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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
digt in der that gewiesener consens wegen dessen/ was in dem sendschreiben de ar-
ticulo justificationis
stehet. Die verderbnüß ist nicht aus zu sprechen/ welche
aus unrechtem verstand solches articuli herkommet/ und können wir uns vor
GOTT nicht entbrechen/ daß nicht aus vieler unserer ungenugsamen und undeut-
licher vortragung solcher wichtigen materie von der rechtfertigung und lebendigen
glauben der irrthum in den grossen hauffen gekommen. Denselben nun den leu-
ten wieder aus den hertzen zu reissen/ und sie also aus den schlaff der sicherheit wieder
zu erwecken/ ach da lasset uns alle gele genheit ergreiffen/ und alle von GOTT
verliehene kräfften dahin anwenden/ dann gewißlich keine materie ist wichtiger sie
stätig zu treiben/ und ja wohl zu inculciren/ als diese: Sonsten was hilffets/ wo
unsere zuhörer von allen Päpstischen/ Reformirten/ Socinianischen etc. irrthumen
frey sind/ und doch dabey einen todten glauben haben/ darin sie viel schwehrer ver-
dammt werden/ als alle auch schwehr irrende bey besserem leben? Aber zu erbar-
men ist/ daß auch über diese materie einige Theologi anstehen. Wie ich nicht
bergen kan/ daß einige die lehr in dem sendschreiben nicht just zu seyn erkennen haben
wollen/ die doch/ wie mit der heiligen Schrifft/ also auch unseren Symbolischen
büchern/ völlig übereinstimmet. Der HERR erbarme sich seiner kirchen und öffne
der blinden augen. 19. Febr. 1679.

SECTIO XLIV.

Auffmunterung an eine Gräfliche person. Ver-
einigung gut gesinneter
Theologorum. Zu-
stand der Franckfurtischen kir-
chen.

ERfreulich war mir sonderlich aus solchem zu erfahren/ daß Ew. Hoch-
Gräfflliche Gnaden durch Gottes gütigste vorsorge mit einem treuen und er-
[b]aulichen hoffprediger versehen worden/ welches je nicht eine geringe wohl-
that/ sondern so viel höher ist/ als der nutzen/ der davon zu erwarten/ vortreflicher
ist/ auch die zahl solcher leute etwa geringer/ als gut ist/ sich befindet. Der HErr
HErr gebe seinem wort durch seinen mund geredt durchtringende krafft zu Ew.
Hoch-Gräflicher Gnaden täglichen weitern wachsthum/ und auch noch vieler an-
dern in der weltliebe steckender leute bekehrung. Erfreulich war mir auch/ daß an
demselben einen/ ob wohl der person noch unbekanten/ freunde erlanget habe/ dessen
liebe mich Ew. Hoch-Gräflicher Gnaden schreiben versichert. Gott verbinde je mehr

und

Das ſechſte Capitel.
digt in der that gewieſener conſens wegen deſſen/ was in dem ſendſchreiben de ar-
ticulo juſtificationis
ſtehet. Die verderbnuͤß iſt nicht aus zu ſprechen/ welche
aus unrechtem verſtand ſolches articuli herkommet/ und koͤnnen wir uns vor
GOTT nicht entbrechen/ daß nicht aus vieler unſerer ungenugſamen und undeut-
licher vortragung ſolcher wichtigen materie von der rechtfertigung und lebendigen
glauben der irrthum in den groſſen hauffen gekommen. Denſelben nun den leu-
ten wieder aus den hertzen zu reiſſen/ und ſie alſo aus den ſchlaff der ſicherheit wieder
zu erwecken/ ach da laſſet uns alle gele genheit ergreiffen/ und alle von GOTT
verliehene kraͤfften dahin anwenden/ dann gewißlich keine materie iſt wichtiger ſie
ſtaͤtig zu treiben/ und ja wohl zu inculciren/ als dieſe: Sonſten was hilffets/ wo
unſere zuhoͤrer von allen Paͤpſtiſchen/ Reformirten/ Socinianiſchen ꝛc. irrthumen
frey ſind/ und doch dabey einen todten glauben haben/ darin ſie viel ſchwehrer ver-
dammt werden/ als alle auch ſchwehr irrende bey beſſerem leben? Aber zu erbar-
men iſt/ daß auch uͤber dieſe materie einige Theologi anſtehen. Wie ich nicht
bergen kan/ daß einige die lehr in dem ſendſchreiben nicht juſt zu ſeyn erkennen haben
wollen/ die doch/ wie mit der heiligen Schrifft/ alſo auch unſeren Symboliſchen
buͤchern/ voͤllig uͤbereinſtimmet. Der HERR erbarme ſich ſeiner kirchen und oͤffne
der blinden augen. 19. Febr. 1679.

SECTIO XLIV.

Auffmunterung an eine Graͤfliche perſon. Ver-
einigung gut geſinneter
Theologorum. Zu-
ſtand der Franckfurtiſchen kir-
chen.

ERfreulich war mir ſonderlich aus ſolchem zu erfahren/ daß Ew. Hoch-
Graͤfflliche Gnaden durch Gottes guͤtigſte vorſorge mit einem tꝛeuen und er-
[b]aulichen hoffprediger verſehen worden/ welches je nicht eine geringe wohl-
that/ ſondern ſo viel hoͤher iſt/ als der nutzen/ der davon zu erwarten/ vortreflicher
iſt/ auch die zahl ſolcher leute etwa geringer/ als gut iſt/ ſich befindet. Der HErr
HErr gebe ſeinem wort durch ſeinen mund geredt durchtꝛingende krafft zu Ew.
Hoch-Graͤflicher Gnaden taͤglichen weitern wachsthum/ und auch noch vieler an-
dern in der weltliebe ſteckender leute bekehrung. Erfreulich war mir auch/ daß an
demſelben einen/ ob wohl der perſon noch unbekanten/ freunde erlanget habe/ deſſen
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[294[296]/0314] Das ſechſte Capitel. digt in der that gewieſener conſens wegen deſſen/ was in dem ſendſchreiben de ar- ticulo juſtificationis ſtehet. Die verderbnuͤß iſt nicht aus zu ſprechen/ welche aus unrechtem verſtand ſolches articuli herkommet/ und koͤnnen wir uns vor GOTT nicht entbrechen/ daß nicht aus vieler unſerer ungenugſamen und undeut- licher vortragung ſolcher wichtigen materie von der rechtfertigung und lebendigen glauben der irrthum in den groſſen hauffen gekommen. Denſelben nun den leu- ten wieder aus den hertzen zu reiſſen/ und ſie alſo aus den ſchlaff der ſicherheit wieder zu erwecken/ ach da laſſet uns alle gele genheit ergreiffen/ und alle von GOTT verliehene kraͤfften dahin anwenden/ dann gewißlich keine materie iſt wichtiger ſie ſtaͤtig zu treiben/ und ja wohl zu inculciren/ als dieſe: Sonſten was hilffets/ wo unſere zuhoͤrer von allen Paͤpſtiſchen/ Reformirten/ Socinianiſchen ꝛc. irrthumen frey ſind/ und doch dabey einen todten glauben haben/ darin ſie viel ſchwehrer ver- dammt werden/ als alle auch ſchwehr irrende bey beſſerem leben? Aber zu erbar- men iſt/ daß auch uͤber dieſe materie einige Theologi anſtehen. Wie ich nicht bergen kan/ daß einige die lehr in dem ſendſchreiben nicht juſt zu ſeyn erkennen haben wollen/ die doch/ wie mit der heiligen Schrifft/ alſo auch unſeren Symboliſchen buͤchern/ voͤllig uͤbereinſtimmet. Der HERR erbarme ſich ſeiner kirchen und oͤffne der blinden augen. 19. Febr. 1679. SECTIO XLIV. Auffmunterung an eine Graͤfliche perſon. Ver- einigung gut geſinneter Theologorum. Zu- ſtand der Franckfurtiſchen kir- chen. ERfreulich war mir ſonderlich aus ſolchem zu erfahren/ daß Ew. Hoch- Graͤfflliche Gnaden durch Gottes guͤtigſte vorſorge mit einem tꝛeuen und er- baulichen hoffprediger verſehen worden/ welches je nicht eine geringe wohl- that/ ſondern ſo viel hoͤher iſt/ als der nutzen/ der davon zu erwarten/ vortreflicher iſt/ auch die zahl ſolcher leute etwa geringer/ als gut iſt/ ſich befindet. Der HErr HErr gebe ſeinem wort durch ſeinen mund geredt durchtꝛingende krafft zu Ew. Hoch-Graͤflicher Gnaden taͤglichen weitern wachsthum/ und auch noch vieler an- dern in der weltliebe ſteckender leute bekehrung. Erfreulich war mir auch/ daß an demſelben einen/ ob wohl der perſon noch unbekanten/ freunde erlanget habe/ deſſen liebe mich Ew. Hoch-Graͤflicher Gnaden ſchreiben verſichert. Gott verbinde je mehr und

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 294[296]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/314>, abgerufen am 22.11.2024.