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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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und mit dem Tode kämpfe. Sie flehte oft die
Vorübergehenden um Arzenei an, und dankte aufs
innigste, wenn es sich ihrer Einbildung nach mit
dem Kleinen besserte. Sie verrieth übrigens in
allen ihren Gesprächen nicht die geringste Spur
eines weitern Wahnsinnes, sie erzählte oft den
Nonnen stundenlang von den Städten und Län-
dern, welche sie an der Seite ihres Friedrichs
durchreiset hatte, sie war vorsichtig genug, die
zweite Veränderung ihrer Religion und die wirk-
liche Heirath mit ihm nie zu erwähnen, beides
blieb den Nonnen ein Geheimniß. Nur in der
spätern Folge ward ihr auch das Gedächtniß un-
getreu, sie verwechselte Friedrichs Geschichte mit
der ihrigen, sprach viel von einer barbarischen
Mutter, von einem harten Onkel, der sie noch
immer verfolge, ihr alle ihre Landgüter geraubt
habe, und solche nicht wieder zurückgeben wolle.
Sie vergaß es endlich ganz, daß sie Nonne sei,
verlangte, daß man ihr als einer vornehmen Da-
me begegnen solle, und duldete kein Nonnenkleid
mehr an ihrem Körper.

Da sich der Haß ihrer Mitschwestern durch ih-
ren unglücklichen Zustand sehr gemindert hatte,
da jene überdieß dem großen Vermögen der ar-
men Karoline ihren größern Wohlstand zu danken
hatten, so duldete man jetzt ihre Launen mit vie-
ler Nachsicht, die Aebtissin ließ ihr weltliche Klei-
der machen, und würde ihr längst schon ihr Kind
zurückgegeben haben, wenn es nicht im zweiten

und mit dem Tode kaͤmpfe. Sie flehte oft die
Voruͤbergehenden um Arzenei an, und dankte aufs
innigſte, wenn es ſich ihrer Einbildung nach mit
dem Kleinen beſſerte. Sie verrieth uͤbrigens in
allen ihren Geſpraͤchen nicht die geringſte Spur
eines weitern Wahnſinnes, ſie erzaͤhlte oft den
Nonnen ſtundenlang von den Staͤdten und Laͤn-
dern, welche ſie an der Seite ihres Friedrichs
durchreiſet hatte, ſie war vorſichtig genug, die
zweite Veraͤnderung ihrer Religion und die wirk-
liche Heirath mit ihm nie zu erwaͤhnen, beides
blieb den Nonnen ein Geheimniß. Nur in der
ſpaͤtern Folge ward ihr auch das Gedaͤchtniß un-
getreu, ſie verwechſelte Friedrichs Geſchichte mit
der ihrigen, ſprach viel von einer barbariſchen
Mutter, von einem harten Onkel, der ſie noch
immer verfolge, ihr alle ihre Landguͤter geraubt
habe, und ſolche nicht wieder zuruͤckgeben wolle.
Sie vergaß es endlich ganz, daß ſie Nonne ſei,
verlangte, daß man ihr als einer vornehmen Da-
me begegnen ſolle, und duldete kein Nonnenkleid
mehr an ihrem Koͤrper.

Da ſich der Haß ihrer Mitſchweſtern durch ih-
ren ungluͤcklichen Zuſtand ſehr gemindert hatte,
da jene uͤberdieß dem großen Vermoͤgen der ar-
men Karoline ihren groͤßern Wohlſtand zu danken
hatten, ſo duldete man jetzt ihre Launen mit vie-
ler Nachſicht, die Aebtiſſin ließ ihr weltliche Klei-
der machen, und wuͤrde ihr laͤngſt ſchon ihr Kind
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[60/0068] und mit dem Tode kaͤmpfe. Sie flehte oft die Voruͤbergehenden um Arzenei an, und dankte aufs innigſte, wenn es ſich ihrer Einbildung nach mit dem Kleinen beſſerte. Sie verrieth uͤbrigens in allen ihren Geſpraͤchen nicht die geringſte Spur eines weitern Wahnſinnes, ſie erzaͤhlte oft den Nonnen ſtundenlang von den Staͤdten und Laͤn- dern, welche ſie an der Seite ihres Friedrichs durchreiſet hatte, ſie war vorſichtig genug, die zweite Veraͤnderung ihrer Religion und die wirk- liche Heirath mit ihm nie zu erwaͤhnen, beides blieb den Nonnen ein Geheimniß. Nur in der ſpaͤtern Folge ward ihr auch das Gedaͤchtniß un- getreu, ſie verwechſelte Friedrichs Geſchichte mit der ihrigen, ſprach viel von einer barbariſchen Mutter, von einem harten Onkel, der ſie noch immer verfolge, ihr alle ihre Landguͤter geraubt habe, und ſolche nicht wieder zuruͤckgeben wolle. Sie vergaß es endlich ganz, daß ſie Nonne ſei, verlangte, daß man ihr als einer vornehmen Da- me begegnen ſolle, und duldete kein Nonnenkleid mehr an ihrem Koͤrper. Da ſich der Haß ihrer Mitſchweſtern durch ih- ren ungluͤcklichen Zuſtand ſehr gemindert hatte, da jene uͤberdieß dem großen Vermoͤgen der ar- men Karoline ihren groͤßern Wohlſtand zu danken hatten, ſo duldete man jetzt ihre Launen mit vie- ler Nachſicht, die Aebtiſſin ließ ihr weltliche Klei- der machen, und wuͤrde ihr laͤngſt ſchon ihr Kind zuruͤckgegeben haben, wenn es nicht im zweiten

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/68>, abgerufen am 22.11.2024.