Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.durchrieselte ihn; es war ihm, als hätte er den Saum Die Zeit, in der Oswald seine Unterrichtsstunden Da klopfte es leise an die Thür und herein trat "Sie könnten uns (er sagte niemals: ich, da er "Ich vermuthe, Herr Baron, daß es sich um die "Ja, ja. Sie wissen, daß Grenwitz und Stantow 14*
durchrieſelte ihn; es war ihm, als hätte er den Saum Die Zeit, in der Oswald ſeine Unterrichtsſtunden Da klopfte es leiſe an die Thür und herein trat „Sie könnten uns (er ſagte niemals: ich, da er „Ich vermuthe, Herr Baron, daß es ſich um die „Ja, ja. Sie wiſſen, daß Grenwitz und Stantow 14*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="211"/> durchrieſelte ihn; es war ihm, als hätte er den Saum<lb/> ihres Gewandes berührt. — In der Liebe, wie in<lb/> der Religion, iſt Alles myſtiſch. Warum erquickt es<lb/> den Gläubigen, wenn er beim Gebet das Antlitz nach<lb/> Oſten wendet? warum iſt es ein Troſt für den Lie¬<lb/> benden, nur mit der Hand nach der Gegend zu deuten,<lb/> wo die Geliebte wohnt?</p><lb/> <p>Die Zeit, in der Oswald ſeine Unterrichtsſtunden<lb/> zu beginnen pflegte, war herbeigekommen; er ging in<lb/> ſein Zimmer; er fand die Knaben nicht, die gegen die<lb/> Gewohnheit noch unten beim Frühſtück waren. Sein<lb/> eigenes Frühſtück ſtand auf dem Tiſche.</p><lb/> <p>Da klopfte es leiſe an die Thür und herein trat<lb/> der alte Baron, mit einem Bündel Papiere in der<lb/> Hand. Nach den erſten Begrüßungen und nachdem er<lb/> ſich wegen ſeines ungewöhnlichen Beſuches (es war in<lb/> der That das erſte Mal) <choice><sic>eutſchuldigt</sic><corr>entſchuldigt</corr></choice> hatte, ſprach er:</p><lb/> <p>„Sie könnten uns (er ſagte niemals: ich, da er<lb/> ſich ohne ſeine Gemahlin nicht denken konnte) einen<lb/> rechten Gefallen erweiſen, Herr Doctor.“</p><lb/> <p>„Ich vermuthe, Herr Baron, daß es ſich um die<lb/> Papiere handelt, die Sie dort in der Hand haben.“</p><lb/> <p>„Ja, ja. Sie wiſſen, daß Grenwitz und Stantow<lb/> zu Martini aus der Pacht kommen. Nun möchten wir<lb/> gern, daß die Güter neu vermeſſen würden, da die<lb/> <fw place="bottom" type="sig">14*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [211/0221]
durchrieſelte ihn; es war ihm, als hätte er den Saum
ihres Gewandes berührt. — In der Liebe, wie in
der Religion, iſt Alles myſtiſch. Warum erquickt es
den Gläubigen, wenn er beim Gebet das Antlitz nach
Oſten wendet? warum iſt es ein Troſt für den Lie¬
benden, nur mit der Hand nach der Gegend zu deuten,
wo die Geliebte wohnt?
Die Zeit, in der Oswald ſeine Unterrichtsſtunden
zu beginnen pflegte, war herbeigekommen; er ging in
ſein Zimmer; er fand die Knaben nicht, die gegen die
Gewohnheit noch unten beim Frühſtück waren. Sein
eigenes Frühſtück ſtand auf dem Tiſche.
Da klopfte es leiſe an die Thür und herein trat
der alte Baron, mit einem Bündel Papiere in der
Hand. Nach den erſten Begrüßungen und nachdem er
ſich wegen ſeines ungewöhnlichen Beſuches (es war in
der That das erſte Mal) entſchuldigt hatte, ſprach er:
„Sie könnten uns (er ſagte niemals: ich, da er
ſich ohne ſeine Gemahlin nicht denken konnte) einen
rechten Gefallen erweiſen, Herr Doctor.“
„Ich vermuthe, Herr Baron, daß es ſich um die
Papiere handelt, die Sie dort in der Hand haben.“
„Ja, ja. Sie wiſſen, daß Grenwitz und Stantow
zu Martini aus der Pacht kommen. Nun möchten wir
gern, daß die Güter neu vermeſſen würden, da die
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