Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. Christi geboth halten/ und das können sie von sich bekennen. Unddiß ist der ordentliche lauff der außerwehlten/ daß sie bey ihren leb- zeiten wandeln in gehorsam der gebot Christi/ und an ihrem lebens ende können sie mit wahrheit von sich sagen/ daß sie haben gewan- delt in der liebe Christi/ und in gehorsam seiner gebot p. 296. Wann ich von jemand werde gefragt/ ob ich die gebote meines Heylandes halte/ und ich bejahe es denn/ und sage freylich ja/ wehe mir/ so ich nicht meines HErrn Christi gebothe halte. Einschärff. p. 13. Wo ein Christ sich nur zur rechten busse kehrt/ wird rechtgläu- big und wiedergebohren/ darnach fleust aus der wiedergeburt und aus dem glauben schon heraus ein williger freudiger gehorsam/ daß man dem allen nachkömt/ was Christus in seinen geboten erfor- dert/ und thut solches ohn knechtische forcht/ mit lauter hertzens lust. Dergleichen orth finden sich noch mehr/ und werden auch exempel angeführt/ der- jenigen/ die im Alten und Neuen Testament die gebot Christi gehalten haben. Solte aber dieses nicht/ zu geschweigen der alten Pelagianer auff Päpstisch und Photinianisch gelehret seyn? Denn also heissets bey den Tridentischen Patribus Sess. 5. de Justific. c. 11. GOtt befiehlet nichts unmügliches/ sondern mit den be- fehlen erinnert er/ man solle thun was man könne/ und fordern was man nicht kön- ne/ und hilfft/ daß mans könne. Seine gebote sind nicht schwer. Sein Joch ist sanfft/ und seine last ist leicht. Denn welche GOttes kinder sind/ die lieben Christum/ welche ihn aber lieben/ wie er selbst zeuget/ halten seine wort/ welches sie freylich mit göttlicher hülffe leisten können. Daher die rede verflucht wird. Can. 18. DEI praecepta homini justifi- wel-
Das ſechſte Capitel. Chriſti geboth halten/ und das koͤnnen ſie von ſich bekennen. Unddiß iſt der ordentliche lauff der außerwehlten/ daß ſie bey ihren leb- zeiten wandeln in gehorſam der gebot Chriſti/ und an ihrem lebens ende koͤnnen ſie mit wahrheit von ſich ſagen/ daß ſie haben gewan- delt in der liebe Chriſti/ und in gehorſam ſeiner gebot p. 296. Wañ ich von jemand werde gefragt/ ob ich die gebote meines Heylandes halte/ und ich bejahe es denn/ und ſage freylich ja/ wehe mir/ ſo ich nicht meines HErrn Chriſti gebothe halte. Einſchaͤrff. p. 13. Wo ein Chriſt ſich nur zur rechten buſſe kehrt/ wird rechtglaͤu- big und wiedergebohren/ darnach fleuſt aus der wiedergeburt und aus dem glauben ſchon heraus ein williger freudiger gehorſam/ daß man dem allen nachkoͤmt/ was Chriſtus in ſeinen geboten erfor- dert/ und thut ſolches ohn knechtiſche forcht/ mit lauter hertzens luſt. Dergleichen orth finden ſich noch mehr/ und werden auch exempel angefuͤhrt/ der- jenigen/ die im Alten und Neuen Teſtament die gebot Chriſti gehalten haben. Solte aber dieſes nicht/ zu geſchweigen der alten Pelagianer auff Paͤpſtiſch und Photinianiſch gelehret ſeyn? Denn alſo heiſſets bey den Tridentiſchen Patribus Sesſ. 5. de Juſtific. c. 11. GOtt befiehlet nichts unmuͤgliches/ ſondern mit den be- fehlen erinnert er/ man ſolle thun was man koͤnne/ und fordern was man nicht koͤn- ne/ und hilfft/ daß mans koͤnne. Seine gebote ſind nicht ſchwer. Sein Joch iſt ſanfft/ und ſeine laſt iſt leicht. Denn welche GOttes kinder ſind/ die lieben Chriſtum/ welche ihn aber lieben/ wie er ſelbſt zeuget/ halten ſeine wort/ welches ſie freylich mit goͤttlicher huͤlffe leiſten koͤnnen. Daher die rede verflucht wird. Can. 18. DEI præcepta homini juſtifi- wel-
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Das ſechſte Capitel.
Chriſti geboth halten/ und das koͤnnen ſie von ſich bekennen. Und
diß iſt der ordentliche lauff der außerwehlten/ daß ſie bey ihren leb-
zeiten wandeln in gehorſam der gebot Chriſti/ und an ihrem lebens
ende koͤnnen ſie mit wahrheit von ſich ſagen/ daß ſie haben gewan-
delt in der liebe Chriſti/ und in gehorſam ſeiner gebot p. 296. Wañ
ich von jemand werde gefragt/ ob ich die gebote meines Heylandes
halte/ und ich bejahe es denn/ und ſage freylich ja/ wehe mir/ ſo
ich nicht meines HErrn Chriſti gebothe halte. Einſchaͤrff. p. 13.
Wo ein Chriſt ſich nur zur rechten buſſe kehrt/ wird rechtglaͤu-
big und wiedergebohren/ darnach fleuſt aus der wiedergeburt und
aus dem glauben ſchon heraus ein williger freudiger gehorſam/ daß
man dem allen nachkoͤmt/ was Chriſtus in ſeinen geboten erfor-
dert/ und thut ſolches ohn knechtiſche forcht/ mit lauter hertzens luſt.
Dergleichen orth finden ſich noch mehr/ und werden auch exempel angefuͤhrt/ der-
jenigen/ die im Alten und Neuen Teſtament die gebot Chriſti gehalten haben.
Solte aber dieſes nicht/ zu geſchweigen der alten Pelagianer auff Paͤpſtiſch und
Photinianiſch gelehret ſeyn? Denn alſo heiſſets bey den Tridentiſchen Patribus
Sesſ. 5. de Juſtific. c. 11. GOtt befiehlet nichts unmuͤgliches/ ſondern mit den be-
fehlen erinnert er/ man ſolle thun was man koͤnne/ und fordern was man nicht koͤn-
ne/ und hilfft/ daß mans koͤnne. Seine gebote ſind nicht ſchwer. Sein Joch
iſt ſanfft/ und ſeine laſt iſt leicht. Denn welche GOttes kinder ſind/ die lieben
Chriſtum/ welche ihn aber lieben/ wie er ſelbſt zeuget/ halten ſeine wort/ welches
ſie freylich mit goͤttlicher huͤlffe leiſten koͤnnen.
Daher die rede verflucht wird. Can. 18. DEI præcepta homini juſtifi-
cato ad obſervandum impoſſibilia, goͤttliche gebote ſeyen einem gerechtfertig-
ten zuhalten unmuͤglich. So behaupten auch die Socinianer die muͤglichkeit
der haltung des goͤttlichen geſetzes. Auch wird in der Form. Concord. c. 12.
dieſer Schwenckfeldiſche irrthum verworffen: Daß ein Chriſt/ der warhaff-
tig wiedergebohren/ das geſetz GOttes in dieſem leben vollkommen erfuͤllen koͤn-
ne. Nun iſt an deme/ daß hie wiederum die unbequeme rede von den geſetz
Chriſti/ welches von dem geſetz Moſis unterſchieden iſt; davon nachmahln wird
zuhandeln ſeyn/ vorkompt. Auſſer demſelben aber iſt die meynung des Auto-
ris nicht unrecht. Wie er dieſelbe ausdruckt Einſchaͤrff. pag. 16. Was anlan-
get die gaͤntzliche vermeydung muthwilliger ſuͤnden/ da muͤſſen auch wir
bey unſern lebzeiten gewiß ſeyn/ daß wir koͤnnen ſagen: Wir lieben Chri-
ſtum/ und halten ſeine gebot. Verſtehet alſo Herr Stenger durch die hal-
tung des gebots Chriſti nichts anders als die vermeydung muthwilliger ſuͤnden/
wel-
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