Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.mußten. Sie sprach französisch, englisch, und Wie sie sechszehn Jahr alt war, äußerte sie Franz war ein schöner, sanfter Jüngling, er Wie der Flügel, samt einem prächtigen Forte- mußten. Sie ſprach franzoͤſiſch, engliſch, und Wie ſie ſechszehn Jahr alt war, aͤußerte ſie Franz war ein ſchoͤner, ſanfter Juͤngling, er Wie der Fluͤgel, ſamt einem praͤchtigen Forte- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="70"/> mußten. Sie ſprach franzoͤſiſch, engliſch, und<lb/> italieniſch, und verdankte dieſe Sprachkenntniß<lb/> mehr ihrem vortreflichen Gedaͤchtniſſe, als der<lb/> Geſchicklichkeit ihrer Lehrer.</p><lb/> <p>Wie ſie ſechszehn Jahr alt war, aͤußerte ſie<lb/> ein heftiges Verlangen den Fluͤgel ſpielen zu ler-<lb/> nen. Der Sohn des Schulmeiſters, welcher im<lb/> nahen Dorfe wohnte, war eben von der Univer-<lb/> ſitaͤt zuruͤckgekommen, er ſpielte an einem Sonn-<lb/> tage mit großer Geſchwindigkeit und mit noch<lb/> groͤßerer Anmuth die Orgel, ſein Spiel entzuͤckte<lb/> Wilhelminen, ſie wuͤnſchte eben ſo ſchoͤn zu ſpie-<lb/> len, und Franz, ſo hieß des Schulmeiſters Sohn,<lb/> ward bald hernach ihr Lehrer.</p><lb/> <p>Franz war ein ſchoͤner, ſanfter Juͤngling, er<lb/> hatte nach des Vaters Willen die Theologie ſtu-<lb/> diert, und ſollte, wenn der Himmel ſeinen Segen<lb/> und der Baron ſeinen Willen dazu gaͤbe, einſt auf<lb/> den Guͤtern des letztern eine Pfarre erhalten.<lb/> Vater und Sohn waren gleich ſtark erfreut, als<lb/> ihnen der Baron das Verlangen ſeiner Tochter<lb/> vortrug, und in den gnaͤdigſten Ausdruͤcken hinzu-<lb/> fuͤgte, daß, wenn ſeine Muͤhe mit gutem Erfolge<lb/> gekroͤnt wuͤrde, er zum Lohne die erſte ledige<lb/> Pfarre erhalten ſollte.</p><lb/> <p>Wie der Fluͤgel, ſamt einem praͤchtigen Forte-<lb/> piano aus der Stadt anlangte, zog Franz aufs<lb/> Schloß, und begann ſeinen Unterricht. Anfangs<lb/> ſchraͤnkte ſich dieſer nur auf zwei Stunden des<lb/> Tages ein, bald fand aber Wilhelmine groͤßern<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0078]
mußten. Sie ſprach franzoͤſiſch, engliſch, und
italieniſch, und verdankte dieſe Sprachkenntniß
mehr ihrem vortreflichen Gedaͤchtniſſe, als der
Geſchicklichkeit ihrer Lehrer.
Wie ſie ſechszehn Jahr alt war, aͤußerte ſie
ein heftiges Verlangen den Fluͤgel ſpielen zu ler-
nen. Der Sohn des Schulmeiſters, welcher im
nahen Dorfe wohnte, war eben von der Univer-
ſitaͤt zuruͤckgekommen, er ſpielte an einem Sonn-
tage mit großer Geſchwindigkeit und mit noch
groͤßerer Anmuth die Orgel, ſein Spiel entzuͤckte
Wilhelminen, ſie wuͤnſchte eben ſo ſchoͤn zu ſpie-
len, und Franz, ſo hieß des Schulmeiſters Sohn,
ward bald hernach ihr Lehrer.
Franz war ein ſchoͤner, ſanfter Juͤngling, er
hatte nach des Vaters Willen die Theologie ſtu-
diert, und ſollte, wenn der Himmel ſeinen Segen
und der Baron ſeinen Willen dazu gaͤbe, einſt auf
den Guͤtern des letztern eine Pfarre erhalten.
Vater und Sohn waren gleich ſtark erfreut, als
ihnen der Baron das Verlangen ſeiner Tochter
vortrug, und in den gnaͤdigſten Ausdruͤcken hinzu-
fuͤgte, daß, wenn ſeine Muͤhe mit gutem Erfolge
gekroͤnt wuͤrde, er zum Lohne die erſte ledige
Pfarre erhalten ſollte.
Wie der Fluͤgel, ſamt einem praͤchtigen Forte-
piano aus der Stadt anlangte, zog Franz aufs
Schloß, und begann ſeinen Unterricht. Anfangs
ſchraͤnkte ſich dieſer nur auf zwei Stunden des
Tages ein, bald fand aber Wilhelmine groͤßern
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