Hütte von Mutter Clausen so zufällig begegneten, in Gedanken sehr viel mit Ihnen beschäftigt. Aber nun zu meinem Auftrag! Sie wissen jedenfalls noch nicht, daß die Familie Grenwitz von der großen Badereise, auf die ich sie vor ein paar Tagen geschickt hatte, wohlbehalten wieder zurück ist?"
"Nein!" sagte Oswald mit nicht geringer Ver¬ wunderung.
"Wie sollten Sie auch in diesem von aller mensch¬ lichen Cultur abgeschnittenen Dorfe der Ichthyophagen! Genug, die Familie ist wieder da. Der Baron (so erzählt die glaubwürdige Anna-Maria) hatte in Ham¬ burg einen fürchterlichen Fieberanfall. Der herbei¬ gerufene Arzt erklärte es für Wahnsinn, unter diesen Umständen die Reise über's Meer anzutreten und rieth zur Umkehr. Sein Rath wurde von Anna-Maria, die von vornherein gegen die Reise war, höchlichst ge¬ billigt -- bref! sie packten sich sammt und sonders, und Fräulein Helene dazu, die sie aus der Pension abholten, in die große Familienkutsche und sind wieder hier seit gestern Abend. Es wurde natürlich sofort nach mir geschickt. Ich bin heute Nachmittag dort gewesen, und da ich zufälliger Weise erwähnte, ich müsse noch nach Sassitz, bat mich die Baronin, die von Ihrem hiesigen Aufenthalte unterrichtet war, Ihnen
Hütte von Mutter Clauſen ſo zufällig begegneten, in Gedanken ſehr viel mit Ihnen beſchäftigt. Aber nun zu meinem Auftrag! Sie wiſſen jedenfalls noch nicht, daß die Familie Grenwitz von der großen Badereiſe, auf die ich ſie vor ein paar Tagen geſchickt hatte, wohlbehalten wieder zurück iſt?“
„Nein!“ ſagte Oswald mit nicht geringer Ver¬ wunderung.
„Wie ſollten Sie auch in dieſem von aller menſch¬ lichen Cultur abgeſchnittenen Dorfe der Ichthyophagen! Genug, die Familie iſt wieder da. Der Baron (ſo erzählt die glaubwürdige Anna-Maria) hatte in Ham¬ burg einen fürchterlichen Fieberanfall. Der herbei¬ gerufene Arzt erklärte es für Wahnſinn, unter dieſen Umſtänden die Reiſe über's Meer anzutreten und rieth zur Umkehr. Sein Rath wurde von Anna-Maria, die von vornherein gegen die Reiſe war, höchlichſt ge¬ billigt — bref! ſie packten ſich ſammt und ſonders, und Fräulein Helene dazu, die ſie aus der Penſion abholten, in die große Familienkutſche und ſind wieder hier ſeit geſtern Abend. Es wurde natürlich ſofort nach mir geſchickt. Ich bin heute Nachmittag dort geweſen, und da ich zufälliger Weiſe erwähnte, ich müſſe noch nach Saſſitz, bat mich die Baronin, die von Ihrem hieſigen Aufenthalte unterrichtet war, Ihnen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0119"n="109"/>
Hütte von Mutter Clauſen ſo zufällig begegneten, in<lb/>
Gedanken ſehr viel mit Ihnen beſchäftigt. Aber nun<lb/>
zu meinem Auftrag! Sie wiſſen jedenfalls noch nicht,<lb/>
daß die Familie Grenwitz von der großen Badereiſe,<lb/>
auf die ich ſie vor ein paar Tagen geſchickt hatte,<lb/>
wohlbehalten wieder zurück iſt?“</p><lb/><p>„Nein!“ſagte Oswald mit nicht geringer Ver¬<lb/>
wunderung.</p><lb/><p>„Wie ſollten Sie auch in dieſem von aller menſch¬<lb/>
lichen Cultur abgeſchnittenen Dorfe der Ichthyophagen!<lb/>
Genug, die Familie iſt wieder da. Der Baron (ſo<lb/>
erzählt die glaubwürdige Anna-Maria) hatte in Ham¬<lb/>
burg einen fürchterlichen Fieberanfall. Der herbei¬<lb/>
gerufene Arzt erklärte es für Wahnſinn, unter dieſen<lb/>
Umſtänden die Reiſe über's Meer anzutreten und rieth<lb/>
zur Umkehr. Sein Rath wurde von Anna-Maria, die<lb/>
von vornherein gegen die Reiſe war, höchlichſt ge¬<lb/>
billigt —<hirendition="#aq">bref</hi>! ſie packten ſich ſammt und ſonders,<lb/>
und Fräulein Helene dazu, die ſie aus der Penſion<lb/>
abholten, in die große Familienkutſche und ſind wieder<lb/>
hier ſeit geſtern Abend. Es wurde natürlich ſofort<lb/>
nach mir geſchickt. Ich bin heute Nachmittag dort<lb/>
geweſen, und da ich zufälliger Weiſe erwähnte, ich<lb/>
müſſe noch nach Saſſitz, bat mich die Baronin, die<lb/>
von Ihrem hieſigen Aufenthalte unterrichtet war, Ihnen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[109/0119]
Hütte von Mutter Clauſen ſo zufällig begegneten, in
Gedanken ſehr viel mit Ihnen beſchäftigt. Aber nun
zu meinem Auftrag! Sie wiſſen jedenfalls noch nicht,
daß die Familie Grenwitz von der großen Badereiſe,
auf die ich ſie vor ein paar Tagen geſchickt hatte,
wohlbehalten wieder zurück iſt?“
„Nein!“ ſagte Oswald mit nicht geringer Ver¬
wunderung.
„Wie ſollten Sie auch in dieſem von aller menſch¬
lichen Cultur abgeſchnittenen Dorfe der Ichthyophagen!
Genug, die Familie iſt wieder da. Der Baron (ſo
erzählt die glaubwürdige Anna-Maria) hatte in Ham¬
burg einen fürchterlichen Fieberanfall. Der herbei¬
gerufene Arzt erklärte es für Wahnſinn, unter dieſen
Umſtänden die Reiſe über's Meer anzutreten und rieth
zur Umkehr. Sein Rath wurde von Anna-Maria, die
von vornherein gegen die Reiſe war, höchlichſt ge¬
billigt — bref! ſie packten ſich ſammt und ſonders,
und Fräulein Helene dazu, die ſie aus der Penſion
abholten, in die große Familienkutſche und ſind wieder
hier ſeit geſtern Abend. Es wurde natürlich ſofort
nach mir geſchickt. Ich bin heute Nachmittag dort
geweſen, und da ich zufälliger Weiſe erwähnte, ich
müſſe noch nach Saſſitz, bat mich die Baronin, die
von Ihrem hieſigen Aufenthalte unterrichtet war, Ihnen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/119>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.