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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
die trübsalen das gute geläutert werden wird. Wie ja ohne das die in den eusser-
lichen betrübteste zeiten der Christlichen kirche in den jenigen daran ihr am aller-
meisten gelegen/ auch am meisten genutzet haben. Nun lasset uns zu dem HEr-
ren unauffhörlich ruffen/ daß er sich selbs seiner elenden schaffe annehme/ ja daß er
sein Zion wider baue/ der getrosten zuversicht der HERR wird uns nicht vergeb-
lich ruffen lassen/ sondern gewiß sein ohr zu uns neigen/ und weisen/ daß er der
ausserwehlten braut seines einigen Sohns nicht vergessen habe. Was derselbe
auch zuletzt bemercket/ daß wir den HERREN zu bitten/ daß er uns vor schein-
heiligen bewahren wolle/ ist eine ja wohl nötige sache: Dann freylich wo der teuf-
fel auff der lincken seiten nichts auszurichten hoffet/ wendet er sich auff die rechte/ und
mag daselbs eben so viel schaden. Also wolle er uns so wohl selbs den Geist der prü-
fung geben/ in uns was falscher schein von dem fleisch oder Göttlicher tugend seye/
genau zu unterscheiden/ daß wir uns nicht betrügen; als auch die augen öffnen/
am andern mit denen wirs zu thun haben/ gleicher massen alles ohne betrug zu un-
terscheiden/ und darinnen jeglichen zubegegnen/ wie es nöthig und nützlich ist. 1682.
26. Apr.

SECTIO VII.

Wegen des zu Eßen in Westphalen angestelten
Collegii pietatis.

MJt was vor freuden ich dessen gesegnetes empfangen habe/ kan ich nicht
wohl mit worten dieses orts ausdrucken/ und bleibe deswegen zum höch-
sten dessen gegen mich tragender liebe verbunden. Vornehmlich aber sa-
ge danck dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles trosts/ der unter zimlicher
last und verdrißlichkeit meines amts mir diese gnade mehrmahl erzeiget/ mit guten
bottschafften hin und her erfreuet und auffgemuntert zu werden/ welcherley ich vor
eine sonderbahre wohlthat erkenne/ und eben diese durch das geliebte schreiben gege-
bene nachricht/ als mir solche rechne/ davor ich seine Göttliche güte zu preisen habe.
Wie dann/ wo uns die ehre GOttes vornehmlich und vor allem/ wie es seyn solle/
angelegen ist/ uns nichts mehrers zu erfreuen vermag/ als wo wir dasjenige aller
orten zugeschehen sehen oder hören/ was dieselbe zu befördern diensam ist. Wie ich
nun die absonderliche zusammenkunfften/ und zwar da dieselbe sich auff eine zahl er-
strecken/ unter der auffsicht des ministerii, vor ein sehr nützliches mittel der erbau-
ung/ und also besserung der kirchen/ achte/ auch deswegen von zimlichen jahren der-
gleichen gehalten/ und durch den segen des HERREN einigen nutzen davon ver-
spüret habe/ so muß mich billich ergötzen/ da ich höre/ daß an mehrern orten einige
dergleichen gelegenheiten des guten gemacht werden: nicht zwar als über eine

sache

Das ſechſte Capitel.
die truͤbſalen das gute gelaͤutert werden wird. Wie ja ohne das die in den euſſer-
lichen betruͤbteſte zeiten der Chriſtlichen kirche in den jenigen daran ihr am aller-
meiſten gelegen/ auch am meiſten genutzet haben. Nun laſſet uns zu dem HEr-
ren unauffhoͤrlich ruffen/ daß er ſich ſelbs ſeiner elenden ſchaffe annehme/ ja daß er
ſein Zion wider baue/ der getroſten zuverſicht der HERR wird uns nicht vergeb-
lich ruffen laſſen/ ſondern gewiß ſein ohr zu uns neigen/ und weiſen/ daß er der
auſſerwehlten braut ſeines einigen Sohns nicht vergeſſen habe. Was derſelbe
auch zuletzt bemercket/ daß wir den HERREN zu bitten/ daß er uns vor ſchein-
heiligen bewahren wolle/ iſt eine ja wohl noͤtige ſache: Dann freylich wo der teuf-
fel auff der lincken ſeiten nichts auszurichten hoffet/ wendet er ſich auff die rechte/ und
mag daſelbs eben ſo viel ſchaden. Alſo wolle er uns ſo wohl ſelbs den Geiſt der pruͤ-
fung geben/ in uns was falſcher ſchein von dem fleiſch oder Goͤttlicher tugend ſeye/
genau zu unterſcheiden/ daß wir uns nicht betruͤgen; als auch die augen oͤffnen/
am andern mit denen wirs zu thun haben/ gleicher maſſen alles ohne betrug zu un-
terſcheiden/ und darinnen jeglichen zubegegnen/ wie es noͤthig und nuͤtzlich iſt. 1682.
26. Apr.

SECTIO VII.

Wegen des zu Eßen in Weſtphalen angeſtelten
Collegii pietatis.

MJt was vor freuden ich deſſen geſegnetes empfangen habe/ kan ich nicht
wohl mit worten dieſes orts ausdrucken/ und bleibe deswegen zum hoͤch-
ſten deſſen gegen mich tragender liebe verbunden. Vornehmlich aber ſa-
ge danck dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles troſts/ der unter zimlicher
laſt und verdrißlichkeit meines amts mir dieſe gnade mehrmahl erzeiget/ mit guten
bottſchafften hin und her erfreuet und auffgemuntert zu werden/ welcherley ich vor
eine ſonderbahre wohlthat erkenne/ und eben dieſe duꝛch das geliebte ſchreiben gege-
bene nachricht/ als mir ſolche rechne/ davor ich ſeine Goͤttliche guͤte zu preiſen habe.
Wie dann/ wo uns die ehre GOttes vornehmlich und vor allem/ wie es ſeyn ſolle/
angelegen iſt/ uns nichts mehrers zu erfreuen vermag/ als wo wir dasjenige aller
orten zugeſchehen ſehen oder hoͤren/ was dieſelbe zu befoͤrdern dienſam iſt. Wie ich
nun die abſonderliche zuſammenkunfften/ und zwar da dieſelbe ſich auff eine zahl er-
ſtrecken/ unter der auffſicht des miniſterii, vor ein ſehr nuͤtzliches mittel der erbau-
ung/ und alſo beſſerung der kirchen/ achte/ auch deswegen von zimlichen jahren deꝛ-
gleichen gehalten/ und durch den ſegen des HERREN einigen nutzen davon ver-
ſpuͤret habe/ ſo muß mich billich ergoͤtzen/ da ich hoͤre/ daß an mehrern orten einige
dergleichen gelegenheiten des guten gemacht werden: nicht zwar als uͤber eine

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[542/0560] Das ſechſte Capitel. die truͤbſalen das gute gelaͤutert werden wird. Wie ja ohne das die in den euſſer- lichen betruͤbteſte zeiten der Chriſtlichen kirche in den jenigen daran ihr am aller- meiſten gelegen/ auch am meiſten genutzet haben. Nun laſſet uns zu dem HEr- ren unauffhoͤrlich ruffen/ daß er ſich ſelbs ſeiner elenden ſchaffe annehme/ ja daß er ſein Zion wider baue/ der getroſten zuverſicht der HERR wird uns nicht vergeb- lich ruffen laſſen/ ſondern gewiß ſein ohr zu uns neigen/ und weiſen/ daß er der auſſerwehlten braut ſeines einigen Sohns nicht vergeſſen habe. Was derſelbe auch zuletzt bemercket/ daß wir den HERREN zu bitten/ daß er uns vor ſchein- heiligen bewahren wolle/ iſt eine ja wohl noͤtige ſache: Dann freylich wo der teuf- fel auff der lincken ſeiten nichts auszurichten hoffet/ wendet er ſich auff die rechte/ und mag daſelbs eben ſo viel ſchaden. Alſo wolle er uns ſo wohl ſelbs den Geiſt der pruͤ- fung geben/ in uns was falſcher ſchein von dem fleiſch oder Goͤttlicher tugend ſeye/ genau zu unterſcheiden/ daß wir uns nicht betruͤgen; als auch die augen oͤffnen/ am andern mit denen wirs zu thun haben/ gleicher maſſen alles ohne betrug zu un- terſcheiden/ und darinnen jeglichen zubegegnen/ wie es noͤthig und nuͤtzlich iſt. 1682. 26. Apr. SECTIO VII. Wegen des zu Eßen in Weſtphalen angeſtelten Collegii pietatis. MJt was vor freuden ich deſſen geſegnetes empfangen habe/ kan ich nicht wohl mit worten dieſes orts ausdrucken/ und bleibe deswegen zum hoͤch- ſten deſſen gegen mich tragender liebe verbunden. Vornehmlich aber ſa- ge danck dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles troſts/ der unter zimlicher laſt und verdrißlichkeit meines amts mir dieſe gnade mehrmahl erzeiget/ mit guten bottſchafften hin und her erfreuet und auffgemuntert zu werden/ welcherley ich vor eine ſonderbahre wohlthat erkenne/ und eben dieſe duꝛch das geliebte ſchreiben gege- bene nachricht/ als mir ſolche rechne/ davor ich ſeine Goͤttliche guͤte zu preiſen habe. Wie dann/ wo uns die ehre GOttes vornehmlich und vor allem/ wie es ſeyn ſolle/ angelegen iſt/ uns nichts mehrers zu erfreuen vermag/ als wo wir dasjenige aller orten zugeſchehen ſehen oder hoͤren/ was dieſelbe zu befoͤrdern dienſam iſt. Wie ich nun die abſonderliche zuſammenkunfften/ und zwar da dieſelbe ſich auff eine zahl er- ſtrecken/ unter der auffſicht des miniſterii, vor ein ſehr nuͤtzliches mittel der erbau- ung/ und alſo beſſerung der kirchen/ achte/ auch deswegen von zimlichen jahren deꝛ- gleichen gehalten/ und durch den ſegen des HERREN einigen nutzen davon ver- ſpuͤret habe/ ſo muß mich billich ergoͤtzen/ da ich hoͤre/ daß an mehrern orten einige dergleichen gelegenheiten des guten gemacht werden: nicht zwar als uͤber eine ſache

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/560>, abgerufen am 22.11.2024.