Garten führte, so hielt sie es in ihrem und ihres einsilbigen Begleiters Interesse für gerathen, diese Gelegenheit, die Scene abzubrechen, nicht unbenutzt zu lassen.
"Haben Sie eine Ahnung, welche Zeit wir haben?"
"Halb sieben."
"Schon? Da muß ich eilen, in's Schloß zurück¬ zukommen, ehe Mama meine Abwesenheit bemerkt."
Fräulein Helene nickte vornehm mit dem Kopfe, stieg leicht die Treppe hinab und ging langsam zwischen den Blumenbeeten dem Hause zu.
"Dem Glücklichen schlägt keine Stunde," sagte Oswald bei sich, als er der jugendlich schlanken Ge¬ stalt nachschaute, "glücklich habe ich sie also durch meine meteorologischen Bemerkungen nicht gemacht; und ihre Eile in's Schloß zu gelangen war weniger groß, als die von mir fortzukommen. Jedenfalls scheint sie noch Zeit genug zu haben, sich ein reizendes Bouquet zu pflücken. Ohne Zweifel für mich. Ich habe augenscheinlich eine vollständige Eroberung ge¬ macht. Wie sie mich mit ihren wunderbaren Augen, so mitleidig halb und halb verächtlich, anblickte, als wollte sie sagen: ich thue Dir wol einen großen Ge¬ fallen, wenn ich Dich mit Deiner Blödigkeit allein lasse! Sie ist stolz, sagt Bruno; gewiß, aber wie
Garten führte, ſo hielt ſie es in ihrem und ihres einſilbigen Begleiters Intereſſe für gerathen, dieſe Gelegenheit, die Scene abzubrechen, nicht unbenutzt zu laſſen.
„Haben Sie eine Ahnung, welche Zeit wir haben?“
„Halb ſieben.“
„Schon? Da muß ich eilen, in's Schloß zurück¬ zukommen, ehe Mama meine Abweſenheit bemerkt.“
Fräulein Helene nickte vornehm mit dem Kopfe, ſtieg leicht die Treppe hinab und ging langſam zwiſchen den Blumenbeeten dem Hauſe zu.
„Dem Glücklichen ſchlägt keine Stunde,“ ſagte Oswald bei ſich, als er der jugendlich ſchlanken Ge¬ ſtalt nachſchaute, „glücklich habe ich ſie alſo durch meine meteorologiſchen Bemerkungen nicht gemacht; und ihre Eile in's Schloß zu gelangen war weniger groß, als die von mir fortzukommen. Jedenfalls ſcheint ſie noch Zeit genug zu haben, ſich ein reizendes Bouquet zu pflücken. Ohne Zweifel für mich. Ich habe augenſcheinlich eine vollſtändige Eroberung ge¬ macht. Wie ſie mich mit ihren wunderbaren Augen, ſo mitleidig halb und halb verächtlich, anblickte, als wollte ſie ſagen: ich thue Dir wol einen großen Ge¬ fallen, wenn ich Dich mit Deiner Blödigkeit allein laſſe! Sie iſt ſtolz, ſagt Bruno; gewiß, aber wie
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Garten führte, ſo hielt ſie es in ihrem und ihres
einſilbigen Begleiters Intereſſe für gerathen, dieſe
Gelegenheit, die Scene abzubrechen, nicht unbenutzt
zu laſſen.
„Haben Sie eine Ahnung, welche Zeit wir haben?“
„Halb ſieben.“
„Schon? Da muß ich eilen, in's Schloß zurück¬
zukommen, ehe Mama meine Abweſenheit bemerkt.“
Fräulein Helene nickte vornehm mit dem Kopfe,
ſtieg leicht die Treppe hinab und ging langſam zwiſchen
den Blumenbeeten dem Hauſe zu.
„Dem Glücklichen ſchlägt keine Stunde,“ ſagte
Oswald bei ſich, als er der jugendlich ſchlanken Ge¬
ſtalt nachſchaute, „glücklich habe ich ſie alſo durch
meine meteorologiſchen Bemerkungen nicht gemacht;
und ihre Eile in's Schloß zu gelangen war weniger
groß, als die von mir fortzukommen. Jedenfalls
ſcheint ſie noch Zeit genug zu haben, ſich ein reizendes
Bouquet zu pflücken. Ohne Zweifel für mich. Ich
habe augenſcheinlich eine vollſtändige Eroberung ge¬
macht. Wie ſie mich mit ihren wunderbaren Augen,
ſo mitleidig halb und halb verächtlich, anblickte, als
wollte ſie ſagen: ich thue Dir wol einen großen Ge¬
fallen, wenn ich Dich mit Deiner Blödigkeit allein
laſſe! Sie iſt ſtolz, ſagt Bruno; gewiß, aber wie
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/152>, abgerufen am 20.07.2024.
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