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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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nen zur regel nicht gnug seye/ lieber auch ihr
leben darüber lassen/ als von der ihnen ge-
offenbahrten Göttlichen wahrheit abwei-
chen; wie dann darüber die Apostel und al-
le märtyrer ihr blut vergossen/ und dabey
von der welt den nahmen eigensinniger und
hartnäckiger leut davon getragen haben/
da es doch die krafft GOttes in ihnen war.
Das jenige aber heisset eigensinn/ wo ich
auf meiner meynung oder entschluß behar-
re/ dessen ich keinen gnugsamen grund aus
GOttes Worthabe/ und mir von andern
ein bessers gezeiget/ oder auch mein began-
gener fehler gewiesen wird/ aber entweder
die gute meynung/ die ich von mir selbs ha-
be/ mich abhält/ daß ich anderer erinnerung
von einiger wichtigkeit zu seyn nicht glauben
kan/ oder der hochmuth/ daß ich das ansehen
geirret zu haben/ auff mich nicht kommen
lassen will/ mir im wege stehet/ underer rath
oder bestraffung anzunehmen: als welches
gewiß der rechte eigen-sinn und fleischliche
unart ist/ ob sie sich wol offt mit dem man-
tel einer löblichen beständigkeit bedecken
will. Daß aber auch einer bey sich selbs
den unterscheid finde/ dienet dazu/ daß er
wo er von jemand über etwas erinnert/ und

be-

nen zur regel nicht gnug ſeye/ lieber auch ihr
leben darüber laſſen/ als von der ihnen ge-
offenbahrten Goͤttlichen wahrheit abwei-
chen; wie dann darüber die Apoſtel und al-
le märtyrer ihr blut vergoſſen/ und dabey
von der welt den nahmen eigenſinniger und
hartnaͤckiger leut davon getragen haben/
da es doch die krafft GOttes in ihnen war.
Das jenige aber heiſſet eigenſinn/ wo ich
auf meiner meynung oder entſchluß behar-
re/ deſſen ich keinen gnugſamen grund aus
GOttes Worthabe/ und mir von andern
ein beſſers gezeiget/ oder auch mein began-
gener fehler gewieſen wird/ aber entweder
die gute meynung/ die ich von mir ſelbs ha-
be/ mich abhaͤlt/ daß ich anderer erinnerung
von einigeꝛ wichtigkeit zu ſeyn nicht glauben
kan/ oder der hochmuth/ daß ich das anſehen
geirret zu haben/ auff mich nicht kommen
laſſen will/ mir im wege ſtehet/ underer rath
oder beſtraffung anzunehmen: als welches
gewiß der rechte eigen-ſinn und fleiſchliche
unart iſt/ ob ſie ſich wol offt mit dem man-
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[257/0319] nen zur regel nicht gnug ſeye/ lieber auch ihr leben darüber laſſen/ als von der ihnen ge- offenbahrten Goͤttlichen wahrheit abwei- chen; wie dann darüber die Apoſtel und al- le märtyrer ihr blut vergoſſen/ und dabey von der welt den nahmen eigenſinniger und hartnaͤckiger leut davon getragen haben/ da es doch die krafft GOttes in ihnen war. Das jenige aber heiſſet eigenſinn/ wo ich auf meiner meynung oder entſchluß behar- re/ deſſen ich keinen gnugſamen grund aus GOttes Worthabe/ und mir von andern ein beſſers gezeiget/ oder auch mein began- gener fehler gewieſen wird/ aber entweder die gute meynung/ die ich von mir ſelbs ha- be/ mich abhaͤlt/ daß ich anderer erinnerung von einigeꝛ wichtigkeit zu ſeyn nicht glauben kan/ oder der hochmuth/ daß ich das anſehen geirret zu haben/ auff mich nicht kommen laſſen will/ mir im wege ſtehet/ underer rath oder beſtraffung anzunehmen: als welches gewiß der rechte eigen-ſinn und fleiſchliche unart iſt/ ob ſie ſich wol offt mit dem man- tel einer loͤblichen beſtändigkeit bedecken will. Daß aber auch einer bey ſich ſelbs den unterſcheid finde/ dienet dazu/ daß er wo er von jemand über etwas erinnert/ und be-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/319>, abgerufen am 02.06.2024.