Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.vier Pferden fuhr, Geld und Gut in Menge be- Ich. Das wäre schrecklich. Die Alte. (mit Nachdruck) Schrecklich, vier Pferden fuhr, Geld und Gut in Menge be- Ich. Das waͤre ſchrecklich. Die Alte. (mit Nachdruck) Schrecklich, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0172" n="158"/> vier Pferden fuhr, Geld und Gut in Menge be-<lb/> ſaß, von Hunderten bedient, von Tauſenden an-<lb/> gebetet wurde! <hi rendition="#g">(wiſcht ſich eine Thraͤne<lb/> aus den Augen)</hi> damals war's anders und<lb/> beſſer! Ich gab reichliches Allmoſen, half, wo<lb/> ich helfen konnte, und jetzt: <hi rendition="#g">(tief ſeufzend)</hi><lb/> erbarmt ſich meiner niemand. — — O beſter<lb/> Herr, Sie haben heute mehr gewonnen, als Sie<lb/> glauben, Sie koͤnnen ſich nun kuͤhn ruͤhmen, daß<lb/> Sie die elendeſte und ungluͤcklichſte Perſon auf der<lb/> weiten Welt geſehen und geſprochen haben.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Ich</hi>. Das waͤre ſchrecklich.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Alte. (mit Nachdruck)</hi> Schrecklich,<lb/> aber auch eben ſo wahr! Wenn ich Ihnen auch<lb/> mein Leiden ſchildern wollte, Ihre theilnehmende<lb/> Miene verdiente es, wenn ich Ihnen auch alles<lb/> haarklein erzaͤhlen wollte, Sie koͤnnten ſich doch<lb/> keinen Begriff davon machen. Es giebt gewiſſe<lb/> innere Gefuͤhle, die keiner Beſchreibung faͤhig ſind.<lb/> Nur derjenige, welcher im groͤßten Wohlleben er-<lb/> zogen wurde, welcher ſehr reich, und beſſere Ta-<lb/> ge gewohnt war, und nun im groͤßten Elende,<lb/> in der jammervollſten Armuth ſchmachtet, kann<lb/> mir ſeine Hand reichen, und ausrufen: mein<lb/> Gefuͤhl iſt dem deinen aͤhnlich. — — Ich will<lb/> ihn dann als meinen Bruder umarmen, und ger-<lb/> ne mein Stuͤckchen ſchimmlichtes Brod mit ihm<lb/> theilen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [158/0172]
vier Pferden fuhr, Geld und Gut in Menge be-
ſaß, von Hunderten bedient, von Tauſenden an-
gebetet wurde! (wiſcht ſich eine Thraͤne
aus den Augen) damals war's anders und
beſſer! Ich gab reichliches Allmoſen, half, wo
ich helfen konnte, und jetzt: (tief ſeufzend)
erbarmt ſich meiner niemand. — — O beſter
Herr, Sie haben heute mehr gewonnen, als Sie
glauben, Sie koͤnnen ſich nun kuͤhn ruͤhmen, daß
Sie die elendeſte und ungluͤcklichſte Perſon auf der
weiten Welt geſehen und geſprochen haben.
Ich. Das waͤre ſchrecklich.
Die Alte. (mit Nachdruck) Schrecklich,
aber auch eben ſo wahr! Wenn ich Ihnen auch
mein Leiden ſchildern wollte, Ihre theilnehmende
Miene verdiente es, wenn ich Ihnen auch alles
haarklein erzaͤhlen wollte, Sie koͤnnten ſich doch
keinen Begriff davon machen. Es giebt gewiſſe
innere Gefuͤhle, die keiner Beſchreibung faͤhig ſind.
Nur derjenige, welcher im groͤßten Wohlleben er-
zogen wurde, welcher ſehr reich, und beſſere Ta-
ge gewohnt war, und nun im groͤßten Elende,
in der jammervollſten Armuth ſchmachtet, kann
mir ſeine Hand reichen, und ausrufen: mein
Gefuͤhl iſt dem deinen aͤhnlich. — — Ich will
ihn dann als meinen Bruder umarmen, und ger-
ne mein Stuͤckchen ſchimmlichtes Brod mit ihm
theilen.
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