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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

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Solche Gedanken wirbelten durch Oswald's Ge¬
hirn, während er für den Fall eines schlimmen Aus¬
gangs -- den er übrigens sonderbarer Weise kaum
für möglich hielt, so schnell hatte er sich in die Rolle
eines Rächers gefunden -- einige flüchtige Vorberei¬
tungen traf, das heißt, die Briefe, von denen er nicht
wünschte, daß sie jemals in fremde Hände fielen, ver¬
brannte und überhaupt etwas Ordnung in seine Pa¬
piere brachte; schließlich auch ein paar Zeilen an Pro¬
fessor Berger schrieb, die er aber hernach wieder zer¬
riß und in den Ofen warf.

"Tant de bruit pour une omelette," sagte er;
"das Lumpenvolk ist nicht werth, daß man seinethal¬
so viel Umstände macht."

Mit Ungeduld erwartete er die bezeichnete Stunde.

Es schlug zehn auf der Schloßuhr. Er hörte,
daß die Leute zu Bette gingen, auch aus Albert's
Zimmer schimmerte Licht in den dunklen Garten hinab.
Es schlug halb elf. Oswald machte sorgfältig Toilette,
nahm eine Rose aus einem Blumenstrauß, den er
sich heute im Garten gepflückt hatte, und steckte sie
ins Knopfloch.

Dann ging er leise aus seinem Zimmer die enge
Treppe, auf welcher Marie in jener stürmischen Herbst¬
nacht sich aus dem Schloß gestohlen hatte, hinab in

Solche Gedanken wirbelten durch Oswald's Ge¬
hirn, während er für den Fall eines ſchlimmen Aus¬
gangs — den er übrigens ſonderbarer Weiſe kaum
für möglich hielt, ſo ſchnell hatte er ſich in die Rolle
eines Rächers gefunden — einige flüchtige Vorberei¬
tungen traf, das heißt, die Briefe, von denen er nicht
wünſchte, daß ſie jemals in fremde Hände fielen, ver¬
brannte und überhaupt etwas Ordnung in ſeine Pa¬
piere brachte; ſchließlich auch ein paar Zeilen an Pro¬
feſſor Berger ſchrieb, die er aber hernach wieder zer¬
riß und in den Ofen warf.

Tant de bruit pour une omelette,“ ſagte er;
„das Lumpenvolk iſt nicht werth, daß man ſeinethal¬
ſo viel Umſtände macht.“

Mit Ungeduld erwartete er die bezeichnete Stunde.

Es ſchlug zehn auf der Schloßuhr. Er hörte,
daß die Leute zu Bette gingen, auch aus Albert's
Zimmer ſchimmerte Licht in den dunklen Garten hinab.
Es ſchlug halb elf. Oswald machte ſorgfältig Toilette,
nahm eine Roſe aus einem Blumenſtrauß, den er
ſich heute im Garten gepflückt hatte, und ſteckte ſie
ins Knopfloch.

Dann ging er leiſe aus ſeinem Zimmer die enge
Treppe, auf welcher Marie in jener ſtürmiſchen Herbſt¬
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[55/0065] Solche Gedanken wirbelten durch Oswald's Ge¬ hirn, während er für den Fall eines ſchlimmen Aus¬ gangs — den er übrigens ſonderbarer Weiſe kaum für möglich hielt, ſo ſchnell hatte er ſich in die Rolle eines Rächers gefunden — einige flüchtige Vorberei¬ tungen traf, das heißt, die Briefe, von denen er nicht wünſchte, daß ſie jemals in fremde Hände fielen, ver¬ brannte und überhaupt etwas Ordnung in ſeine Pa¬ piere brachte; ſchließlich auch ein paar Zeilen an Pro¬ feſſor Berger ſchrieb, die er aber hernach wieder zer¬ riß und in den Ofen warf. „Tant de bruit pour une omelette,“ ſagte er; „das Lumpenvolk iſt nicht werth, daß man ſeinethal¬ ſo viel Umſtände macht.“ Mit Ungeduld erwartete er die bezeichnete Stunde. Es ſchlug zehn auf der Schloßuhr. Er hörte, daß die Leute zu Bette gingen, auch aus Albert's Zimmer ſchimmerte Licht in den dunklen Garten hinab. Es ſchlug halb elf. Oswald machte ſorgfältig Toilette, nahm eine Roſe aus einem Blumenſtrauß, den er ſich heute im Garten gepflückt hatte, und ſteckte ſie ins Knopfloch. Dann ging er leiſe aus ſeinem Zimmer die enge Treppe, auf welcher Marie in jener ſtürmiſchen Herbſt¬ nacht ſich aus dem Schloß geſtohlen hatte, hinab in

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/65>, abgerufen am 24.11.2024.