chen ein anderes Mädchen wähle. Er gelobte beim Abschiede, ihr stets zu schreiben, er erfüllte sein Gelübde nie, beantwortete kei- nen ihrer Briefe, in welchen sie ihm in der Folge ihren unglücklichen Zustand entdeckte, und vergebens um Mitleid und Hülfe flehte.
Die betrogne Unglückliche konnte ihn nicht vergessen, das Pfand seiner treulosen Liebe ruhte unter ihrem Herzen, mit jedem Mor- gen ahndete sie Entdeckung, und mit dieser das Ende ihres guten Rufs, die Verachtung aller Redlichen des Dorfs. Ihre Stiefmut- ter, welche am leichtesten ihren Zustand arg- wohnen konnte, entdeckte ihn auch zuerst. Sie sprach tröstend mit der Leidenden, zeigte ihr Wege und Mittel, wie sie der drohen- den Schande ausweichen könne, und wollte sie eben unter einem erdichteten Vorwande zu einer entfernten Anverwandtin senden, als der Vater unverhoft heimkehrte.
Ein
chen ein anderes Maͤdchen waͤhle. Er gelobte beim Abſchiede, ihr ſtets zu ſchreiben, er erfuͤllte ſein Geluͤbde nie, beantwortete kei- nen ihrer Briefe, in welchen ſie ihm in der Folge ihren ungluͤcklichen Zuſtand entdeckte, und vergebens um Mitleid und Huͤlfe flehte.
Die betrogne Ungluͤckliche konnte ihn nicht vergeſſen, das Pfand ſeiner treuloſen Liebe ruhte unter ihrem Herzen, mit jedem Mor- gen ahndete ſie Entdeckung, und mit dieſer das Ende ihres guten Rufs, die Verachtung aller Redlichen des Dorfs. Ihre Stiefmut- ter, welche am leichteſten ihren Zuſtand arg- wohnen konnte, entdeckte ihn auch zuerſt. Sie ſprach troͤſtend mit der Leidenden, zeigte ihr Wege und Mittel, wie ſie der drohen- den Schande ausweichen koͤnne, und wollte ſie eben unter einem erdichteten Vorwande zu einer entfernten Anverwandtin ſenden, als der Vater unverhoft heimkehrte.
Ein
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chen ein anderes Maͤdchen waͤhle. Er gelobte
beim Abſchiede, ihr ſtets zu ſchreiben, er
erfuͤllte ſein Geluͤbde nie, beantwortete kei-
nen ihrer Briefe, in welchen ſie ihm in der
Folge ihren ungluͤcklichen Zuſtand entdeckte,
und vergebens um Mitleid und Huͤlfe flehte.
Die betrogne Ungluͤckliche konnte ihn nicht
vergeſſen, das Pfand ſeiner treuloſen Liebe
ruhte unter ihrem Herzen, mit jedem Mor-
gen ahndete ſie Entdeckung, und mit dieſer
das Ende ihres guten Rufs, die Verachtung
aller Redlichen des Dorfs. Ihre Stiefmut-
ter, welche am leichteſten ihren Zuſtand arg-
wohnen konnte, entdeckte ihn auch zuerſt.
Sie ſprach troͤſtend mit der Leidenden, zeigte
ihr Wege und Mittel, wie ſie der drohen-
den Schande ausweichen koͤnne, und wollte
ſie eben unter einem erdichteten Vorwande
zu einer entfernten Anverwandtin ſenden, als
der Vater unverhoft heimkehrte.
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/206>, abgerufen am 29.11.2024.
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