Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.erziehen versprach. Der hoffnungsvolle Knabe er- erziehen verſprach. Der hoffnungsvolle Knabe er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0136" n="122"/> erziehen verſprach. Der hoffnungsvolle Knabe er-<lb/> lernte bald alles, was ſein alter Meiſter ſelbſt<lb/> konnte, und zog nach einigen Jahren in fremde<lb/> Laͤnder, um ſich dort noch mehr in ſeiner Kunſt<lb/> zu uͤben. Nach acht Jahren kam er erfahren und<lb/> geſchickt nach Hauſe, fand Mutter und Lehrer<lb/> tod, und keinen Freund, der ihn mit irgend et-<lb/> was unterſtuͤtzen wollte. Nur durch anhaltenden<lb/> Fleiß und Arbeit gewann er endlich ſo viel, daß<lb/> er zu A — Meiſter werden, und als dieſer beſſe-<lb/> res Verdienſt ſuchen konnte. Er fand es anfangs<lb/> ſehr reichlich, ſeine Geſchicklichkeit und Kenntniß<lb/> ward bald in der Gegend bekannt, ein reiches<lb/> Kloſter vertraute ihm in der neu erbauten Kirche<lb/> viele Altaͤre und die Kanzel, er arbeitete dort<lb/> zwei volle Jahre, und zog mit einigen hundert<lb/> Thalern Gewinn, und mit verdientem Lobe be-<lb/> lohnt nach Hauſe. Er duͤnkte ſich nun gluͤcklich<lb/> und reich, ſpaͤhte unter den Toͤchtern des Landes<lb/> umher, und fand bald ein Weib nach ſeinem Her-<lb/> zen. Hanchen, ſo nannte ſich ſeine Gattin, war<lb/> die verlaßne Waiſe eines Dorfſchulmeiſters, und<lb/> hatte ſich von fruͤher Jugend an unter fremden<lb/> Leuten ihr Brod verdienen muͤſſen, ſie brachte<lb/> ihm zur Mitgift Unſchuld, Treue und Eifer zur<lb/> Thaͤtigkeit und Arbeit mit. Er lebte mit ihr ſtets<lb/> gluͤcklich und zufrieden, ſie gebahr ihm drei<lb/> Soͤhne und eine Tochter, und erzog ſie zur<lb/> Gottesfurcht und Tugend. Zehn Jahre lang<lb/> hatte Friedrich immer ſo viel Arbeit, daß er ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0136]
erziehen verſprach. Der hoffnungsvolle Knabe er-
lernte bald alles, was ſein alter Meiſter ſelbſt
konnte, und zog nach einigen Jahren in fremde
Laͤnder, um ſich dort noch mehr in ſeiner Kunſt
zu uͤben. Nach acht Jahren kam er erfahren und
geſchickt nach Hauſe, fand Mutter und Lehrer
tod, und keinen Freund, der ihn mit irgend et-
was unterſtuͤtzen wollte. Nur durch anhaltenden
Fleiß und Arbeit gewann er endlich ſo viel, daß
er zu A — Meiſter werden, und als dieſer beſſe-
res Verdienſt ſuchen konnte. Er fand es anfangs
ſehr reichlich, ſeine Geſchicklichkeit und Kenntniß
ward bald in der Gegend bekannt, ein reiches
Kloſter vertraute ihm in der neu erbauten Kirche
viele Altaͤre und die Kanzel, er arbeitete dort
zwei volle Jahre, und zog mit einigen hundert
Thalern Gewinn, und mit verdientem Lobe be-
lohnt nach Hauſe. Er duͤnkte ſich nun gluͤcklich
und reich, ſpaͤhte unter den Toͤchtern des Landes
umher, und fand bald ein Weib nach ſeinem Her-
zen. Hanchen, ſo nannte ſich ſeine Gattin, war
die verlaßne Waiſe eines Dorfſchulmeiſters, und
hatte ſich von fruͤher Jugend an unter fremden
Leuten ihr Brod verdienen muͤſſen, ſie brachte
ihm zur Mitgift Unſchuld, Treue und Eifer zur
Thaͤtigkeit und Arbeit mit. Er lebte mit ihr ſtets
gluͤcklich und zufrieden, ſie gebahr ihm drei
Soͤhne und eine Tochter, und erzog ſie zur
Gottesfurcht und Tugend. Zehn Jahre lang
hatte Friedrich immer ſo viel Arbeit, daß er ſich
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