Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.niemals Ursache gehabt, über Lieblosigkeit von Seiten "Doch das sind tempi passati, meine gute Mary? niemals Urſache gehabt, über Liebloſigkeit von Seiten „Doch das ſind tempi passati, meine gute Mary? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="182"/> niemals Urſache gehabt, über Liebloſigkeit von Seiten<lb/> Helene's zu klagen; und die Briefe, die ſie von Gren¬<lb/> witz aus nach Hamburg ſchrieb, waren der Beweis, daß<lb/> ſie wenigſtens gegen die, welche ſie liebte, weder kalt<lb/> noch verſchloſſen war. So ſchrieb ſie unter anderem<lb/> an Mary Burton, eine junge ſchöne Engländerin, die<lb/> ſie von allen Freundinnen am meiſten liebte und die<lb/> einen großen Einfluß auf ſie ausgeübt hatte.</p><lb/> <p>„Doch das ſind <hi rendition="#aq">tempi passati</hi>, meine gute Mary?<lb/> ich muß nun lernen mich an der Muſik zu ergötzen,<lb/> ohne ſie zuſammen mit Dir zu hören, und eine Ge¬<lb/> ſellſchaft erträglich zu finden, in der ich nicht Deinen<lb/> holden Augen begegne. Biſt jetzt freilich fehlſt Du<lb/> mir überall, und auch die andern; bis jetzt halte ich<lb/> es nur für eine Möglichkeit, auch ohne euch froh ſein<lb/> zu können. Glaube indeſſen nicht, daß man mir hier<lb/> unfreundlich begegnet! im Gegentheil, ich muß geſte¬<lb/> hen, daß mir die Meinigen über all mein Erwarten<lb/> liebenswürdig entgegen gekommen ſind. Von meinem<lb/> Vater hatte ich es freilich nie anders erwartet, aber<lb/> — Du haſt ja die Briefe meiner Mama geleſen! Du<lb/> meinteſt ja, ſie glichen ſich wie eine Schneeflocke der<lb/> anderen — auch ſie iſt viel weniger ſtreng, als ich<lb/> ſie von früher her kannte und als ſie in ihren Briefen<lb/> erſcheint. Sie läßt mir alle nur möglichen Freiheiten;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0192]
niemals Urſache gehabt, über Liebloſigkeit von Seiten
Helene's zu klagen; und die Briefe, die ſie von Gren¬
witz aus nach Hamburg ſchrieb, waren der Beweis, daß
ſie wenigſtens gegen die, welche ſie liebte, weder kalt
noch verſchloſſen war. So ſchrieb ſie unter anderem
an Mary Burton, eine junge ſchöne Engländerin, die
ſie von allen Freundinnen am meiſten liebte und die
einen großen Einfluß auf ſie ausgeübt hatte.
„Doch das ſind tempi passati, meine gute Mary?
ich muß nun lernen mich an der Muſik zu ergötzen,
ohne ſie zuſammen mit Dir zu hören, und eine Ge¬
ſellſchaft erträglich zu finden, in der ich nicht Deinen
holden Augen begegne. Biſt jetzt freilich fehlſt Du
mir überall, und auch die andern; bis jetzt halte ich
es nur für eine Möglichkeit, auch ohne euch froh ſein
zu können. Glaube indeſſen nicht, daß man mir hier
unfreundlich begegnet! im Gegentheil, ich muß geſte¬
hen, daß mir die Meinigen über all mein Erwarten
liebenswürdig entgegen gekommen ſind. Von meinem
Vater hatte ich es freilich nie anders erwartet, aber
— Du haſt ja die Briefe meiner Mama geleſen! Du
meinteſt ja, ſie glichen ſich wie eine Schneeflocke der
anderen — auch ſie iſt viel weniger ſtreng, als ich
ſie von früher her kannte und als ſie in ihren Briefen
erſcheint. Sie läßt mir alle nur möglichen Freiheiten;
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