Baronin, sich in ihrem Stuhl in die Höhe richtend, und die Augenbrauen zusammenziehend; "o, ich denke sie wird wollen; ich denke, sie wird nicht vergeblich gelernt haben, daß ein Kind den Eltern Gehorsam schuldig ist."
"Aber, wenn sie den Felix nun nicht lieben kann?" sagte der alte Mann bekümmert.
"Aber, Grenwitz! ich begreife Dich nicht;" erwie¬ derte die Baronin; "diese Heirath ist seit langer Zeit unser liebster Wunsch gewesen. Helene hat die paar tausend Thaler, die wir bis jetzt zurückgelegt haben und die Ersparnisse, die wir in den kommenden Jahren etwa noch machen können, abgerechnet, kein Vermögen; denn Stantow und Bärwalde gehören vorläufig noch nicht uns, sondern, Dank der Freigebigkeit des freige¬ bigen Barons Harald -- jedem beliebigen Abenteurer, der unverschämt genug ist, mit ein paar gefälschten Zeugnissen in der Hand, die Güter für sich zu bean¬ spruchen. Felix' Güter sind allerdings sehr verschuldet, ich gebe es zu; aber er kann, wenn er nur will, und ich bin überzeugt, daß er jetzt zur Vernunft gekommen ist, sich mit unsrer Hülfe wieder herausreißen, und wenn Malte, was der Allgütige verhüten wolle! -- aber in solchen Dingen muß man an Alles, selbst das Aeußerste denken, und Malte's Gesundheit macht mir
Baronin, ſich in ihrem Stuhl in die Höhe richtend, und die Augenbrauen zuſammenziehend; „o, ich denke ſie wird wollen; ich denke, ſie wird nicht vergeblich gelernt haben, daß ein Kind den Eltern Gehorſam ſchuldig iſt.“
„Aber, wenn ſie den Felix nun nicht lieben kann?“ ſagte der alte Mann bekümmert.
„Aber, Grenwitz! ich begreife Dich nicht;“ erwie¬ derte die Baronin; „dieſe Heirath iſt ſeit langer Zeit unſer liebſter Wunſch geweſen. Helene hat die paar tauſend Thaler, die wir bis jetzt zurückgelegt haben und die Erſparniſſe, die wir in den kommenden Jahren etwa noch machen können, abgerechnet, kein Vermögen; denn Stantow und Bärwalde gehören vorläufig noch nicht uns, ſondern, Dank der Freigebigkeit des freige¬ bigen Barons Harald — jedem beliebigen Abenteurer, der unverſchämt genug iſt, mit ein paar gefälſchten Zeugniſſen in der Hand, die Güter für ſich zu bean¬ ſpruchen. Felix' Güter ſind allerdings ſehr verſchuldet, ich gebe es zu; aber er kann, wenn er nur will, und ich bin überzeugt, daß er jetzt zur Vernunft gekommen iſt, ſich mit unſrer Hülfe wieder herausreißen, und wenn Malte, was der Allgütige verhüten wolle! — aber in ſolchen Dingen muß man an Alles, ſelbſt das Aeußerſte denken, und Malte's Geſundheit macht mir
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Baronin, ſich in ihrem Stuhl in die Höhe richtend,
und die Augenbrauen zuſammenziehend; „o, ich denke
ſie wird wollen; ich denke, ſie wird nicht vergeblich
gelernt haben, daß ein Kind den Eltern Gehorſam
ſchuldig iſt.“
„Aber, wenn ſie den Felix nun nicht lieben kann?“
ſagte der alte Mann bekümmert.
„Aber, Grenwitz! ich begreife Dich nicht;“ erwie¬
derte die Baronin; „dieſe Heirath iſt ſeit langer Zeit
unſer liebſter Wunſch geweſen. Helene hat die paar
tauſend Thaler, die wir bis jetzt zurückgelegt haben
und die Erſparniſſe, die wir in den kommenden Jahren
etwa noch machen können, abgerechnet, kein Vermögen;
denn Stantow und Bärwalde gehören vorläufig noch
nicht uns, ſondern, Dank der Freigebigkeit des freige¬
bigen Barons Harald — jedem beliebigen Abenteurer,
der unverſchämt genug iſt, mit ein paar gefälſchten
Zeugniſſen in der Hand, die Güter für ſich zu bean¬
ſpruchen. Felix' Güter ſind allerdings ſehr verſchuldet,
ich gebe es zu; aber er kann, wenn er nur will, und
ich bin überzeugt, daß er jetzt zur Vernunft gekommen
iſt, ſich mit unſrer Hülfe wieder herausreißen, und
wenn Malte, was der Allgütige verhüten wolle! —
aber in ſolchen Dingen muß man an Alles, ſelbſt das
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/151>, abgerufen am 16.02.2025.
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