
gen/ und ſich bloß an das/ was vorhin geglaubet worden/ zu halten waͤre/ oder/ ob es beſſer/ die din-
ge/ daruͤber die zweiffel entſtanden/ deſto gruͤndlicher zu unterſuchen/ und nechſt demuͤthiger einfaͤl-
tiger nachforſchung es GOtt in demuͤthigem gebet vorzuſtellen und zu uͤbergeben/ daß er durch die
verſigelung des heiligen Geiſtes den ausſchlag geben wolle: Daß nemlich unter dieſen beyden das
erſte weder practicabel noch nuͤtzlich achte/ maſſen nie keine beſtaͤndige ruhe daraus folgen wuͤrde/
hingegen das andre zu ergreiffen rathe: Nicht zwahr alſo/ daß man ſich befleiſſen wolte/ wie ich
weiß/ daß zuweilen einige ſolchen vorſchlag thun/ alle vorhin gefaßte ideas von ſolchen materien
bloſſerdinges/ ſo viel muͤglich/ aus dem ſinn wegzuthun/ und ſich als einen ſolchen darzuſtellen/ der
nie nichts von allem gewußt haͤtte/ welches eines theils nicht nur ſchwehr/ ſondern vielleicht zu pra-
ctici
ren unmoͤglich/ anders theils eine und anckbarkeit gegen GOtt ſeyn moͤchte/ was wir bereits
einmal empfangen/ ſelbs wieder wegzuwerffen: ja es waͤre wenig anders/ als ſich eben damit gleich
voran zu der einen ſeite/ nemlich der verleugnung ſolcher dinge/ determiniren: ſondern auf dieſe wei-
ſe/ daß man ſo bald dasjenige behalte/ was uns noch nicht angegriffen worden (obwol auch in ſol-
chem nicht mißrathen wolte/ um ſich auffs kuͤnfftige ſo viel feſter zu ſetzen/ daß man auch den grund
ſolcher wahrheiten unterſuche/ um deſto gewiſſer zu ſeyn) was uns aber in zweiffel gezogen zu wer-
den angefangen/ nicht zwahr ſo bald hingebe/ aber auch ſich nicht mit gewalt ſolches zu glauben
vergebens bemuͤhe/ ſondern in der forcht des HErrn dergleichen theſes mit groſſer ſorgfalt exami-
nire/ ob und wie fern ſie in GOttes wort gegruͤndet ſeyen: Zwahr wegen deſſen/ daß GOtt ſie uns
von jugend auf einbilden laſſen/ eine zuneigung gegen dieſelbe allezeit behalte/ und darinnen befe-
ſtiget zu werden verlange (als welches immer zu der ſchuldigen danckbarkeit gegen goͤttliche un-
ſrer kirchen erzeigte gnade gehoͤret) hingegen auch ſtets bereit bleibe/ wo man den ungrund einer
meinung gnugſam erkennen wuͤrde/ gern alles zu verlaſſen/ was wir ſonſten vor gewiß gehalten
hatten/ ohnerachtet alles zeitlichen ungemachs/ ſo uns daraus entſtehen doͤrffte. Eine mit derglei-
chen gemuͤth und vorſatz/ auch in ſolcher art anſtellende unterſuchung kan unmuͤglich uͤbel ablauf-
fen/ ſondern der HErr wird einer ſeiner wahrheit begierigen/ und in ſeine ordnung ſich ſchickenden/
ſeelen dieſelbe auffs wenigſte in noͤthiger maaß und zu ſeiner zeit offenbahren/ deſſen man ſich aus
ſeiner hochberuͤhmten treue gewiß verſichern kan.

Weil noch zuletzt auch des vorſchlages zu ihrem zucht-hauſe meldung gethan/ und meine
gedancken daruͤber verlangt worden/ ſo erklaͤhre mich auch offenhertzig. 1. Daß ich da-
fuͤr halte/ daß er ſo lange decliniret worden/ koͤnne nicht geſtrafft werden/ denn nachdem derſelbe
ſich biß daher ein gewiſſen gemacht/ zeit beywohnender ſcrupul etwas der wahrheiten/ die ihm in
zweiffel gezogen worden ſind/ zu lehren und andern vorzutragen/ ſo konte denn auch ohne ſuͤnde ſol-
ches damal nicht geſchehen. 2. Nachdem aber verhoffentlich derſelbe aus unterſchiedlichem chriſt-
licher freunde rath/ was in ſolcher ſache thunlich oder nicht thunlich ſeye/ nunmehr verſtanden ha-
ben/ und ſich daruͤber uͤberzeuget finden wird/ ſo wuͤrde nunmehr/ wo die ſache noch nicht vergeben/
und der antrag nochmal geſchehen ſolte/ rathen/ die ſache als aus dem HErrn ſo viel getroſter an-
zunehmen/ als eine dergleichen ſtelle/ welche vor andern einem mit zweiffel angegriffenen bequem
ſeyn moͤchte/ indem die bewandnuͤß der zuhoͤrer nicht erfordern wird/ mit ihnen anders zu handeln/
als die allergemeineſte wahrheiten/ von denen hoffentlich kein zweiffel ſeyn wird: Alſo dienete dieſe
gelegenheit dazu die von GOtt verliehene gaben zu einiger frucht nach jetziger dero bewandnuͤß ſo
bald anzuwenden/ und hingegen bey ſolcher ſtelle/ die der arbeit nicht zu viel gleich erſtlich auffleg-
te/ raum zu haben/ auch das uͤbrige/ mit gnugſamem fleiß zu unterſuchen/ und damit zu einer meh-
rern feſtigkeit zu gelangen/ in deroſelben folgends Gott an wichtigeren ſtellen hinkuͤnfftig zu dienen.

Dieſes waͤren meine gedancken uͤber das mir freundlich vorgelegte/ ſo ich nun deſſen eigner
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eine
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[903/0911] ARTIC. II. SECTIO XLIV. cken/ den anfang zu machen. 5. Buͤcher wider die kleinglaͤubigkeit als Mülleri uͤber Pſal. 143. Sche- rerzeri Fuga Melanch. Lanckiſchii ſeelen-artzney/ Scriverii ſeelen-ſchatz u. ſ. f. zu leſen. Dieſe vor- ſchlaͤge laſſe ich mir nun auch wolgefallen/ ſetze aber noch ferner bey/ nachdem das anligen auch ſon- derlich angefuͤhret wird/ ob die zweiffel ſo fort als verſuchuugen des teuffels aus dem ſinn zu ſchla- gen/ und ſich bloß an das/ was vorhin geglaubet worden/ zu halten waͤre/ oder/ ob es beſſer/ die din- ge/ daruͤber die zweiffel entſtanden/ deſto gruͤndlicher zu unterſuchen/ und nechſt demuͤthiger einfaͤl- tiger nachforſchung es GOtt in demuͤthigem gebet vorzuſtellen und zu uͤbergeben/ daß er durch die verſigelung des heiligen Geiſtes den ausſchlag geben wolle: Daß nemlich unter dieſen beyden das erſte weder practicabel noch nuͤtzlich achte/ maſſen nie keine beſtaͤndige ruhe daraus folgen wuͤrde/ hingegen das andre zu ergreiffen rathe: Nicht zwahr alſo/ daß man ſich befleiſſen wolte/ wie ich weiß/ daß zuweilen einige ſolchen vorſchlag thun/ alle vorhin gefaßte ideas von ſolchen materien bloſſerdinges/ ſo viel muͤglich/ aus dem ſinn wegzuthun/ und ſich als einen ſolchen darzuſtellen/ der nie nichts von allem gewußt haͤtte/ welches eines theils nicht nur ſchwehr/ ſondern vielleicht zu pra- cticiren unmoͤglich/ anders theils eine und anckbarkeit gegen GOtt ſeyn moͤchte/ was wir bereits einmal empfangen/ ſelbs wieder wegzuwerffen: ja es waͤre wenig anders/ als ſich eben damit gleich voran zu der einen ſeite/ nemlich der verleugnung ſolcher dinge/ determiniren: ſondern auf dieſe wei- ſe/ daß man ſo bald dasjenige behalte/ was uns noch nicht angegriffen worden (obwol auch in ſol- chem nicht mißrathen wolte/ um ſich auffs kuͤnfftige ſo viel feſter zu ſetzen/ daß man auch den grund ſolcher wahrheiten unterſuche/ um deſto gewiſſer zu ſeyn) was uns aber in zweiffel gezogen zu wer- den angefangen/ nicht zwahr ſo bald hingebe/ aber auch ſich nicht mit gewalt ſolches zu glauben vergebens bemuͤhe/ ſondern in der forcht des HErrn dergleichen theſes mit groſſer ſorgfalt exami- nire/ ob und wie fern ſie in GOttes wort gegruͤndet ſeyen: Zwahr wegen deſſen/ daß GOtt ſie uns von jugend auf einbilden laſſen/ eine zuneigung gegen dieſelbe allezeit behalte/ und darinnen befe- ſtiget zu werden verlange (als welches immer zu der ſchuldigen danckbarkeit gegen goͤttliche un- ſrer kirchen erzeigte gnade gehoͤret) hingegen auch ſtets bereit bleibe/ wo man den ungrund einer meinung gnugſam erkennen wuͤrde/ gern alles zu verlaſſen/ was wir ſonſten vor gewiß gehalten hatten/ ohnerachtet alles zeitlichen ungemachs/ ſo uns daraus entſtehen doͤrffte. Eine mit derglei- chen gemuͤth und vorſatz/ auch in ſolcher art anſtellende unterſuchung kan unmuͤglich uͤbel ablauf- fen/ ſondern der HErr wird einer ſeiner wahrheit begierigen/ und in ſeine ordnung ſich ſchickenden/ ſeelen dieſelbe auffs wenigſte in noͤthiger maaß und zu ſeiner zeit offenbahren/ deſſen man ſich aus ſeiner hochberuͤhmten treue gewiß verſichern kan. Weil noch zuletzt auch des vorſchlages zu ihrem zucht-hauſe meldung gethan/ und meine gedancken daruͤber verlangt worden/ ſo erklaͤhre mich auch offenhertzig. 1. Daß ich da- fuͤr halte/ daß er ſo lange decliniret worden/ koͤnne nicht geſtrafft werden/ denn nachdem derſelbe ſich biß daher ein gewiſſen gemacht/ zeit beywohnender ſcrupul etwas der wahrheiten/ die ihm in zweiffel gezogen worden ſind/ zu lehren und andern vorzutragen/ ſo konte denn auch ohne ſuͤnde ſol- ches damal nicht geſchehen. 2. Nachdem aber verhoffentlich derſelbe aus unterſchiedlichem chriſt- licher freunde rath/ was in ſolcher ſache thunlich oder nicht thunlich ſeye/ nunmehr verſtanden ha- ben/ und ſich daruͤber uͤberzeuget finden wird/ ſo wuͤrde nunmehr/ wo die ſache noch nicht vergeben/ und der antrag nochmal geſchehen ſolte/ rathen/ die ſache als aus dem HErrn ſo viel getroſter an- zunehmen/ als eine dergleichen ſtelle/ welche vor andern einem mit zweiffel angegriffenen bequem ſeyn moͤchte/ indem die bewandnuͤß der zuhoͤrer nicht erfordern wird/ mit ihnen anders zu handeln/ als die allergemeineſte wahrheiten/ von denen hoffentlich kein zweiffel ſeyn wird: Alſo dienete dieſe gelegenheit dazu die von GOtt verliehene gaben zu einiger frucht nach jetziger dero bewandnuͤß ſo bald anzuwenden/ und hingegen bey ſolcher ſtelle/ die der arbeit nicht zu viel gleich erſtlich auffleg- te/ raum zu haben/ auch das uͤbrige/ mit gnugſamem fleiß zu unterſuchen/ und damit zu einer meh- rern feſtigkeit zu gelangen/ in deroſelben folgends Gott an wichtigeren ſtellen hinkuͤnfftig zu dienen. Dieſes waͤren meine gedancken uͤber das mir freundlich vorgelegte/ ſo ich nun deſſen eigner pruͤffung uͤberlaſſe/ wie alles/ oder was ſeinem gewiſſen (uͤber welches ich mir bey keinem menſchen eine

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 903. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/911>, abgerufen am 24.11.2024.