ich reichte es dir, um dich zu trösten. Schicke dich in dein Schicksal, du warst es ehe schon gewohnt. Der Hauptmann ist jung und schön, er erzählte uns oft, daß er dich schon ehemals liebte, und ehrte; dies bewog uns vorzüglich zum Entschlusse. Sey daher weise, es wird dir bei uns wohlergehen. -- --
Noch begreife ichs immer nicht, wo ich Muth und Entschlossenheit sammlete, um diese schrecklichen Nachrichten mit Standhaftigkeit anzuhören. Die Gewißheit, daß der so innig geliebte Gatte würklich ermordet sei, drohte mein Herz zu zerreissen, und doch verrieth mein Gesicht diese schmerzhafte Empfindung nicht. Ich lächelte aus Verzweiflung, aber die Räuber nahmens für Empfindung der Freude, und machten es den Uebrigen kund, als sie erwachten. Flucht oder Tod war izt der einzige Gedanke, welchen meine Seele dachte und faßte.
Biogr. d. W. 4r Bd. S
ich reichte es dir, um dich zu troͤſten. Schicke dich in dein Schickſal, du warſt es ehe ſchon gewohnt. Der Hauptmann iſt jung und ſchoͤn, er erzaͤhlte uns oft, daß er dich ſchon ehemals liebte, und ehrte; dies bewog uns vorzuͤglich zum Entſchluſſe. Sey daher weiſe, es wird dir bei uns wohlergehen. — —
Noch begreife ichs immer nicht, wo ich Muth und Entſchloſſenheit ſammlete, um dieſe ſchrecklichen Nachrichten mit Standhaftigkeit anzuhoͤren. Die Gewißheit, daß der ſo innig geliebte Gatte wuͤrklich ermordet ſei, drohte mein Herz zu zerreiſſen, und doch verrieth mein Geſicht dieſe ſchmerzhafte Empfindung nicht. Ich laͤchelte aus Verzweiflung, aber die Raͤuber nahmens fuͤr Empfindung der Freude, und machten es den Uebrigen kund, als ſie erwachten. Flucht oder Tod war izt der einzige Gedanke, welchen meine Seele dachte und faßte.
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ich reichte es dir, um dich zu troͤſten. Schicke
dich in dein Schickſal, du warſt es ehe ſchon
gewohnt. Der Hauptmann iſt jung und ſchoͤn,
er erzaͤhlte uns oft, daß er dich ſchon ehemals
liebte, und ehrte; dies bewog uns vorzuͤglich
zum Entſchluſſe. Sey daher weiſe, es wird
dir bei uns wohlergehen. — —
Noch begreife ichs immer nicht, wo ich
Muth und Entſchloſſenheit ſammlete, um dieſe
ſchrecklichen Nachrichten mit Standhaftigkeit
anzuhoͤren. Die Gewißheit, daß der ſo innig
geliebte Gatte wuͤrklich ermordet ſei, drohte
mein Herz zu zerreiſſen, und doch verrieth
mein Geſicht dieſe ſchmerzhafte Empfindung
nicht. Ich laͤchelte aus Verzweiflung, aber
die Raͤuber nahmens fuͤr Empfindung der
Freude, und machten es den Uebrigen kund,
als ſie erwachten. Flucht oder Tod war izt der
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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