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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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men, und in jeder großen Stadt in baares Geld
zu verwandeln. So sehr durch diese Versicherung
auch Konrads künftiges Schicksal verbessert, und
reizender gemacht wurde, so hatte diese Aussicht
doch keinen Reiz für das edle Herz des Jüng-
lings, der das Gebot des Schöpfers: du sollst
dich und dein Weib im Schweise deines Ange-
sichts ernähren, so gerne erfüllt hätte, doch sah
er eben so deutlich ein, daß er Karolinen nicht
so ernähren könne, wie sie erzogen ward, und füg-
te sich ganz der Geliebten Vorschlage.

Erst um Mitternacht verließ er ihr Zimmer,
sie hatte mit ihm verabredet, daß er sogleich die
Arbeit seines Meisters verlassen, sich ein kleines
Zimmer in einem abgelegenen Theile der Stadt
miethen, Wagen und Pferde zur Flucht besorgen,
und alles veranstalten solle, um diese glücklich und
sicher auszuführen. Konrad befolgte den Rath
seiner Geliebten aufrichtig und getreu, in zwei
Wochen war alles besorgt, was sie verlangt und
gefordert hatte. Unter dem Vorwande, seine
ehemaligen Mitgesellen zu besuchen, erschien er
unter dieser Zeit noch oft auf dem Gange, da
niemand etwas argwohnte, so konnte ihn Karoli-
ne auch oft in der Dämmerung einige Augenbli-
ke sprechen, und immer einen kleinen Pack über-
geben, in welchem sie die nothwendigsten Kleider
und Wäsche verborgen hatte.


Ihr

men, und in jeder großen Stadt in baares Geld
zu verwandeln. So ſehr durch dieſe Verſicherung
auch Konrads kuͤnftiges Schickſal verbeſſert, und
reizender gemacht wurde, ſo hatte dieſe Ausſicht
doch keinen Reiz fuͤr das edle Herz des Juͤng-
lings, der das Gebot des Schoͤpfers: du ſollſt
dich und dein Weib im Schweiſe deines Ange-
ſichts ernaͤhren, ſo gerne erfuͤllt haͤtte, doch ſah
er eben ſo deutlich ein, daß er Karolinen nicht
ſo ernaͤhren koͤnne, wie ſie erzogen ward, und fuͤg-
te ſich ganz der Geliebten Vorſchlage.

Erſt um Mitternacht verließ er ihr Zimmer,
ſie hatte mit ihm verabredet, daß er ſogleich die
Arbeit ſeines Meiſters verlaſſen, ſich ein kleines
Zimmer in einem abgelegenen Theile der Stadt
miethen, Wagen und Pferde zur Flucht beſorgen,
und alles veranſtalten ſolle, um dieſe gluͤcklich und
ſicher auszufuͤhren. Konrad befolgte den Rath
ſeiner Geliebten aufrichtig und getreu, in zwei
Wochen war alles beſorgt, was ſie verlangt und
gefordert hatte. Unter dem Vorwande, ſeine
ehemaligen Mitgeſellen zu beſuchen, erſchien er
unter dieſer Zeit noch oft auf dem Gange, da
niemand etwas argwohnte, ſo konnte ihn Karoli-
ne auch oft in der Daͤmmerung einige Augenbli-
ke ſprechen, und immer einen kleinen Pack uͤber-
geben, in welchem ſie die nothwendigſten Kleider
und Waͤſche verborgen hatte.


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[112/0120] men, und in jeder großen Stadt in baares Geld zu verwandeln. So ſehr durch dieſe Verſicherung auch Konrads kuͤnftiges Schickſal verbeſſert, und reizender gemacht wurde, ſo hatte dieſe Ausſicht doch keinen Reiz fuͤr das edle Herz des Juͤng- lings, der das Gebot des Schoͤpfers: du ſollſt dich und dein Weib im Schweiſe deines Ange- ſichts ernaͤhren, ſo gerne erfuͤllt haͤtte, doch ſah er eben ſo deutlich ein, daß er Karolinen nicht ſo ernaͤhren koͤnne, wie ſie erzogen ward, und fuͤg- te ſich ganz der Geliebten Vorſchlage. Erſt um Mitternacht verließ er ihr Zimmer, ſie hatte mit ihm verabredet, daß er ſogleich die Arbeit ſeines Meiſters verlaſſen, ſich ein kleines Zimmer in einem abgelegenen Theile der Stadt miethen, Wagen und Pferde zur Flucht beſorgen, und alles veranſtalten ſolle, um dieſe gluͤcklich und ſicher auszufuͤhren. Konrad befolgte den Rath ſeiner Geliebten aufrichtig und getreu, in zwei Wochen war alles beſorgt, was ſie verlangt und gefordert hatte. Unter dem Vorwande, ſeine ehemaligen Mitgeſellen zu beſuchen, erſchien er unter dieſer Zeit noch oft auf dem Gange, da niemand etwas argwohnte, ſo konnte ihn Karoli- ne auch oft in der Daͤmmerung einige Augenbli- ke ſprechen, und immer einen kleinen Pack uͤber- geben, in welchem ſie die nothwendigſten Kleider und Waͤſche verborgen hatte. Ihr

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/120>, abgerufen am 21.11.2024.