Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

geworden und Lisbeth hat natürlich die ganze Sache
ausgeplaudert."

"Aber das ist ja unmöglich!"

"Beruhigen Sie sich nur! Sie sehen ja, das gute
Kind hat sich schnell genug wieder getröstet. Heute
schwärmt sie für Cloten; ein ander Mal wird sie für
einen Andern schwärmen. Die Kleine hat Talent, sie
kann es noch einmal weit bringen. Mich dauert nur
der arme Cloten."

"Aber weshalb begiebt er sich in die Gefahr?"

"Freilich, und noch dazu ohne seinen Mentor."

"Wer ist das?"

"Baron Oldenburg. Er wird den Rath seines
edlen Freundes mißverstanden haben und die kleine
Emilie aus purem Mißverständniß heirathen."

"Sie belieben in für mich unergründlichen Räth¬
seln zu sprechen, gnädige Frau."

"Ich bitte um Verzeihung . . . Sagen Sie, sind
Sie wirklich, wie die Fama sagt, in der kurzen Zeit
der Busenfreund des Barons geworden?"

"Die Fama hat in diesem Falle wie stets aus der
Mücke einen Elephanten gemacht."

"Glauben Sie, daß ich es gut mit Ihnen meine?"
sagte Hortense und sie blickte Oswald voll in die
Augen.

geworden und Lisbeth hat natürlich die ganze Sache
ausgeplaudert.“

„Aber das iſt ja unmöglich!“

„Beruhigen Sie ſich nur! Sie ſehen ja, das gute
Kind hat ſich ſchnell genug wieder getröſtet. Heute
ſchwärmt ſie für Cloten; ein ander Mal wird ſie für
einen Andern ſchwärmen. Die Kleine hat Talent, ſie
kann es noch einmal weit bringen. Mich dauert nur
der arme Cloten.“

„Aber weshalb begiebt er ſich in die Gefahr?“

„Freilich, und noch dazu ohne ſeinen Mentor.“

„Wer iſt das?“

„Baron Oldenburg. Er wird den Rath ſeines
edlen Freundes mißverſtanden haben und die kleine
Emilie aus purem Mißverſtändniß heirathen.“

„Sie belieben in für mich unergründlichen Räth¬
ſeln zu ſprechen, gnädige Frau.“

„Ich bitte um Verzeihung . . . Sagen Sie, ſind
Sie wirklich, wie die Fama ſagt, in der kurzen Zeit
der Buſenfreund des Barons geworden?“

„Die Fama hat in dieſem Falle wie ſtets aus der
Mücke einen Elephanten gemacht.“

„Glauben Sie, daß ich es gut mit Ihnen meine?“
ſagte Hortenſe und ſie blickte Oswald voll in die
Augen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0068" n="58"/>
geworden und Lisbeth hat natürlich die ganze Sache<lb/>
ausgeplaudert.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber das i&#x017F;t ja unmöglich!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Beruhigen Sie &#x017F;ich nur! Sie &#x017F;ehen ja, das gute<lb/>
Kind hat &#x017F;ich &#x017F;chnell genug wieder getrö&#x017F;tet. Heute<lb/>
&#x017F;chwärmt &#x017F;ie für Cloten; ein ander Mal wird &#x017F;ie für<lb/>
einen Andern &#x017F;chwärmen. Die Kleine hat Talent, &#x017F;ie<lb/>
kann es noch einmal weit bringen. Mich dauert nur<lb/>
der arme Cloten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber weshalb begiebt er &#x017F;ich in die Gefahr?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Freilich, und noch dazu ohne &#x017F;einen Mentor.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer i&#x017F;t das?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Baron Oldenburg. Er wird den Rath &#x017F;eines<lb/>
edlen Freundes mißver&#x017F;tanden haben und die kleine<lb/>
Emilie aus purem Mißver&#x017F;tändniß heirathen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie belieben in für mich unergründlichen Räth¬<lb/>
&#x017F;eln zu &#x017F;prechen, gnädige Frau.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bitte um Verzeihung . . . Sagen Sie, &#x017F;ind<lb/>
Sie wirklich, wie die Fama &#x017F;agt, in der kurzen Zeit<lb/>
der Bu&#x017F;enfreund des Barons geworden?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Fama hat in die&#x017F;em Falle wie &#x017F;tets aus der<lb/>
Mücke einen Elephanten gemacht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Glauben Sie, daß ich es gut mit Ihnen meine?&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte Horten&#x017F;e und &#x017F;ie blickte Oswald voll in die<lb/>
Augen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0068] geworden und Lisbeth hat natürlich die ganze Sache ausgeplaudert.“ „Aber das iſt ja unmöglich!“ „Beruhigen Sie ſich nur! Sie ſehen ja, das gute Kind hat ſich ſchnell genug wieder getröſtet. Heute ſchwärmt ſie für Cloten; ein ander Mal wird ſie für einen Andern ſchwärmen. Die Kleine hat Talent, ſie kann es noch einmal weit bringen. Mich dauert nur der arme Cloten.“ „Aber weshalb begiebt er ſich in die Gefahr?“ „Freilich, und noch dazu ohne ſeinen Mentor.“ „Wer iſt das?“ „Baron Oldenburg. Er wird den Rath ſeines edlen Freundes mißverſtanden haben und die kleine Emilie aus purem Mißverſtändniß heirathen.“ „Sie belieben in für mich unergründlichen Räth¬ ſeln zu ſprechen, gnädige Frau.“ „Ich bitte um Verzeihung . . . Sagen Sie, ſind Sie wirklich, wie die Fama ſagt, in der kurzen Zeit der Buſenfreund des Barons geworden?“ „Die Fama hat in dieſem Falle wie ſtets aus der Mücke einen Elephanten gemacht.“ „Glauben Sie, daß ich es gut mit Ihnen meine?“ ſagte Hortenſe und ſie blickte Oswald voll in die Augen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/68
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/68>, abgerufen am 22.12.2024.