labt hatte, forschte er nach ihrem Namen und der Ursache ihres Schreckens, als sie den er- stern stammlete, errieth er sogleich die Ursache des leztern. Er erinnerte sich, daß Wilhelm ihn in einem seiner Briefe sehr dringend gebe- then hatte, seinen Aufenthalt zu Frankfurt vor jedermann, vorzüglich aber vor einem ge- wissen Mädchen, welches sich Sophie G -- nen- ne, geheim zu halten. Sie können sich, schrieb der Undankbare, die Ursache meiner Bitte leicht denken, ich wurde, als ich noch Granadier war, mit ihr bekannt, das Mädchen hieng kletten- mäßig an mir, sie gewährte, und ich genoß al- les. Habsucht und Eigennuz könnte sie izt leicht reitzen, dem ehmaligen armen, izt reichen Liebhaber nachzulaufen, nach Art dieser kühnen Kreaturen entweder seine äußerst vortheilhafte, ihm ganz glücklich machende Heurath zu hin- dern, oder wenigstens ihr Stillschweigen nur für eine namhafte Summe zu verkaufen.
Der
labt hatte, forſchte er nach ihrem Namen und der Urſache ihres Schreckens, als ſie den er- ſtern ſtammlete, errieth er ſogleich die Urſache des leztern. Er erinnerte ſich, daß Wilhelm ihn in einem ſeiner Briefe ſehr dringend gebe- then hatte, ſeinen Aufenthalt zu Frankfurt vor jedermann, vorzuͤglich aber vor einem ge- wiſſen Maͤdchen, welches ſich Sophie G — nen- ne, geheim zu halten. Sie koͤnnen ſich, ſchrieb der Undankbare, die Urſache meiner Bitte leicht denken, ich wurde, als ich noch Granadier war, mit ihr bekannt, das Maͤdchen hieng kletten- maͤßig an mir, ſie gewaͤhrte, und ich genoß al- les. Habſucht und Eigennuz koͤnnte ſie izt leicht reitzen, dem ehmaligen armen, izt reichen Liebhaber nachzulaufen, nach Art dieſer kuͤhnen Kreaturen entweder ſeine aͤußerſt vortheilhafte, ihm ganz gluͤcklich machende Heurath zu hin- dern, oder wenigſtens ihr Stillſchweigen nur fuͤr eine namhafte Summe zu verkaufen.
Der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0058"n="48"/>
labt hatte, forſchte er nach ihrem Namen und<lb/>
der Urſache ihres Schreckens, als ſie den er-<lb/>ſtern ſtammlete, errieth er ſogleich die Urſache<lb/>
des leztern. Er erinnerte ſich, daß Wilhelm<lb/>
ihn in einem ſeiner Briefe ſehr dringend gebe-<lb/>
then hatte, ſeinen Aufenthalt zu Frankfurt<lb/>
vor jedermann, vorzuͤglich aber vor einem ge-<lb/>
wiſſen Maͤdchen, welches ſich Sophie G — nen-<lb/>
ne, geheim zu halten. Sie koͤnnen ſich, ſchrieb<lb/>
der Undankbare, die Urſache meiner Bitte leicht<lb/>
denken, ich wurde, als ich noch Granadier war,<lb/>
mit ihr bekannt, das Maͤdchen hieng kletten-<lb/>
maͤßig an mir, ſie gewaͤhrte, und ich genoß al-<lb/>
les. Habſucht und Eigennuz koͤnnte ſie izt<lb/>
leicht reitzen, dem ehmaligen armen, izt reichen<lb/>
Liebhaber nachzulaufen, nach Art dieſer kuͤhnen<lb/>
Kreaturen entweder ſeine aͤußerſt vortheilhafte,<lb/>
ihm ganz gluͤcklich machende Heurath zu hin-<lb/>
dern, oder wenigſtens ihr Stillſchweigen nur<lb/>
fuͤr eine namhafte Summe zu verkaufen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[48/0058]
labt hatte, forſchte er nach ihrem Namen und
der Urſache ihres Schreckens, als ſie den er-
ſtern ſtammlete, errieth er ſogleich die Urſache
des leztern. Er erinnerte ſich, daß Wilhelm
ihn in einem ſeiner Briefe ſehr dringend gebe-
then hatte, ſeinen Aufenthalt zu Frankfurt
vor jedermann, vorzuͤglich aber vor einem ge-
wiſſen Maͤdchen, welches ſich Sophie G — nen-
ne, geheim zu halten. Sie koͤnnen ſich, ſchrieb
der Undankbare, die Urſache meiner Bitte leicht
denken, ich wurde, als ich noch Granadier war,
mit ihr bekannt, das Maͤdchen hieng kletten-
maͤßig an mir, ſie gewaͤhrte, und ich genoß al-
les. Habſucht und Eigennuz koͤnnte ſie izt
leicht reitzen, dem ehmaligen armen, izt reichen
Liebhaber nachzulaufen, nach Art dieſer kuͤhnen
Kreaturen entweder ſeine aͤußerſt vortheilhafte,
ihm ganz gluͤcklich machende Heurath zu hin-
dern, oder wenigſtens ihr Stillſchweigen nur
fuͤr eine namhafte Summe zu verkaufen.
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/58>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.