Wort, welches ich mit ihnen ferner spreche, das lezte, welches mein Mund auszusprechen vermag. Ich schwörs bei der Leiche des gelieb- ten Bruders, ich wills halten all mein Lebe- lang! Mit diesen Worten entschlüpfte sie der Hand des Fürsten, und war nicht mehr zu be- wegen, die Thüre ihres verschloßnen Kabinets zu öfnen.
Der sonst so gütige, so menschenfreundliche Fürst liebte innig, liebte äusserst heftig. Diese Leidenschaft, die zwar oft schmachtet, aber auch raßt und wüthet, wenn sie Widerstand findet, leitete izt seine Handlungen, die überdies in Eile und Hitze ausgeübt wurden. Noch saß die arme Gattin, unbekannt mit allen, in ihrem Zimmer, sah dem Spiele ihrer Kinder zu, als Abgesandte des Fürsten eintraten, ihr ohne Schonung die rasche That ihres Gatten, und zugleich den strengen Befehl des Fürsten be- kannt machten, daß sie das ganze Haus durch-
Wort, welches ich mit ihnen ferner ſpreche, das lezte, welches mein Mund auszuſprechen vermag. Ich ſchwoͤrs bei der Leiche des gelieb- ten Bruders, ich wills halten all mein Lebe- lang! Mit dieſen Worten entſchluͤpfte ſie der Hand des Fuͤrſten, und war nicht mehr zu be- wegen, die Thuͤre ihres verſchloßnen Kabinets zu oͤfnen.
Der ſonſt ſo guͤtige, ſo menſchenfreundliche Fuͤrſt liebte innig, liebte aͤuſſerſt heftig. Dieſe Leidenſchaft, die zwar oft ſchmachtet, aber auch raßt und wuͤthet, wenn ſie Widerſtand findet, leitete izt ſeine Handlungen, die uͤberdies in Eile und Hitze ausgeuͤbt wurden. Noch ſaß die arme Gattin, unbekannt mit allen, in ihrem Zimmer, ſah dem Spiele ihrer Kinder zu, als Abgeſandte des Fuͤrſten eintraten, ihr ohne Schonung die raſche That ihres Gatten, und zugleich den ſtrengen Befehl des Fuͤrſten be- kannt machten, daß ſie das ganze Haus durch-
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Wort, welches ich mit ihnen ferner ſpreche,
das lezte, welches mein Mund auszuſprechen
vermag. Ich ſchwoͤrs bei der Leiche des gelieb-
ten Bruders, ich wills halten all mein Lebe-
lang! Mit dieſen Worten entſchluͤpfte ſie der
Hand des Fuͤrſten, und war nicht mehr zu be-
wegen, die Thuͤre ihres verſchloßnen Kabinets
zu oͤfnen.
Der ſonſt ſo guͤtige, ſo menſchenfreundliche
Fuͤrſt liebte innig, liebte aͤuſſerſt heftig. Dieſe
Leidenſchaft, die zwar oft ſchmachtet, aber auch
raßt und wuͤthet, wenn ſie Widerſtand findet,
leitete izt ſeine Handlungen, die uͤberdies in
Eile und Hitze ausgeuͤbt wurden. Noch ſaß die
arme Gattin, unbekannt mit allen, in ihrem
Zimmer, ſah dem Spiele ihrer Kinder zu, als
Abgeſandte des Fuͤrſten eintraten, ihr ohne
Schonung die raſche That ihres Gatten, und
zugleich den ſtrengen Befehl des Fuͤrſten be-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/114>, abgerufen am 21.11.2024.
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