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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
werden mag/ darüber annehmen. Solte aber dieses die wahre meinung seyn/ wie die wort an
sich selbs mit sich bringen/ wüßte ich nicht/ wie ich solches vertheidigen solte/ und bin versichert/
daß unsre Christliche alte Theologi gar anders von der sache gehalten hätten. Jch habe ander-
wertlich (Allgem. Gottesgelehrth. q. 5. p. 185. u. f.) aus unsern vornehmsten lehrern hoffentlich
mit unwiedersprechlichen gründen und zeugnüssen dargethan/ daß die wahre Theologia nicht al-
lein in einer natürlichen und durch menschlichen fleiß zu wegen gebrachten wissenschafft bestehe/
sondern daß nothwendig die göttliche erleuchtung auch dazu erfordert werde/ und also bey keinem
menschen/ der nicht auch von hertzen gottsfürchtig seye/ und zu einer tüchtigen werckstatt des Heil.
Geistes sich bereiten lasse/ gefunden werden möge. Daher wo Christliche professores rechtschaf-
fene Theologos durch ihre anweisung in göttlichem segen machen sollen/ mag zu solchem zweck
noch nicht gnug seyn/ daß sie gelehrte leute machen/ denn solche sind deßwegen noch nicht wahre
Theologi, sondern sie müssen auch dazu mit das ihrige beytragen/ daß sie fromm/ und also tüchti-
ge officinae werden/ in welchen der H. Geist würcke/ und ihre übrige arbeit an ihnen zur rechtschaf-
fenen und lebendigen Theologie segne. Wie daher derjenigen Theologorum gedächtnüß stäts
am meisten in dem segen geblieben/ und das meiste kräfftige ausgerichtet haben wird/ welche ihre
meiste lectiones allezeit dahin gerichtet haben/ daß auch nicht nur bey allen glaubens-articuln o-
der auch abhandlung der schrifftstellen/ wie iede wahrheit des glaubens auch ihre lebens-pflicht
nach sich ziehe/ gemeldet/ sondern auch so offt sichs thun liesse/ bewegliche paraeneses von ihnen un-
termischet worden sind/ und Christliche lehrer noch leben werden/ die ihren praeceptoribus nicht
geringern danck/ daß sie sie fromm als gelehrt gemacht haben/ diese stunde vor GOtt sagen/ und
sich ihnen ewig davor verbunden erkennen. Daher ich hoffe/ es werden auch E. Churfl. Durchl.
Universitäten sichs nicht nachsagen wollen lassen/ daß man nur so zu reden zur helffte Theologos
daselbs durch die instructionem Theologicam machen/ die übrige helffte/ von dero doch die ande-
re alle ihre vornehmste krafft herhaben muß/ dem ministerio allein überlassen wolte/ wie sichs auch
nicht verantworten liesse.

3. Weilen aus den acten erhellet/ daß eine differenz von guter zeit zwischen den beiden der Theo-
logischen und Philosophischen Facultäten obschwebet/ und der mißverstand wegen des rechts der
collegiorum ziemlichen theils aus derselben entstanden ist/ so würde fast nötig seyn/ daß E. Churf.
Durchl. förderlichst dieselbe gegen einander gnugsam zu hören/ und alsdenn ein solches decisum zu
geben gnädigst geruhen wolten/ wie sie am besten und füglichsten sich mit einander wol verstehen/
und beiderseits zu dem gemeinen zweck der auffnahm der studien neben einander arbeiten könten:
so viel mehr nach dem in dem Philosophischen collegio gemeiniglich eine gute zahl der Professo-
rum
zugleich auch Licentiati oder Doctores Theologiae, hingegen gemeiniglich unter den Profes-
soribus Theologiae
einige mit pastoralen beladen sind/ welche sie bey den verrichtungen der pro-
fession
nicht allein lassen/ daher der gemeinen wolfahrt der Universität und der studirenden ju-
gend bestem gemässe ist/ wo ihrer mehrere/ doch gleichwol mit freundlichem vernehmen unter ein-
ander/ an dem sich so weit erstreckenden studio Theologico arbeiten/ als da die gesamte theologi-
sche/ oder auch gar die Theologie nur etzlicher massen berührende/ materien bloß auff etzliche we-
nige männer restringiret werden. Sonderlich ist die Vol. Act. f. 16. b. angeführte Churfl.
verordnung wol in acht zu nehmen/ dadurch ohne zweiffel aus angezogner ursach und wegen meh-
reren nutzes der studirenden jugend verordnet worden/ daß von den materiis philologicis den
Professoribus lingvarum und Magistris philosophiae zu disputiren zugelassen werden solte/ doch
daß solches von einem professore, der von Fac. Theologica dependiret/ moderiret würde. So
ist auch der unter beyden collegiis nachmal gemachte vergleich sehr fein/ und meritirte eine solche
confirmation, daß er zu künfftiger regel diente. Daß aber die bißher den baccalaureis Theolo-
giae,
und andern/ so sich dazu durch eine disputation habilitiren/ durch die hohe verordnung ge-
gebne erlaubnüß mehr ins künfftige zu restringiren solte seyn/ finde ich keine/ sondern vielmehr es
dabey zu lassen/ rechtmäßige ursache.

4. Nach

Das ſechſte Capitel.
werden mag/ daruͤber annehmen. Solte aber dieſes die wahre meinung ſeyn/ wie die wort an
ſich ſelbs mit ſich bringen/ wuͤßte ich nicht/ wie ich ſolches vertheidigen ſolte/ und bin verſichert/
daß unſre Chriſtliche alte Theologi gar anders von der ſache gehalten haͤtten. Jch habe ander-
wertlich (Allgem. Gottesgelehrth. q. 5. p. 185. u. f.) aus unſern vornehmſten lehrern hoffentlich
mit unwiederſprechlichen gruͤnden und zeugnuͤſſen dargethan/ daß die wahre Theologia nicht al-
lein in einer natuͤrlichen und durch menſchlichen fleiß zu wegen gebrachten wiſſenſchafft beſtehe/
ſondern daß nothwendig die goͤttliche erleuchtung auch dazu erfordert werde/ und alſo bey keinem
menſchen/ der nicht auch von hertzen gottsfuͤrchtig ſeye/ und zu einer tuͤchtigen werckſtatt des Heil.
Geiſtes ſich bereiten laſſe/ gefunden werden moͤge. Daher wo Chriſtliche profeſſores rechtſchaf-
fene Theologos durch ihre anweiſung in goͤttlichem ſegen machen ſollen/ mag zu ſolchem zweck
noch nicht gnug ſeyn/ daß ſie gelehrte leute machen/ denn ſolche ſind deßwegen noch nicht wahre
Theologi, ſondern ſie muͤſſen auch dazu mit das ihrige beytragen/ daß ſie fromm/ und alſo tuͤchti-
ge officinæ werden/ in welchen der H. Geiſt wuͤrcke/ und ihre uͤbrige arbeit an ihnen zur rechtſchaf-
fenen und lebendigen Theologie ſegne. Wie daher derjenigen Theologorum gedaͤchtnuͤß ſtaͤts
am meiſten in dem ſegen geblieben/ und das meiſte kraͤfftige ausgerichtet haben wird/ welche ihre
meiſte lectiones allezeit dahin gerichtet haben/ daß auch nicht nur bey allen glaubens-articuln o-
der auch abhandlung der ſchrifftſtellen/ wie iede wahrheit des glaubens auch ihre lebens-pflicht
nach ſich ziehe/ gemeldet/ ſondern auch ſo offt ſichs thun lieſſe/ bewegliche paræneſes von ihnen un-
termiſchet worden ſind/ und Chriſtliche lehrer noch leben werden/ die ihren præceptoribus nicht
geringern danck/ daß ſie ſie fromm als gelehrt gemacht haben/ dieſe ſtunde vor GOtt ſagen/ und
ſich ihnen ewig davor verbunden erkennen. Daher ich hoffe/ es werden auch E. Churfl. Durchl.
Univerſitaͤten ſichs nicht nachſagen wollen laſſen/ daß man nur ſo zu reden zur helffte Theologos
daſelbs durch die inſtructionem Theologicam machen/ die uͤbrige helffte/ von dero doch die ande-
re alle ihre vornehmſte krafft herhaben muß/ dem miniſterio allein uͤberlaſſen wolte/ wie ſichs auch
nicht verantworten lieſſe.

3. Weilen aus den acten erhellet/ daß eine differenz von guter zeit zwiſchen den beiden der Theo-
logiſchen und Philoſophiſchen Facultaͤten obſchwebet/ und der mißverſtand wegen des rechts der
collegiorum ziemlichen theils aus derſelben entſtanden iſt/ ſo wuͤrde faſt noͤtig ſeyn/ daß E. Churf.
Durchl. foͤrderlichſt dieſelbe gegen einander gnugſam zu hoͤren/ und alsdenn ein ſolches deciſum zu
geben gnaͤdigſt geruhen wolten/ wie ſie am beſten und fuͤglichſten ſich mit einander wol verſtehen/
und beiderſeits zu dem gemeinen zweck der auffnahm der ſtudien neben einander arbeiten koͤnten:
ſo viel mehr nach dem in dem Philoſophiſchen collegio gemeiniglich eine gute zahl der Profeſſo-
rum
zugleich auch Licentiati oder Doctores Theologiæ, hingegen gemeiniglich unter den Profeſ-
ſoribus Theologiæ
einige mit paſtoralen beladen ſind/ welche ſie bey den verrichtungen der pro-
fesſion
nicht allein laſſen/ daher der gemeinen wolfahrt der Univerſitaͤt und der ſtudirenden ju-
gend beſtem gemaͤſſe iſt/ wo ihrer mehrere/ doch gleichwol mit freundlichem vernehmen unter ein-
ander/ an dem ſich ſo weit erſtreckenden ſtudio Theologico arbeiten/ als da die geſamte theologi-
ſche/ oder auch gar die Theologie nur etzlicher maſſen beruͤhrende/ materien bloß auff etzliche we-
nige maͤnner reſtringiret werden. Sonderlich iſt die Vol. Act. ☾ f. 16. b. angefuͤhrte Churfl.
verordnung wol in acht zu nehmen/ dadurch ohne zweiffel aus angezogner urſach und wegen meh-
reren nutzes der ſtudirenden jugend verordnet worden/ daß von den materiis philologicis den
Profeſſoribus lingvarum und Magiſtris philoſophiæ zu diſputiren zugelaſſen werden ſolte/ doch
daß ſolches von einem profeſſore, der von Fac. Theologica dependiret/ moderiret wuͤrde. So
iſt auch der unter beyden collegiis nachmal gemachte vergleich ſehr fein/ und meritirte eine ſolche
confirmation, daß er zu kuͤnfftiger regel diente. Daß aber die bißher den baccalaureis Theolo-
giæ,
und andern/ ſo ſich dazu durch eine diſputation habilitiren/ durch die hohe verordnung ge-
gebne erlaubnuͤß mehr ins kuͤnfftige zu reſtringiren ſolte ſeyn/ finde ich keine/ ſondern vielmehr es
dabey zu laſſen/ rechtmaͤßige urſache.

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[800/0818] Das ſechſte Capitel. werden mag/ daruͤber annehmen. Solte aber dieſes die wahre meinung ſeyn/ wie die wort an ſich ſelbs mit ſich bringen/ wuͤßte ich nicht/ wie ich ſolches vertheidigen ſolte/ und bin verſichert/ daß unſre Chriſtliche alte Theologi gar anders von der ſache gehalten haͤtten. Jch habe ander- wertlich (Allgem. Gottesgelehrth. q. 5. p. 185. u. f.) aus unſern vornehmſten lehrern hoffentlich mit unwiederſprechlichen gruͤnden und zeugnuͤſſen dargethan/ daß die wahre Theologia nicht al- lein in einer natuͤrlichen und durch menſchlichen fleiß zu wegen gebrachten wiſſenſchafft beſtehe/ ſondern daß nothwendig die goͤttliche erleuchtung auch dazu erfordert werde/ und alſo bey keinem menſchen/ der nicht auch von hertzen gottsfuͤrchtig ſeye/ und zu einer tuͤchtigen werckſtatt des Heil. Geiſtes ſich bereiten laſſe/ gefunden werden moͤge. Daher wo Chriſtliche profeſſores rechtſchaf- fene Theologos durch ihre anweiſung in goͤttlichem ſegen machen ſollen/ mag zu ſolchem zweck noch nicht gnug ſeyn/ daß ſie gelehrte leute machen/ denn ſolche ſind deßwegen noch nicht wahre Theologi, ſondern ſie muͤſſen auch dazu mit das ihrige beytragen/ daß ſie fromm/ und alſo tuͤchti- ge officinæ werden/ in welchen der H. Geiſt wuͤrcke/ und ihre uͤbrige arbeit an ihnen zur rechtſchaf- fenen und lebendigen Theologie ſegne. Wie daher derjenigen Theologorum gedaͤchtnuͤß ſtaͤts am meiſten in dem ſegen geblieben/ und das meiſte kraͤfftige ausgerichtet haben wird/ welche ihre meiſte lectiones allezeit dahin gerichtet haben/ daß auch nicht nur bey allen glaubens-articuln o- der auch abhandlung der ſchrifftſtellen/ wie iede wahrheit des glaubens auch ihre lebens-pflicht nach ſich ziehe/ gemeldet/ ſondern auch ſo offt ſichs thun lieſſe/ bewegliche paræneſes von ihnen un- termiſchet worden ſind/ und Chriſtliche lehrer noch leben werden/ die ihren præceptoribus nicht geringern danck/ daß ſie ſie fromm als gelehrt gemacht haben/ dieſe ſtunde vor GOtt ſagen/ und ſich ihnen ewig davor verbunden erkennen. Daher ich hoffe/ es werden auch E. Churfl. Durchl. Univerſitaͤten ſichs nicht nachſagen wollen laſſen/ daß man nur ſo zu reden zur helffte Theologos daſelbs durch die inſtructionem Theologicam machen/ die uͤbrige helffte/ von dero doch die ande- re alle ihre vornehmſte krafft herhaben muß/ dem miniſterio allein uͤberlaſſen wolte/ wie ſichs auch nicht verantworten lieſſe. 3. Weilen aus den acten erhellet/ daß eine differenz von guter zeit zwiſchen den beiden der Theo- logiſchen und Philoſophiſchen Facultaͤten obſchwebet/ und der mißverſtand wegen des rechts der collegiorum ziemlichen theils aus derſelben entſtanden iſt/ ſo wuͤrde faſt noͤtig ſeyn/ daß E. Churf. Durchl. foͤrderlichſt dieſelbe gegen einander gnugſam zu hoͤren/ und alsdenn ein ſolches deciſum zu geben gnaͤdigſt geruhen wolten/ wie ſie am beſten und fuͤglichſten ſich mit einander wol verſtehen/ und beiderſeits zu dem gemeinen zweck der auffnahm der ſtudien neben einander arbeiten koͤnten: ſo viel mehr nach dem in dem Philoſophiſchen collegio gemeiniglich eine gute zahl der Profeſſo- rum zugleich auch Licentiati oder Doctores Theologiæ, hingegen gemeiniglich unter den Profeſ- ſoribus Theologiæ einige mit paſtoralen beladen ſind/ welche ſie bey den verrichtungen der pro- fesſion nicht allein laſſen/ daher der gemeinen wolfahrt der Univerſitaͤt und der ſtudirenden ju- gend beſtem gemaͤſſe iſt/ wo ihrer mehrere/ doch gleichwol mit freundlichem vernehmen unter ein- ander/ an dem ſich ſo weit erſtreckenden ſtudio Theologico arbeiten/ als da die geſamte theologi- ſche/ oder auch gar die Theologie nur etzlicher maſſen beruͤhrende/ materien bloß auff etzliche we- nige maͤnner reſtringiret werden. Sonderlich iſt die Vol. Act. ☾ f. 16. b. angefuͤhrte Churfl. verordnung wol in acht zu nehmen/ dadurch ohne zweiffel aus angezogner urſach und wegen meh- reren nutzes der ſtudirenden jugend verordnet worden/ daß von den materiis philologicis den Profeſſoribus lingvarum und Magiſtris philoſophiæ zu diſputiren zugelaſſen werden ſolte/ doch daß ſolches von einem profeſſore, der von Fac. Theologica dependiret/ moderiret wuͤrde. So iſt auch der unter beyden collegiis nachmal gemachte vergleich ſehr fein/ und meritirte eine ſolche confirmation, daß er zu kuͤnfftiger regel diente. Daß aber die bißher den baccalaureis Theolo- giæ, und andern/ ſo ſich dazu durch eine diſputation habilitiren/ durch die hohe verordnung ge- gebne erlaubnuͤß mehr ins kuͤnfftige zu reſtringiren ſolte ſeyn/ finde ich keine/ ſondern vielmehr es dabey zu laſſen/ rechtmaͤßige urſache. 4. Nach

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 800. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/818>, abgerufen am 22.11.2024.