aufgesetzt, ohne sich weiter um die langen Bänder zu kümmern, von denen das eine über den Busen, das andere über den Rücken lief, und sagte lächelnd, wäh¬ rend Oswald im Aufstehen das Buch ergriffen und nach dem Titel gesehen hatte:
"Für Sie spricht auch wohl jedes Ding seine Sprache ?"
"So ziemlich. Dies Buch zum Beispiel sagt mir: Frau von Berkow könnte mich auch ungelesen lassen, da es so viel bessere Bücher zu lesen giebt."
"Ja, du lieber Himmel, wir auf dem Lande lesen, was uns die Leihbibliothekare und die Buchhändler zu schicken belieben. Aber, was haben Sie gegen diese
"Erstens ärgert es mich, daß ich auf das Buch stoße, wo ich gehe und stehe. In Grünwald lag es auf jedem Tisch; kaum war ich zwei Tage in Gren¬ witz, verfolgte es mich auch dahin, und nun muß ich es auch noch gar bei Ihnen finden. Ich habe es nicht bis über den zweiten Band hinaus bringen kön¬ nen, und Sie sind zu meinem Erstaunen schon im vierten. Wie können Sie sich für diesen Chourineur, diesen Maitre d'ecole, diese Chouette, und wie das Gesindel sonst noch heißt, interessiren? Wahrlich, doch kaum so viel, wie für Bestien in der Menagerie. Denn diese sind doch wenigstens Gottes Geschöpfe,
aufgeſetzt, ohne ſich weiter um die langen Bänder zu kümmern, von denen das eine über den Buſen, das andere über den Rücken lief, und ſagte lächelnd, wäh¬ rend Oswald im Aufſtehen das Buch ergriffen und nach dem Titel geſehen hatte:
„Für Sie ſpricht auch wohl jedes Ding ſeine Sprache ?“
„So ziemlich. Dies Buch zum Beiſpiel ſagt mir: Frau von Berkow könnte mich auch ungeleſen laſſen, da es ſo viel beſſere Bücher zu leſen giebt.“
„Ja, du lieber Himmel, wir auf dem Lande leſen, was uns die Leihbibliothekare und die Buchhändler zu ſchicken belieben. Aber, was haben Sie gegen dieſe
„Erſtens ärgert es mich, daß ich auf das Buch ſtoße, wo ich gehe und ſtehe. In Grünwald lag es auf jedem Tiſch; kaum war ich zwei Tage in Gren¬ witz, verfolgte es mich auch dahin, und nun muß ich es auch noch gar bei Ihnen finden. Ich habe es nicht bis über den zweiten Band hinaus bringen kön¬ nen, und Sie ſind zu meinem Erſtaunen ſchon im vierten. Wie können Sie ſich für dieſen Chourineur, dieſen Maitre d'école, dieſe Chouette, und wie das Geſindel ſonſt noch heißt, intereſſiren? Wahrlich, doch kaum ſo viel, wie für Beſtien in der Menagerie. Denn dieſe ſind doch wenigſtens Gottes Geſchöpfe,
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aufgeſetzt, ohne ſich weiter um die langen Bänder zu
kümmern, von denen das eine über den Buſen, das
andere über den Rücken lief, und ſagte lächelnd, wäh¬
rend Oswald im Aufſtehen das Buch ergriffen und
nach dem Titel geſehen hatte:
„Für Sie ſpricht auch wohl jedes Ding ſeine Sprache ?“
„So ziemlich. Dies Buch zum Beiſpiel ſagt mir:
Frau von Berkow könnte mich auch ungeleſen laſſen,
da es ſo viel beſſere Bücher zu leſen giebt.“
„Ja, du lieber Himmel, wir auf dem Lande leſen,
was uns die Leihbibliothekare und die Buchhändler zu
ſchicken belieben. Aber, was haben Sie gegen dieſe
„Erſtens ärgert es mich, daß ich auf das Buch
ſtoße, wo ich gehe und ſtehe. In Grünwald lag es
auf jedem Tiſch; kaum war ich zwei Tage in Gren¬
witz, verfolgte es mich auch dahin, und nun muß ich
es auch noch gar bei Ihnen finden. Ich habe es
nicht bis über den zweiten Band hinaus bringen kön¬
nen, und Sie ſind zu meinem Erſtaunen ſchon im
vierten. Wie können Sie ſich für dieſen Chourineur,
dieſen Maitre d'école, dieſe Chouette, und wie das
Geſindel ſonſt noch heißt, intereſſiren? Wahrlich, doch
kaum ſo viel, wie für Beſtien in der Menagerie.
Denn dieſe ſind doch wenigſtens Gottes Geſchöpfe,
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/170>, abgerufen am 16.07.2024.
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