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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
wertliche vocation zu belieben bewogen worden/ ihn solche gelegenheit zu nutz/ die
jenige in der gemeinde an sich zu hängen/ welche dergleichen ernstliche predigten has-
seten/ u. ihnen der in die gewissen geworffene scrupel wehe that. 6. Also schämet we-
der er sich dessen/ noch ich u. andere seine freunde/ sondn sind versichert/ wo wir die ge-
samte acta trucke woltenlassen/ (so wir noch bedenckens haben/ um aus unterthäni-
gen respect des Fürsten zuschonen) daß wir vor der gesamten kirchen der sache mehr
ehr als schimpff haben werden. 7. Jst er würcklich wieder zu einer ansehnlichen
Reichsstadt Superintendenten beruffen/ da er nur stündlich die gebetene dimissi-
on
von den Condomino dem Marggraffen von Baden/ mit schmertzen erwartet/
das amt würcklich anzutreten. Was Herr Kriegsmann betrifft/ ists war/ daß
er seiner dienste erlassen worden/ aber man wird Fürstlich Heßischen theils sich nicht
nachreden lassen/ daß er um der symphoneseos willen removiret, 1. ob wol der alte
Landgraff aus anderer antrieb anfangs die ohne sein vorwissen geschehene edition
solches tractätleins resentiret, 800 exemplar allhier auffkauffen lassen/ daß sie
nicht so weit divulgiret würden/ und ihn drüber hören lassen: So hat er doch 2.
nach dem er seine verantwortung auffrichtig gethan/ ihn zu unterschiedlichen mah-
len seiner Fürstl. gnade sonderlich versichern lassen: Zum 3. eben solchen monat ihn zu
einer ansehnlichen gesandschafft abgeschickt. Zum 4. kurtz vor seinem ende ihn zu ei-
ner abermahligen sehr wichtigen gesandschafft/ seiner Frau schwester der
Hertzogin zu Würtenberg in angelegenen sachen zu assistiren bestimmet/
wie denn instruction und alle bereitschafft fertig waren/ und er die woche
abreisen solle/ als der selige Fürst verstarb/ welcher also biß in seinem todt mit
höchsten gnaden ihm zugethan verblieben. 5. Nach des Fürsten todt
als der junge Herr zur regierung kam/ gieng eine solche reformation vor/ daß unter
den Obersten und Cancelley Räthen/ edel und unedel/ die meiste selbst resignir-
ten oder cassiret wurden. Worauff es an die Rentkammer gekommen/ und da
ihr nicht mehr als 2. waren/ unter dem vorwand alles einzuziehen/ ihm sein abschied
gegeben worden. 6. Jst er würcklich jetzo bey Chur-Pfaltz Cammer-Rath/ und
verhoffe/ durch ihn unserer Evangelischen kirchen in den Churfürstenthum viele be-
förderung. Da seine symphonesis wird angegriffen werden/ wird er der jenige
seyn/ der durch GOTTES gnad zu antworten vermögen wird. Hiemit hof-
fe in meines hochgeehrten Herrn weitläufftigen brieffen nichts mehr übergelassen
zu haben/ das nicht beantwortet wäre: Und wie ich ihn versichere/ daß ich dieses
vor meinem GOTT schreibe/ und mit ihm gehandelt habe/ als der ich weiß/ daß
wir alle vor seinen thron unsers redens/ und schreibens rechen schafft geben sollen:
Also erinnere ich ihn aus brüderlichen hertzen vor GOTTes/ der unter uns zeuge
ist/ angesicht/ er überlege alles in seiner furcht/ mit einen solchen hertzen/ welches
nichts anders als die lautere ehre GOttes und des nechsten bestes vor augen ha-

be.

Das ſechſte Capitel.
wertliche vocation zu belieben bewogen worden/ ihn ſolche gelegenheit zu nutz/ die
jenige in der gemeinde an ſich zu haͤngen/ welche dergleichen ernſtliche predigten haſ-
ſeten/ u. ihnen der in die gewiſſen geworffene ſcrupel wehe that. 6. Alſo ſchaͤmet we-
der er ſich deſſen/ noch ich u. andere ſeine freunde/ ſonďn ſind verſichert/ wo wir die ge-
ſamte acta trucke woltenlaſſen/ (ſo wir noch bedenckens haben/ um aus unterthaͤni-
gen reſpect des Fuͤrſten zuſchonen) daß wir vor der geſamten kirchen der ſache mehr
ehr als ſchimpff haben werden. 7. Jſt er wuͤrcklich wieder zu einer anſehnlichen
Reichsſtadt Superintendenten beruffen/ da er nur ſtuͤndlich die gebetene dimiſſi-
on
von den Condomino dem Marggraffen von Baden/ mit ſchmertzen erwartet/
das amt wuͤrcklich anzutreten. Was Herr Kriegsmann betrifft/ iſts war/ daß
er ſeiner dienſte erlaſſen worden/ aber man wird Fuͤrſtlich Heßiſchen theils ſich nicht
nachreden laſſen/ daß er um der ſymphoneſeos willen removiret, 1. ob wol der alte
Landgraff aus anderer antrieb anfangs die ohne ſein voꝛwiſſen geſchehene edition
ſolches tractaͤtleins reſentiret, 800 exemplar allhier auffkauffen laſſen/ daß ſie
nicht ſo weit divulgiret wuͤrden/ und ihn druͤber hoͤren laſſen: So hat er doch 2.
nach dem er ſeine verantwortung auffrichtig gethan/ ihn zu unterſchiedlichen mah-
len ſeiner Fuͤrſtl. gnade ſonderlich verſichern laſſen: Zum 3. eben ſolchen monat ihn zu
einer anſehnlichen geſandſchafft abgeſchickt. Zum 4. kurtz vor ſeinem ende ihn zu ei-
ner abermahligen ſehr wichtigen geſandſchafft/ ſeiner Frau ſchweſter der
Hertzogin zu Wuͤrtenberg in angelegenen ſachen zu aſſiſtiren beſtimmet/
wie denn inſtruction und alle bereitſchafft fertig waren/ und er die woche
abreiſen ſolle/ als der ſelige Fuͤrſt verſtarb/ welcher alſo biß in ſeinem todt mit
hoͤchſten gnaden ihm zugethan verblieben. 5. Nach des Fuͤrſten todt
als der junge Herr zur regierung kam/ gieng eine ſolche reformation vor/ daß unter
den Oberſten und Cancelley Raͤthen/ edel und unedel/ die meiſte ſelbſt reſignir-
ten oder caſſiret wurden. Worauff es an die Rentkammer gekommen/ und da
ihr nicht mehr als 2. waren/ unter dem vorwand alles einzuziehen/ ihm ſein abſchied
gegeben worden. 6. Jſt er wuͤrcklich jetzo bey Chur-Pfaltz Cammer-Rath/ und
verhoffe/ durch ihn unſerer Evangeliſchen kirchen in den Churfuͤrſtenthum viele be-
foͤrderung. Da ſeine ſymphoneſis wird angegriffen werden/ wird er der jenige
ſeyn/ der durch GOTTES gnad zu antworten vermoͤgen wird. Hiemit hof-
fe in meines hochgeehrten Herrn weitlaͤufftigen brieffen nichts mehr uͤbergelaſſen
zu haben/ das nicht beantwortet waͤre: Und wie ich ihn verſichere/ daß ich dieſes
vor meinem GOTT ſchreibe/ und mit ihm gehandelt habe/ als der ich weiß/ daß
wir alle vor ſeinen thron unſers redens/ und ſchreibens rechen ſchafft geben ſollen:
Alſo erinnere ich ihn aus bruͤderlichen hertzen vor GOTTes/ der unter uns zeuge
iſt/ angeſicht/ er uͤberlege alles in ſeiner furcht/ mit einen ſolchen hertzen/ welches
nichts anders als die lautere ehre GOttes und des nechſten beſtes vor augen ha-

be.
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[282[284]/0302] Das ſechſte Capitel. wertliche vocation zu belieben bewogen worden/ ihn ſolche gelegenheit zu nutz/ die jenige in der gemeinde an ſich zu haͤngen/ welche dergleichen ernſtliche predigten haſ- ſeten/ u. ihnen der in die gewiſſen geworffene ſcrupel wehe that. 6. Alſo ſchaͤmet we- der er ſich deſſen/ noch ich u. andere ſeine freunde/ ſonďn ſind verſichert/ wo wir die ge- ſamte acta trucke woltenlaſſen/ (ſo wir noch bedenckens haben/ um aus unterthaͤni- gen reſpect des Fuͤrſten zuſchonen) daß wir vor der geſamten kirchen der ſache mehr ehr als ſchimpff haben werden. 7. Jſt er wuͤrcklich wieder zu einer anſehnlichen Reichsſtadt Superintendenten beruffen/ da er nur ſtuͤndlich die gebetene dimiſſi- on von den Condomino dem Marggraffen von Baden/ mit ſchmertzen erwartet/ das amt wuͤrcklich anzutreten. Was Herr Kriegsmann betrifft/ iſts war/ daß er ſeiner dienſte erlaſſen worden/ aber man wird Fuͤrſtlich Heßiſchen theils ſich nicht nachreden laſſen/ daß er um der ſymphoneſeos willen removiret, 1. ob wol der alte Landgraff aus anderer antrieb anfangs die ohne ſein voꝛwiſſen geſchehene edition ſolches tractaͤtleins reſentiret, 800 exemplar allhier auffkauffen laſſen/ daß ſie nicht ſo weit divulgiret wuͤrden/ und ihn druͤber hoͤren laſſen: So hat er doch 2. nach dem er ſeine verantwortung auffrichtig gethan/ ihn zu unterſchiedlichen mah- len ſeiner Fuͤrſtl. gnade ſonderlich verſichern laſſen: Zum 3. eben ſolchen monat ihn zu einer anſehnlichen geſandſchafft abgeſchickt. Zum 4. kurtz vor ſeinem ende ihn zu ei- ner abermahligen ſehr wichtigen geſandſchafft/ ſeiner Frau ſchweſter der Hertzogin zu Wuͤrtenberg in angelegenen ſachen zu aſſiſtiren beſtimmet/ wie denn inſtruction und alle bereitſchafft fertig waren/ und er die woche abreiſen ſolle/ als der ſelige Fuͤrſt verſtarb/ welcher alſo biß in ſeinem todt mit hoͤchſten gnaden ihm zugethan verblieben. 5. Nach des Fuͤrſten todt als der junge Herr zur regierung kam/ gieng eine ſolche reformation vor/ daß unter den Oberſten und Cancelley Raͤthen/ edel und unedel/ die meiſte ſelbſt reſignir- ten oder caſſiret wurden. Worauff es an die Rentkammer gekommen/ und da ihr nicht mehr als 2. waren/ unter dem vorwand alles einzuziehen/ ihm ſein abſchied gegeben worden. 6. Jſt er wuͤrcklich jetzo bey Chur-Pfaltz Cammer-Rath/ und verhoffe/ durch ihn unſerer Evangeliſchen kirchen in den Churfuͤrſtenthum viele be- foͤrderung. Da ſeine ſymphoneſis wird angegriffen werden/ wird er der jenige ſeyn/ der durch GOTTES gnad zu antworten vermoͤgen wird. Hiemit hof- fe in meines hochgeehrten Herrn weitlaͤufftigen brieffen nichts mehr uͤbergelaſſen zu haben/ das nicht beantwortet waͤre: Und wie ich ihn verſichere/ daß ich dieſes vor meinem GOTT ſchreibe/ und mit ihm gehandelt habe/ als der ich weiß/ daß wir alle vor ſeinen thron unſers redens/ und ſchreibens rechen ſchafft geben ſollen: Alſo erinnere ich ihn aus bruͤderlichen hertzen vor GOTTes/ der unter uns zeuge iſt/ angeſicht/ er uͤberlege alles in ſeiner furcht/ mit einen ſolchen hertzen/ welches nichts anders als die lautere ehre GOttes und des nechſten beſtes vor augen ha- be.

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 282[284]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/302>, abgerufen am 22.11.2024.