Der graue Mann. (mit Würde und Stolz) Es gnügt, wenn wir es wissen!
Einige aus der Gesellschaft. Wir wünschten es aber auch so gerne zu wissen!
Der graue Mann. (einige Schritte hervortretend) Die vierte war Blanka, Karls rechtmäßige, aber nicht öffentlich anerkann- te, Gemahlin. Als der Kaiser einst auf seinem Lustschlosse, Bubenez genannt, jagte, sah er ein schönes Bauernmädchen, Namens Blanka, verliebte sich in sie, und nahm sie mit auf sein Schloß. Dort gebahr sie ihm einen Sohn, der Karl ge- nannt wurde, und von diesem Karl stamme ich in gerader Linie ab, bin jetzt der zehnte seines er- lauchten Stammes; die damals noch lebende Anna verfolgte die Mutter sammt dem jungen Prinzen auf's äusserste, aber der Kaiser nahm sich beider väterlich an. Er gab den Großen seines Reichs den Prinzen zur Erziehung, und schützte die Mutter auf seinem Schlosse. Als die Kaise- rin starb, erklärte der Kaiser seinen natürlichen Sohn für ächt, und ließ sich in geheim mit der schönen Blanka trauen. Erst als diese auch starb, schritte er zur fünften Ehe, und heirathete Elisa-
Der graue Mann. (unwillig) Das war die fuͤnfte.
Pfarrer. Wie nannte ſich denn alſo die vierte?
Der graue Mann. (mit Wuͤrde und Stolz) Es gnuͤgt, wenn wir es wiſſen!
Einige aus der Geſellſchaft. Wir wuͤnſchten es aber auch ſo gerne zu wiſſen!
Der graue Mann. (einige Schritte hervortretend) Die vierte war Blanka, Karls rechtmaͤßige, aber nicht oͤffentlich anerkann- te, Gemahlin. Als der Kaiſer einſt auf ſeinem Luſtſchloſſe, Bubenez genannt, jagte, ſah er ein ſchoͤnes Bauernmaͤdchen, Namens Blanka, verliebte ſich in ſie, und nahm ſie mit auf ſein Schloß. Dort gebahr ſie ihm einen Sohn, der Karl ge- nannt wurde, und von dieſem Karl ſtamme ich in gerader Linie ab, bin jetzt der zehnte ſeines er- lauchten Stammes; die damals noch lebende Anna verfolgte die Mutter ſammt dem jungen Prinzen auf's aͤuſſerſte, aber der Kaiſer nahm ſich beider vaͤterlich an. Er gab den Großen ſeines Reichs den Prinzen zur Erziehung, und ſchuͤtzte die Mutter auf ſeinem Schloſſe. Als die Kaiſe- rin ſtarb, erklaͤrte der Kaiſer ſeinen natuͤrlichen Sohn fuͤr aͤcht, und ließ ſich in geheim mit der ſchoͤnen Blanka trauen. Erſt als dieſe auch ſtarb, ſchritte er zur fuͤnften Ehe, und heirathete Eliſa-
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Der graue Mann. (unwillig) Das
war die fuͤnfte.
Pfarrer. Wie nannte ſich denn alſo die
vierte?
Der graue Mann. (mit Wuͤrde und
Stolz) Es gnuͤgt, wenn wir es wiſſen!
Einige aus der Geſellſchaft. Wir
wuͤnſchten es aber auch ſo gerne zu wiſſen!
Der graue Mann. (einige Schritte
hervortretend) Die vierte war Blanka,
Karls rechtmaͤßige, aber nicht oͤffentlich anerkann-
te, Gemahlin. Als der Kaiſer einſt auf ſeinem
Luſtſchloſſe, Bubenez genannt, jagte, ſah er ein
ſchoͤnes Bauernmaͤdchen, Namens Blanka, verliebte
ſich in ſie, und nahm ſie mit auf ſein Schloß.
Dort gebahr ſie ihm einen Sohn, der Karl ge-
nannt wurde, und von dieſem Karl ſtamme ich
in gerader Linie ab, bin jetzt der zehnte ſeines er-
lauchten Stammes; die damals noch lebende
Anna verfolgte die Mutter ſammt dem jungen
Prinzen auf's aͤuſſerſte, aber der Kaiſer nahm ſich
beider vaͤterlich an. Er gab den Großen ſeines
Reichs den Prinzen zur Erziehung, und ſchuͤtzte
die Mutter auf ſeinem Schloſſe. Als die Kaiſe-
rin ſtarb, erklaͤrte der Kaiſer ſeinen natuͤrlichen
Sohn fuͤr aͤcht, und ließ ſich in geheim mit der
ſchoͤnen Blanka trauen. Erſt als dieſe auch ſtarb,
ſchritte er zur fuͤnften Ehe, und heirathete Eliſa-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/58>, abgerufen am 16.02.2025.
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