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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.

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kastisches, höhnisches Wesen, seinen Standesgenossen
gegenüber, deren Verehrung vor seinem altehrwür¬
digen Adel dadurch manchmal auf eine harte Probe
gestellt wurde -- dieser merkwürdige, ja in ihren
Augen geradezu unnatürliche Zug eignete sich nicht
zum Gegenstand der Unterhaltung mit einem Bürger¬
lichen. Sie begnügte sich also mit der vieldeutigen
Antwort:

"Der Baron hat über die meisten Dinge die son¬
derbarsten Ansichten von der Welt, so daß man manch¬
mal wirklich für seinen Verstand bange wird."

In diesem Augenblick kam ein Reiter im Galopp
aus einem Seitenwege heraus und parirte sein Pferd
vor dem vorbeifahrenden Wagen. Er war ein junger
Mann mit hübschem, braunem Gesicht, dem ein blon¬
der Schnurrbart sehr gut stand.

"Ah, gnädige Frau, Herr Baron -- freue mich
unendlich," rief er, den Hut ziehend und an den
Wagenschlag heranreitend -- "habe in[...] einer Ewig¬
keit nicht das Vergnügen gehabt --"

"Das kommt daher, mon cher," sagte die Baronin
mit holdestem Lächeln, "weil Sie sich seit einer Ewig¬
keit nicht bei uns auf Grenwitz sehen ließen."

"Ah, sehr gütig, gnä--ge Fra', sehr gütig; gnä--ge
Fra' hatten noch nicht die Gnade, mich mit dem Herrn

kaſtiſches, höhniſches Weſen, ſeinen Standesgenoſſen
gegenüber, deren Verehrung vor ſeinem altehrwür¬
digen Adel dadurch manchmal auf eine harte Probe
geſtellt wurde — dieſer merkwürdige, ja in ihren
Augen geradezu unnatürliche Zug eignete ſich nicht
zum Gegenſtand der Unterhaltung mit einem Bürger¬
lichen. Sie begnügte ſich alſo mit der vieldeutigen
Antwort:

„Der Baron hat über die meiſten Dinge die ſon¬
derbarſten Anſichten von der Welt, ſo daß man manch¬
mal wirklich für ſeinen Verſtand bange wird.“

In dieſem Augenblick kam ein Reiter im Galopp
aus einem Seitenwege heraus und parirte ſein Pferd
vor dem vorbeifahrenden Wagen. Er war ein junger
Mann mit hübſchem, braunem Geſicht, dem ein blon¬
der Schnurrbart ſehr gut ſtand.

„Ah, gnädige Frau, Herr Baron — freue mich
unendlich,“ rief er, den Hut ziehend und an den
Wagenſchlag heranreitend — „habe in[…] einer Ewig¬
keit nicht das Vergnügen gehabt —“

„Das kommt daher, mon cher,“ ſagte die Baronin
mit holdeſtem Lächeln, „weil Sie ſich ſeit einer Ewig¬
keit nicht bei uns auf Grenwitz ſehen ließen.“

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[12/0022] kaſtiſches, höhniſches Weſen, ſeinen Standesgenoſſen gegenüber, deren Verehrung vor ſeinem altehrwür¬ digen Adel dadurch manchmal auf eine harte Probe geſtellt wurde — dieſer merkwürdige, ja in ihren Augen geradezu unnatürliche Zug eignete ſich nicht zum Gegenſtand der Unterhaltung mit einem Bürger¬ lichen. Sie begnügte ſich alſo mit der vieldeutigen Antwort: „Der Baron hat über die meiſten Dinge die ſon¬ derbarſten Anſichten von der Welt, ſo daß man manch¬ mal wirklich für ſeinen Verſtand bange wird.“ In dieſem Augenblick kam ein Reiter im Galopp aus einem Seitenwege heraus und parirte ſein Pferd vor dem vorbeifahrenden Wagen. Er war ein junger Mann mit hübſchem, braunem Geſicht, dem ein blon¬ der Schnurrbart ſehr gut ſtand. „Ah, gnädige Frau, Herr Baron — freue mich unendlich,“ rief er, den Hut ziehend und an den Wagenſchlag heranreitend — „habe in einer Ewig¬ keit nicht das Vergnügen gehabt —“ „Das kommt daher, mon cher,“ ſagte die Baronin mit holdeſtem Lächeln, „weil Sie ſich ſeit einer Ewig¬ keit nicht bei uns auf Grenwitz ſehen ließen.“ „Ah, ſehr gütig, gnä—ge Fra', ſehr gütig; gnä—ge Fra' hatten noch nicht die Gnade, mich mit dem Herrn

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/22>, abgerufen am 21.11.2024.