Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Wasser und Feuer. Ich möchte die feurige Liebe
kennen, die nicht ausginge, wenn ihr ein Eimer Ar¬
muth über den Kopf geschüttet wird! Pah, das muß
ich besser wissen! Ich glaube, ich wäre albern genug,
die kleine Marguerite zu heirathen, wenn ich ein Mann
in Amt und Würden mit vom Staat garantirter guter
Beköstigung wäre, aber da ich nichts weiter bin als
ein armer Teufel mit einem famosen Appetit und
wahren Patent-Magen, so wäre es doch reiner Selbst¬
mord, wollte ich die schon knapp genug zugemessene
tägliche Ration noch mit einem Andern theilen. Liebe!
Unsinn! Liebe ist höchstens ein ganz wünschenswerthes
Dessert zum Diner des Lebens. Ein gutes Diner ohne
Dessert -- bon! ein Diner mit Dessert -- noch besser,
aber ein Dessert ohne Diner! -- nun, für Frauen¬
zimmer mag auch das genügen; aber mit meiner Con¬
stitution verträgt es sich nicht. Ob die gute Marie,
wenn sie noch lebt, wie ich sehr stark hoffe, jetzt nicht
doch manchmal beklagt, daß sie die kostbaren Rubinen
und das rothe Gold anderen jungen Damen, die es
weniger verdienten, zugewandt hat? Im nächsten
Brief wird die tugendhafte kleine Person sogar ganz
übermüthig.

Nr. 8. Sieh, sieh, mein Lieber; also auch eifer¬
süchtig können Sie sein! wer hätte dem Baron Ha¬

Waſſer und Feuer. Ich möchte die feurige Liebe
kennen, die nicht ausginge, wenn ihr ein Eimer Ar¬
muth über den Kopf geſchüttet wird! Pah, das muß
ich beſſer wiſſen! Ich glaube, ich wäre albern genug,
die kleine Marguerite zu heirathen, wenn ich ein Mann
in Amt und Würden mit vom Staat garantirter guter
Beköſtigung wäre, aber da ich nichts weiter bin als
ein armer Teufel mit einem famoſen Appetit und
wahren Patent-Magen, ſo wäre es doch reiner Selbſt¬
mord, wollte ich die ſchon knapp genug zugemeſſene
tägliche Ration noch mit einem Andern theilen. Liebe!
Unſinn! Liebe iſt höchſtens ein ganz wünſchenswerthes
Deſſert zum Diner des Lebens. Ein gutes Diner ohne
Deſſert — bon! ein Diner mit Deſſert — noch beſſer,
aber ein Deſſert ohne Diner! — nun, für Frauen¬
zimmer mag auch das genügen; aber mit meiner Con¬
ſtitution verträgt es ſich nicht. Ob die gute Marie,
wenn ſie noch lebt, wie ich ſehr ſtark hoffe, jetzt nicht
doch manchmal beklagt, daß ſie die koſtbaren Rubinen
und das rothe Gold anderen jungen Damen, die es
weniger verdienten, zugewandt hat? Im nächſten
Brief wird die tugendhafte kleine Perſon ſogar ganz
übermüthig.

Nr. 8. Sieh, ſieh, mein Lieber; alſo auch eifer¬
ſüchtig können Sie ſein! wer hätte dem Baron Ha¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0238" n="228"/>
Wa&#x017F;&#x017F;er und Feuer. Ich möchte die feurige Liebe<lb/>
kennen, die nicht ausginge, wenn ihr ein Eimer Ar¬<lb/>
muth über den Kopf ge&#x017F;chüttet wird! Pah, das muß<lb/>
ich be&#x017F;&#x017F;er wi&#x017F;&#x017F;en! Ich glaube, ich wäre albern genug,<lb/>
die kleine Marguerite zu heirathen, wenn ich ein Mann<lb/>
in Amt und Würden mit vom Staat garantirter guter<lb/>
Bekö&#x017F;tigung wäre, aber da ich nichts weiter bin als<lb/>
ein armer Teufel mit einem famo&#x017F;en Appetit und<lb/>
wahren Patent-Magen, &#x017F;o wäre es doch reiner Selb&#x017F;<lb/>
mord, wollte ich die &#x017F;chon knapp genug zugeme&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
tägliche Ration noch mit einem Andern theilen. Liebe!<lb/>
Un&#x017F;inn! Liebe i&#x017F;t höch&#x017F;tens ein ganz wün&#x017F;chenswerthes<lb/>
De&#x017F;&#x017F;ert zum Diner des Lebens. Ein gutes Diner ohne<lb/>
De&#x017F;&#x017F;ert &#x2014; <hi rendition="#aq">bon</hi>! ein Diner mit De&#x017F;&#x017F;ert &#x2014; noch be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
aber ein De&#x017F;&#x017F;ert ohne Diner! &#x2014; nun, für Frauen¬<lb/>
zimmer mag auch das genügen; aber mit meiner Con¬<lb/>
&#x017F;titution verträgt es &#x017F;ich nicht. Ob die gute Marie,<lb/>
wenn &#x017F;ie noch lebt, wie ich &#x017F;ehr &#x017F;tark hoffe, jetzt nicht<lb/>
doch manchmal beklagt, daß &#x017F;ie die ko&#x017F;tbaren Rubinen<lb/>
und das rothe Gold anderen jungen Damen, die es<lb/>
weniger verdienten, zugewandt hat? Im näch&#x017F;ten<lb/>
Brief wird die tugendhafte kleine Per&#x017F;on &#x017F;ogar ganz<lb/>
übermüthig.</p><lb/>
        <p>Nr. 8. Sieh, &#x017F;ieh, mein Lieber; al&#x017F;o auch eifer¬<lb/>
&#x017F;üchtig können Sie &#x017F;ein! wer hätte dem Baron Ha¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0238] Waſſer und Feuer. Ich möchte die feurige Liebe kennen, die nicht ausginge, wenn ihr ein Eimer Ar¬ muth über den Kopf geſchüttet wird! Pah, das muß ich beſſer wiſſen! Ich glaube, ich wäre albern genug, die kleine Marguerite zu heirathen, wenn ich ein Mann in Amt und Würden mit vom Staat garantirter guter Beköſtigung wäre, aber da ich nichts weiter bin als ein armer Teufel mit einem famoſen Appetit und wahren Patent-Magen, ſo wäre es doch reiner Selbſt¬ mord, wollte ich die ſchon knapp genug zugemeſſene tägliche Ration noch mit einem Andern theilen. Liebe! Unſinn! Liebe iſt höchſtens ein ganz wünſchenswerthes Deſſert zum Diner des Lebens. Ein gutes Diner ohne Deſſert — bon! ein Diner mit Deſſert — noch beſſer, aber ein Deſſert ohne Diner! — nun, für Frauen¬ zimmer mag auch das genügen; aber mit meiner Con¬ ſtitution verträgt es ſich nicht. Ob die gute Marie, wenn ſie noch lebt, wie ich ſehr ſtark hoffe, jetzt nicht doch manchmal beklagt, daß ſie die koſtbaren Rubinen und das rothe Gold anderen jungen Damen, die es weniger verdienten, zugewandt hat? Im nächſten Brief wird die tugendhafte kleine Perſon ſogar ganz übermüthig. Nr. 8. Sieh, ſieh, mein Lieber; alſo auch eifer¬ ſüchtig können Sie ſein! wer hätte dem Baron Ha¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/238
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/238>, abgerufen am 24.11.2024.