Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

tige Monarchin sie retten wollte, wie des
Unerforschlichen Gericht über den Bösewicht be-
gann, der ganz sicher überzeugt zu sein glaub-
te, daß Amalie schon längst geendet hätte,
ihn nie mehr zur Verantwortung ziehen würde.

Der Kronprinz ging einst an einem schö-
nen Sommerabende, in seinen Mantel ge-
hüllt, ganz allein in den entlegenen Gas-
sen der Stadt spazieren; wie er in die klein-
ste derselben einlenken wollte, sah er zwei
Weiber an der Thür des Eckhauses sitzen,
sie waren im tiefen Gespräche begriffen, und
erregten seine Aufmerksamkeit dadurch, daß
sie beide gefühlvoll und theilnehmend weinten.
Er blieb an der Ecke stehen, und hörte ih-
rem Gespräche zu.

Gott wird's, sprach die eine, doch einst
schrecklich strafen und rächen, sie hat daher
vollkommen Recht, daß sie ihm nicht vorgreift,

tige Monarchin ſie retten wollte, wie des
Unerforſchlichen Gericht uͤber den Boͤſewicht be-
gann, der ganz ſicher uͤberzeugt zu ſein glaub-
te, daß Amalie ſchon laͤngſt geendet haͤtte,
ihn nie mehr zur Verantwortung ziehen wuͤrde.

Der Kronprinz ging einſt an einem ſchoͤ-
nen Sommerabende, in ſeinen Mantel ge-
huͤllt, ganz allein in den entlegenen Gaſ-
ſen der Stadt ſpazieren; wie er in die klein-
ſte derſelben einlenken wollte, ſah er zwei
Weiber an der Thuͤr des Eckhauſes ſitzen,
ſie waren im tiefen Geſpraͤche begriffen, und
erregten ſeine Aufmerkſamkeit dadurch, daß
ſie beide gefuͤhlvoll und theilnehmend weinten.
Er blieb an der Ecke ſtehen, und hoͤrte ih-
rem Geſpraͤche zu.

Gott wird's, ſprach die eine, doch einſt
ſchrecklich ſtrafen und raͤchen, ſie hat daher
vollkommen Recht, daß ſie ihm nicht vorgreift,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="165"/>
tige Monarchin &#x017F;ie retten wollte, wie des<lb/>
Unerfor&#x017F;chlichen Gericht u&#x0364;ber den Bo&#x0364;&#x017F;ewicht be-<lb/>
gann, der ganz &#x017F;icher u&#x0364;berzeugt zu &#x017F;ein glaub-<lb/>
te, daß Amalie &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t geendet ha&#x0364;tte,<lb/>
ihn nie mehr zur Verantwortung ziehen wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Der Kronprinz ging ein&#x017F;t an einem &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Sommerabende, in &#x017F;einen Mantel ge-<lb/>
hu&#x0364;llt, ganz allein in den entlegenen Ga&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en der Stadt &#x017F;pazieren; wie er in die klein-<lb/>
&#x017F;te der&#x017F;elben einlenken wollte, &#x017F;ah er zwei<lb/>
Weiber an der Thu&#x0364;r des Eckhau&#x017F;es &#x017F;itzen,<lb/>
&#x017F;ie waren im tiefen Ge&#x017F;pra&#x0364;che begriffen, und<lb/>
erregten &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit dadurch, daß<lb/>
&#x017F;ie beide gefu&#x0364;hlvoll und theilnehmend weinten.<lb/>
Er blieb an der Ecke &#x017F;tehen, und ho&#x0364;rte ih-<lb/>
rem Ge&#x017F;pra&#x0364;che zu.</p><lb/>
        <p>Gott wird's, &#x017F;prach die eine, doch ein&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chrecklich &#x017F;trafen und ra&#x0364;chen, &#x017F;ie hat daher<lb/>
vollkommen Recht, daß &#x017F;ie ihm nicht vorgreift,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0179] tige Monarchin ſie retten wollte, wie des Unerforſchlichen Gericht uͤber den Boͤſewicht be- gann, der ganz ſicher uͤberzeugt zu ſein glaub- te, daß Amalie ſchon laͤngſt geendet haͤtte, ihn nie mehr zur Verantwortung ziehen wuͤrde. Der Kronprinz ging einſt an einem ſchoͤ- nen Sommerabende, in ſeinen Mantel ge- huͤllt, ganz allein in den entlegenen Gaſ- ſen der Stadt ſpazieren; wie er in die klein- ſte derſelben einlenken wollte, ſah er zwei Weiber an der Thuͤr des Eckhauſes ſitzen, ſie waren im tiefen Geſpraͤche begriffen, und erregten ſeine Aufmerkſamkeit dadurch, daß ſie beide gefuͤhlvoll und theilnehmend weinten. Er blieb an der Ecke ſtehen, und hoͤrte ih- rem Geſpraͤche zu. Gott wird's, ſprach die eine, doch einſt ſchrecklich ſtrafen und raͤchen, ſie hat daher vollkommen Recht, daß ſie ihm nicht vorgreift,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/179
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/179>, abgerufen am 27.11.2024.