Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

jener Aufklärung, die heute leider eine so erschreckende Ausbreitung gefunden hat, denn der Bräutigam durfte in der Folge seine hörige Braut von den Liebkosungen des Gutsherrn, die dieser als Entschädigung für seine Einwilligung zur Verheiratung derselben vorwegnahm, loskaufen und diese Gebühr bereicherte unseren Sprachschatz mit einigen sehr bezeichnenden, aber eben deshalb desto unanständigeren Ausdrücken und das einzige unverfänglich aussehende Wort zur Bezeichnung jener Abgabe ist der Ausdruck: Schürzenzins. Nur einen Gutsherrn hat es, wie allen Musikliebhabern bekannt ist, gegeben, der auf das Jus primae noctis ohne auf einen Schürzenzins Anspruch zu machen, Verzicht geleistet hat, der Graf Almaviva nämlich in Mozarts Hochzeit des Figaro. Dieser für den Juristen so interessante Fall wird uns gleich in der ersten Scene des ersten Aktes mitgetheilt. Es ist die Rede von der Aussteuer, die der Graf Susannen gegeben, und Figaro hält dieses Geschenk für eine Belohnung seiner Verdienste, doch Susanne klärt ihren Bräutigam

jener Aufklärung, die heute leider eine so erschreckende Ausbreitung gefunden hat, denn der Bräutigam durfte in der Folge seine hörige Braut von den Liebkosungen des Gutsherrn, die dieser als Entschädigung für seine Einwilligung zur Verheiratung derselben vorwegnahm, loskaufen und diese Gebühr bereicherte unseren Sprachschatz mit einigen sehr bezeichnenden, aber eben deshalb desto unanständigeren Ausdrücken und das einzige unverfänglich aussehende Wort zur Bezeichnung jener Abgabe ist der Ausdruck: Schürzenzins. Nur einen Gutsherrn hat es, wie allen Musikliebhabern bekannt ist, gegeben, der auf das Jus primae noctis ohne auf einen Schürzenzins Anspruch zu machen, Verzicht geleistet hat, der Graf Almaviva nämlich in Mozarts Hochzeit des Figaro. Dieser für den Juristen so interessante Fall wird uns gleich in der ersten Scene des ersten Aktes mitgetheilt. Es ist die Rede von der Aussteuer, die der Graf Susannen gegeben, und Figaro hält dieses Geschenk für eine Belohnung seiner Verdienste, doch Susanne klärt ihren Bräutigam

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="17"/>
jener Aufklärung, die heute leider eine so erschreckende Ausbreitung gefunden hat, denn der Bräutigam durfte in der Folge seine hörige Braut von den Liebkosungen des Gutsherrn, die dieser als Entschädigung für seine Einwilligung zur Verheiratung derselben vorwegnahm, loskaufen und diese Gebühr bereicherte unseren Sprachschatz mit einigen sehr bezeichnenden, aber eben deshalb desto unanständigeren Ausdrücken und das einzige unverfänglich aussehende Wort zur Bezeichnung jener Abgabe ist der Ausdruck: Schürzenzins. Nur <hi rendition="#g">einen</hi> Gutsherrn hat es, wie allen Musikliebhabern bekannt ist, gegeben, der auf das <hi rendition="#i">Jus primae noctis</hi> ohne auf einen Schürzenzins Anspruch zu machen, Verzicht geleistet hat, der Graf Almaviva nämlich in Mozarts Hochzeit des Figaro. Dieser für den Juristen so interessante Fall wird uns gleich in der ersten Scene des ersten Aktes mitgetheilt. Es ist die Rede von der Aussteuer, die der Graf Susannen gegeben, und Figaro hält dieses Geschenk für eine Belohnung seiner Verdienste, doch Susanne klärt ihren Bräutigam
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0019] jener Aufklärung, die heute leider eine so erschreckende Ausbreitung gefunden hat, denn der Bräutigam durfte in der Folge seine hörige Braut von den Liebkosungen des Gutsherrn, die dieser als Entschädigung für seine Einwilligung zur Verheiratung derselben vorwegnahm, loskaufen und diese Gebühr bereicherte unseren Sprachschatz mit einigen sehr bezeichnenden, aber eben deshalb desto unanständigeren Ausdrücken und das einzige unverfänglich aussehende Wort zur Bezeichnung jener Abgabe ist der Ausdruck: Schürzenzins. Nur einen Gutsherrn hat es, wie allen Musikliebhabern bekannt ist, gegeben, der auf das Jus primae noctis ohne auf einen Schürzenzins Anspruch zu machen, Verzicht geleistet hat, der Graf Almaviva nämlich in Mozarts Hochzeit des Figaro. Dieser für den Juristen so interessante Fall wird uns gleich in der ersten Scene des ersten Aktes mitgetheilt. Es ist die Rede von der Aussteuer, die der Graf Susannen gegeben, und Figaro hält dieses Geschenk für eine Belohnung seiner Verdienste, doch Susanne klärt ihren Bräutigam

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/19
Zitationshilfe: Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/19>, abgerufen am 22.12.2024.