Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, aber noch stärker als diese beherrschte ihn
eine gewisse Art Ehrgeiz, der oft in einer bloßen
Grille oder Laune die größte Befriedigung fand.
Ihm würde es unerträglich gewesen seyn, und
seine ganze Lebenszeit verbittert haben, wenn
Konrad, als er noch in den Augen aller Karoli-
nens Mörder war, vor Gericht gestanden hätte,
daß diese ihn liebte, aus Liebe zu ihm vorzüglich
entflohen wäre. Diese edle Schonung seiner und
der Tochter Ehre hatte sein Herz gewonnen, dieß
war in seinen Augen eine That, die er mit sei-
nem ganzen Vermögen, mit der Hand seiner
Tochter lange noch nicht hinlänglich belohnt
glaubte.

Um Konraden zu zerstreuen, um ihn mit sei-
nen künftigen Geschäften bekannt zu machen, er-
nannte er ihn bald nachher zu seinem Handlungs-
gefährden, Konrad ward als dieser bald munterer
und thätiger, sein Geist fand Nahrung in den
spekulativischen Geschäften des Kaufmanns, er sah
mit diesem bald weiter als sein künftiger Schwie-
gervater; er unternahm einige Geschäfte, bei wel-
chen jener keinen Vortheil erwartete; als sie aber
doch glückten, ansehnlichen Gewinn brachten, da
gewann er die Liebe und Achtung desselben noch
stets in stärkerm Grade. Er selbst drang jetzt mit
Heftigkeit auf die Heirath mit seiner Tochter, und
bestimmte solche binnen Monatsfrist. Eine un-
verhoffte neue Hinderniß stemmte sich aber Kon-
rads Glücke entgegen. Der Pfarrer, welcher

ten, aber noch ſtaͤrker als dieſe beherrſchte ihn
eine gewiſſe Art Ehrgeiz, der oft in einer bloßen
Grille oder Laune die groͤßte Befriedigung fand.
Ihm wuͤrde es unertraͤglich geweſen ſeyn, und
ſeine ganze Lebenszeit verbittert haben, wenn
Konrad, als er noch in den Augen aller Karoli-
nens Moͤrder war, vor Gericht geſtanden haͤtte,
daß dieſe ihn liebte, aus Liebe zu ihm vorzuͤglich
entflohen waͤre. Dieſe edle Schonung ſeiner und
der Tochter Ehre hatte ſein Herz gewonnen, dieß
war in ſeinen Augen eine That, die er mit ſei-
nem ganzen Vermoͤgen, mit der Hand ſeiner
Tochter lange noch nicht hinlaͤnglich belohnt
glaubte.

Um Konraden zu zerſtreuen, um ihn mit ſei-
nen kuͤnftigen Geſchaͤften bekannt zu machen, er-
nannte er ihn bald nachher zu ſeinem Handlungs-
gefaͤhrden, Konrad ward als dieſer bald munterer
und thaͤtiger, ſein Geiſt fand Nahrung in den
ſpekulativiſchen Geſchaͤften des Kaufmanns, er ſah
mit dieſem bald weiter als ſein kuͤnftiger Schwie-
gervater; er unternahm einige Geſchaͤfte, bei wel-
chen jener keinen Vortheil erwartete; als ſie aber
doch gluͤckten, anſehnlichen Gewinn brachten, da
gewann er die Liebe und Achtung deſſelben noch
ſtets in ſtaͤrkerm Grade. Er ſelbſt drang jetzt mit
Heftigkeit auf die Heirath mit ſeiner Tochter, und
beſtimmte ſolche binnen Monatsfriſt. Eine un-
verhoffte neue Hinderniß ſtemmte ſich aber Kon-
rads Gluͤcke entgegen. Der Pfarrer, welcher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="133"/>
ten, aber noch &#x017F;ta&#x0364;rker als die&#x017F;e beherr&#x017F;chte ihn<lb/>
eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art Ehrgeiz, der oft in einer bloßen<lb/>
Grille oder Laune die gro&#x0364;ßte Befriedigung fand.<lb/>
Ihm wu&#x0364;rde es unertra&#x0364;glich gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, und<lb/>
&#x017F;eine ganze Lebenszeit verbittert haben, wenn<lb/>
Konrad, als er noch in den Augen aller Karoli-<lb/>
nens Mo&#x0364;rder war, vor Gericht ge&#x017F;tanden ha&#x0364;tte,<lb/>
daß die&#x017F;e ihn liebte, aus Liebe zu ihm vorzu&#x0364;glich<lb/>
entflohen wa&#x0364;re. Die&#x017F;e edle Schonung &#x017F;einer und<lb/>
der Tochter Ehre hatte &#x017F;ein Herz gewonnen, dieß<lb/>
war in &#x017F;einen Augen eine That, die er mit &#x017F;ei-<lb/>
nem ganzen Vermo&#x0364;gen, mit der Hand &#x017F;einer<lb/>
Tochter lange noch nicht hinla&#x0364;nglich belohnt<lb/>
glaubte.</p><lb/>
        <p>Um Konraden zu zer&#x017F;treuen, um ihn mit &#x017F;ei-<lb/>
nen ku&#x0364;nftigen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften bekannt zu machen, er-<lb/>
nannte er ihn bald nachher zu &#x017F;einem Handlungs-<lb/>
gefa&#x0364;hrden, Konrad ward als die&#x017F;er bald munterer<lb/>
und tha&#x0364;tiger, &#x017F;ein Gei&#x017F;t fand Nahrung in den<lb/>
&#x017F;pekulativi&#x017F;chen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften des Kaufmanns, er &#x017F;ah<lb/>
mit die&#x017F;em bald weiter als &#x017F;ein ku&#x0364;nftiger Schwie-<lb/>
gervater; er unternahm einige Ge&#x017F;cha&#x0364;fte, bei wel-<lb/>
chen jener keinen Vortheil erwartete; als &#x017F;ie aber<lb/>
doch glu&#x0364;ckten, an&#x017F;ehnlichen Gewinn brachten, da<lb/>
gewann er die Liebe und Achtung de&#x017F;&#x017F;elben noch<lb/>
&#x017F;tets in &#x017F;ta&#x0364;rkerm Grade. Er &#x017F;elb&#x017F;t drang jetzt mit<lb/>
Heftigkeit auf die Heirath mit &#x017F;einer Tochter, und<lb/>
be&#x017F;timmte &#x017F;olche binnen Monatsfri&#x017F;t. Eine un-<lb/>
verhoffte neue Hinderniß &#x017F;temmte &#x017F;ich aber Kon-<lb/>
rads Glu&#x0364;cke entgegen. Der Pfarrer, welcher<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0141] ten, aber noch ſtaͤrker als dieſe beherrſchte ihn eine gewiſſe Art Ehrgeiz, der oft in einer bloßen Grille oder Laune die groͤßte Befriedigung fand. Ihm wuͤrde es unertraͤglich geweſen ſeyn, und ſeine ganze Lebenszeit verbittert haben, wenn Konrad, als er noch in den Augen aller Karoli- nens Moͤrder war, vor Gericht geſtanden haͤtte, daß dieſe ihn liebte, aus Liebe zu ihm vorzuͤglich entflohen waͤre. Dieſe edle Schonung ſeiner und der Tochter Ehre hatte ſein Herz gewonnen, dieß war in ſeinen Augen eine That, die er mit ſei- nem ganzen Vermoͤgen, mit der Hand ſeiner Tochter lange noch nicht hinlaͤnglich belohnt glaubte. Um Konraden zu zerſtreuen, um ihn mit ſei- nen kuͤnftigen Geſchaͤften bekannt zu machen, er- nannte er ihn bald nachher zu ſeinem Handlungs- gefaͤhrden, Konrad ward als dieſer bald munterer und thaͤtiger, ſein Geiſt fand Nahrung in den ſpekulativiſchen Geſchaͤften des Kaufmanns, er ſah mit dieſem bald weiter als ſein kuͤnftiger Schwie- gervater; er unternahm einige Geſchaͤfte, bei wel- chen jener keinen Vortheil erwartete; als ſie aber doch gluͤckten, anſehnlichen Gewinn brachten, da gewann er die Liebe und Achtung deſſelben noch ſtets in ſtaͤrkerm Grade. Er ſelbſt drang jetzt mit Heftigkeit auf die Heirath mit ſeiner Tochter, und beſtimmte ſolche binnen Monatsfriſt. Eine un- verhoffte neue Hinderniß ſtemmte ſich aber Kon- rads Gluͤcke entgegen. Der Pfarrer, welcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/141
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/141>, abgerufen am 21.11.2024.