Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Baronin, Mademoiselle Marguerite und Herrn Timm,
Malte und Bruno und einer jungen Dame, die Os¬
wald den Rücken zugewandt hatte, so daß er nur die
schlanke, leichte Gestalt, deren reizende Formen ein
einfaches weißes Gewand gar anmuthig hervortreten
ließ, und das üppig dichte, leicht gekräuselte, blau¬
schwarze Haar bemerken konnte, welches in der Mitte
gescheitelt und hinten in vielen Zöpfen zusammen¬
gesteckt, die Linien des wundervoll schön geformten
Kopfes in weichen Umrissen nachzeichnete.

Oswald's Blicke waren, wie von einem Zauber,
an diese jugendliche Gestalt gefesselt, die, ohne den
Platz zu verlassen, beinahe regungslos dastand, und nur
in regelmäßigen Zwischenräumen die Arme hob, um
den Reif aufzufangen, den Bruno, ihr Nachbar, mit
nie fehlender Sicherheit stets so schlenderte, daß er
in einem Halbbogen unmittelbar auf ihren Stock her¬
abschwebte, oder den eben aufgefangenen Reif weiter
zu schicken an Malte, der ihn jedes zweite Mal fallen
ließ und sich bitter beklagte, Helene werfe so schlecht,
und Helene thue es ihm nur zum Aerger, und es
müsse ein Anderer an Helenen's Stelle treten.

"So komm hierher, Helene," sagte die Baronin,
"Du wirfst auch wirklich sehr schlecht."

Mutter und Tochter tauschten mit den Plätzen,

Baronin, Mademoiſelle Marguerite und Herrn Timm,
Malte und Bruno und einer jungen Dame, die Os¬
wald den Rücken zugewandt hatte, ſo daß er nur die
ſchlanke, leichte Geſtalt, deren reizende Formen ein
einfaches weißes Gewand gar anmuthig hervortreten
ließ, und das üppig dichte, leicht gekräuſelte, blau¬
ſchwarze Haar bemerken konnte, welches in der Mitte
geſcheitelt und hinten in vielen Zöpfen zuſammen¬
geſteckt, die Linien des wundervoll ſchön geformten
Kopfes in weichen Umriſſen nachzeichnete.

Oswald's Blicke waren, wie von einem Zauber,
an dieſe jugendliche Geſtalt gefeſſelt, die, ohne den
Platz zu verlaſſen, beinahe regungslos daſtand, und nur
in regelmäßigen Zwiſchenräumen die Arme hob, um
den Reif aufzufangen, den Bruno, ihr Nachbar, mit
nie fehlender Sicherheit ſtets ſo ſchlenderte, daß er
in einem Halbbogen unmittelbar auf ihren Stock her¬
abſchwebte, oder den eben aufgefangenen Reif weiter
zu ſchicken an Malte, der ihn jedes zweite Mal fallen
ließ und ſich bitter beklagte, Helene werfe ſo ſchlecht,
und Helene thue es ihm nur zum Aerger, und es
müſſe ein Anderer an Helenen's Stelle treten.

„So komm hierher, Helene,“ ſagte die Baronin,
„Du wirfſt auch wirklich ſehr ſchlecht.“

Mutter und Tochter tauſchten mit den Plätzen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="123"/>
Baronin, Mademoi&#x017F;elle Marguerite und Herrn Timm,<lb/>
Malte und Bruno und einer jungen Dame, die Os¬<lb/>
wald den Rücken zugewandt hatte, &#x017F;o daß er nur die<lb/>
&#x017F;chlanke, leichte Ge&#x017F;talt, deren reizende Formen ein<lb/>
einfaches weißes Gewand gar anmuthig hervortreten<lb/>
ließ, und das üppig dichte, leicht gekräu&#x017F;elte, blau¬<lb/>
&#x017F;chwarze Haar bemerken konnte, welches in der Mitte<lb/>
ge&#x017F;cheitelt und hinten in vielen Zöpfen zu&#x017F;ammen¬<lb/>
ge&#x017F;teckt, die Linien des wundervoll &#x017F;chön geformten<lb/>
Kopfes in weichen Umri&#x017F;&#x017F;en nachzeichnete.</p><lb/>
        <p>Oswald's Blicke waren, wie von einem Zauber,<lb/>
an die&#x017F;e jugendliche Ge&#x017F;talt gefe&#x017F;&#x017F;elt, die, ohne den<lb/>
Platz zu verla&#x017F;&#x017F;en, beinahe regungslos da&#x017F;tand, und nur<lb/>
in regelmäßigen Zwi&#x017F;chenräumen die Arme hob, um<lb/>
den Reif aufzufangen, den Bruno, ihr Nachbar, mit<lb/>
nie fehlender Sicherheit &#x017F;tets &#x017F;o &#x017F;chlenderte, daß er<lb/>
in einem Halbbogen unmittelbar auf ihren Stock her¬<lb/>
ab&#x017F;chwebte, oder den eben aufgefangenen Reif weiter<lb/>
zu &#x017F;chicken an Malte, der ihn jedes zweite Mal fallen<lb/>
ließ und &#x017F;ich bitter beklagte, Helene werfe &#x017F;o &#x017F;chlecht,<lb/>
und Helene thue es ihm nur zum Aerger, und es<lb/>&#x017F;&#x017F;e ein Anderer an Helenen's Stelle treten.</p><lb/>
        <p>&#x201E;So komm hierher, Helene,&#x201C; &#x017F;agte die Baronin,<lb/>
&#x201E;Du wirf&#x017F;t auch wirklich &#x017F;ehr &#x017F;chlecht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mutter und Tochter tau&#x017F;chten mit den Plätzen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0133] Baronin, Mademoiſelle Marguerite und Herrn Timm, Malte und Bruno und einer jungen Dame, die Os¬ wald den Rücken zugewandt hatte, ſo daß er nur die ſchlanke, leichte Geſtalt, deren reizende Formen ein einfaches weißes Gewand gar anmuthig hervortreten ließ, und das üppig dichte, leicht gekräuſelte, blau¬ ſchwarze Haar bemerken konnte, welches in der Mitte geſcheitelt und hinten in vielen Zöpfen zuſammen¬ geſteckt, die Linien des wundervoll ſchön geformten Kopfes in weichen Umriſſen nachzeichnete. Oswald's Blicke waren, wie von einem Zauber, an dieſe jugendliche Geſtalt gefeſſelt, die, ohne den Platz zu verlaſſen, beinahe regungslos daſtand, und nur in regelmäßigen Zwiſchenräumen die Arme hob, um den Reif aufzufangen, den Bruno, ihr Nachbar, mit nie fehlender Sicherheit ſtets ſo ſchlenderte, daß er in einem Halbbogen unmittelbar auf ihren Stock her¬ abſchwebte, oder den eben aufgefangenen Reif weiter zu ſchicken an Malte, der ihn jedes zweite Mal fallen ließ und ſich bitter beklagte, Helene werfe ſo ſchlecht, und Helene thue es ihm nur zum Aerger, und es müſſe ein Anderer an Helenen's Stelle treten. „So komm hierher, Helene,“ ſagte die Baronin, „Du wirfſt auch wirklich ſehr ſchlecht.“ Mutter und Tochter tauſchten mit den Plätzen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/133
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/133>, abgerufen am 24.11.2024.