Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.weiterer Befehle gewärtig, in ruhiger Haltung stehen Die Baronin sah ein, daß im Falle Cousin Felix weiterer Befehle gewärtig, in ruhiger Haltung ſtehen Die Baronin ſah ein, daß im Falle Couſin Felix <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0190" n="180"/> weiterer Befehle gewärtig, in ruhiger Haltung ſtehen<lb/> blieb, war ſicher nichts auszuſetzen; aber die großen<lb/> Augen blickten ſo ſtolz und gelaſſen, und die Worte<lb/> fielen ſo gemeſſen von den ausdrucksvollen Lippen,<lb/> daß die Mutter fühlte, bei dieſer ihrer Tochter, die<lb/> ihr ſo fremd erſchien, könne ſie auf kindlichen Ge¬<lb/> horſam, auf einen Gehorſam aus Liebe, mit Sicher¬<lb/> heit nicht rechnen. Das große Project, welches ſie<lb/> ſo ganz fertig im Kopf trug, erſchien ihr plötzlich in<lb/> ſehr ungewiſſem Lichte, und die erſten Worte, die ſie<lb/> nach dieſer Begegnung zu ihrem Gemahl ſprach, waren:<lb/> „Ich glaube, lieber Grenwitz, wir werden in der<lb/> Heirathsangelegenheit recht vorſichtig zu Werke gehen<lb/> müſſen. Du würdeſt mich verpflichten, wenn Du mir<lb/> die Sache vollkommen überließeſt. Eine ungeſchickte<lb/> Einleitung, ja nur eine Andeutung zur unrechten Zeit<lb/> könnte leicht Alles verderben;“ — eine Aufforderung,<lb/> welcher der gute alte Mann um ſo lieber nachkam,<lb/> als ſelbſt ſein felſenfeſter Glaube an die Unfehlbarkeit<lb/> ſeiner Anna-Maria nicht im Stande geweſen war, die<lb/> Bedenken, welche er gegen das Heirathsproject hatte,<lb/> gänzlich zu beſeitigen.</p><lb/> <p>Die Baronin ſah ein, daß im Falle Couſin Felix<lb/> vor Helene's Augen keine Gnade finden ſollte — und<lb/> dieſer Fall war zum mindeſten nicht unmöglich —<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [180/0190]
weiterer Befehle gewärtig, in ruhiger Haltung ſtehen
blieb, war ſicher nichts auszuſetzen; aber die großen
Augen blickten ſo ſtolz und gelaſſen, und die Worte
fielen ſo gemeſſen von den ausdrucksvollen Lippen,
daß die Mutter fühlte, bei dieſer ihrer Tochter, die
ihr ſo fremd erſchien, könne ſie auf kindlichen Ge¬
horſam, auf einen Gehorſam aus Liebe, mit Sicher¬
heit nicht rechnen. Das große Project, welches ſie
ſo ganz fertig im Kopf trug, erſchien ihr plötzlich in
ſehr ungewiſſem Lichte, und die erſten Worte, die ſie
nach dieſer Begegnung zu ihrem Gemahl ſprach, waren:
„Ich glaube, lieber Grenwitz, wir werden in der
Heirathsangelegenheit recht vorſichtig zu Werke gehen
müſſen. Du würdeſt mich verpflichten, wenn Du mir
die Sache vollkommen überließeſt. Eine ungeſchickte
Einleitung, ja nur eine Andeutung zur unrechten Zeit
könnte leicht Alles verderben;“ — eine Aufforderung,
welcher der gute alte Mann um ſo lieber nachkam,
als ſelbſt ſein felſenfeſter Glaube an die Unfehlbarkeit
ſeiner Anna-Maria nicht im Stande geweſen war, die
Bedenken, welche er gegen das Heirathsproject hatte,
gänzlich zu beſeitigen.
Die Baronin ſah ein, daß im Falle Couſin Felix
vor Helene's Augen keine Gnade finden ſollte — und
dieſer Fall war zum mindeſten nicht unmöglich —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |