Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.Bilde zu sehen war. Aber auf einmal wollte er sein Hab Bilde zu ſehen war. Aber auf einmal wollte er ſein Hab <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0239" n="229"/> Bilde zu ſehen war. Aber auf einmal wollte er ſein Hab<lb/> und Gut für ſich haben und ſein eigener Meiſter ſein und<lb/> forderte es dem Vater ab und lief fort damit und ver¬<lb/> praßte Alles. Und als er gar Nichts mehr hatte, mußte er<lb/> hingehen und Knecht ſein bei einem Bauer, der hatte aber<lb/> nicht ſo ſchöne Thiere, wie auf ſeines Vaters Feldern waren,<lb/> ſondern nur Schweinlein, dieſe mußte er hüten und er<lb/> hatte nur noch Fetzen auf ſich und bekam nur von den<lb/> Träbern, welche die Schweinchen aßen, ein klein wenig.<lb/> Da dachte er daran, wie er es daheim beim Vater gehabt<lb/> und wie gut der Vater mit ihm geweſen war und wie un¬<lb/> dankbar er gegen den Vater gehandelt hatte, und er mußte<lb/> weinen vor Reue und Heimweh. Und er dachte: „Ich will<lb/> zu meinem Vater gehen und ihn um Verzeihung bitten<lb/> und ihm ſagen, ich bin nicht mehr werth, dein Sohn zu<lb/> heißen, aber laß mich nur dein Taglöhner bei dir ſein.“<lb/> Und wie er von ferne gegen das Haus ſeines Vaters kam,<lb/> da ſah ihn der Vater und kam herausgelaufen — „was<lb/> meinſt du jetzt, Großvater?“ unterbrach ſich Heidi in ſeinem<lb/> Vorleſen; „jetzt meinſt du, der Vater ſei noch böſe und<lb/> ſage zu ihm: ‚Ich habe dir's ja geſagt!?‘ Jetzt hör' nur, was<lb/> kommt: ‚Und ſein Vater ſah ihn und es jammerte ihn<lb/> und lief und fiel ihn um den Hals und küßte ihn und der<lb/> Sohn ſprach zu ihm: Vater, ich habe geſündigt gegen den<lb/> Himmel und vor dir und bin nicht mehr werth dein Sohn<lb/> zu heißen. Aber der Vater ſprach zu ſeinen Knechten:<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [229/0239]
Bilde zu ſehen war. Aber auf einmal wollte er ſein Hab
und Gut für ſich haben und ſein eigener Meiſter ſein und
forderte es dem Vater ab und lief fort damit und ver¬
praßte Alles. Und als er gar Nichts mehr hatte, mußte er
hingehen und Knecht ſein bei einem Bauer, der hatte aber
nicht ſo ſchöne Thiere, wie auf ſeines Vaters Feldern waren,
ſondern nur Schweinlein, dieſe mußte er hüten und er
hatte nur noch Fetzen auf ſich und bekam nur von den
Träbern, welche die Schweinchen aßen, ein klein wenig.
Da dachte er daran, wie er es daheim beim Vater gehabt
und wie gut der Vater mit ihm geweſen war und wie un¬
dankbar er gegen den Vater gehandelt hatte, und er mußte
weinen vor Reue und Heimweh. Und er dachte: „Ich will
zu meinem Vater gehen und ihn um Verzeihung bitten
und ihm ſagen, ich bin nicht mehr werth, dein Sohn zu
heißen, aber laß mich nur dein Taglöhner bei dir ſein.“
Und wie er von ferne gegen das Haus ſeines Vaters kam,
da ſah ihn der Vater und kam herausgelaufen — „was
meinſt du jetzt, Großvater?“ unterbrach ſich Heidi in ſeinem
Vorleſen; „jetzt meinſt du, der Vater ſei noch böſe und
ſage zu ihm: ‚Ich habe dir's ja geſagt!?‘ Jetzt hör' nur, was
kommt: ‚Und ſein Vater ſah ihn und es jammerte ihn
und lief und fiel ihn um den Hals und küßte ihn und der
Sohn ſprach zu ihm: Vater, ich habe geſündigt gegen den
Himmel und vor dir und bin nicht mehr werth dein Sohn
zu heißen. Aber der Vater ſprach zu ſeinen Knechten:
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