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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

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Silben hervordrängt, dürfen wir von lyrischer Wirkung pst_221.002
sprechen.

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Im epischen Stil dagegen behauptet das einzelne, pst_221.004
einen Gegenstand bezeichnende Wort sein hohes Recht pst_221.005
(Seite 99). Schon im Wortschatz der homerischen Epen pst_221.006
glaubten wir, die Leistung des Epikers anerkennen zu pst_221.007
müssen. Die Fülle der Worte stellt die Fülle des wechselnden pst_221.008
Lebens fest, und wir schätzen den epischen pst_221.009
Dichter, weil er uns die Fülle des Lebens vorstellt.

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Die Funktionalität der Teile, das Wesen des dramatischen pst_221.011
Stils, ist ausgeprägt im Ganzen des Satzes, wo pst_221.012
das Subjekt in einem Bezug zum Prädikat, der Nebensatz pst_221.013
in einem Bezug zum Hauptsatz steht und ein Vorblick pst_221.014
aufs Ganze nötig ist, um die einzelnen Teile zu pst_221.015
verstehen.

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Wie aber nun in Sätzen entweder die Bezüge der pst_221.017
Teile oder die einzelnen Vorstellungen oder die Lautelemente pst_221.018
mächtiger sind, so wirkt sich in einer Dichtung pst_221.019
je nachdem das Lyrische oder das Epische oder Dramatische pst_221.020
deutlicher aus, ohne daß deshalb das andere pst_221.021
fehlte oder auch nur, als in einem sprachlichen Kunstwerk, pst_221.022
je ganz fehlen könnte. Ja, derselbe Satz wird, je pst_221.023
nachdem ich ihn meine, mehr lyrisch oder mehr episch pst_221.024
oder dramatisch tönen. Zum Beispiel die Zeile aus Eichendorffs pst_221.025
"Rückkehr" (Seite 41):

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"Da hört' ich geigen, pfeifen ..."
pst_221.027

Im Zusammenhang des Gedichts erklingen diese pst_221.028
Worte in jenem rhythmisch und melodisch schwebenden pst_221.029
Ton, der jede Silbe in die Magie der schmerzlichen pst_221.030
Stimmung einbezieht. Derselbe Satz könnte in einer

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Silben hervordrängt, dürfen wir von lyrischer Wirkung pst_221.002
sprechen.

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  Im epischen Stil dagegen behauptet das einzelne, pst_221.004
einen Gegenstand bezeichnende Wort sein hohes Recht pst_221.005
(Seite 99). Schon im Wortschatz der homerischen Epen pst_221.006
glaubten wir, die Leistung des Epikers anerkennen zu pst_221.007
müssen. Die Fülle der Worte stellt die Fülle des wechselnden pst_221.008
Lebens fest, und wir schätzen den epischen pst_221.009
Dichter, weil er uns die Fülle des Lebens vorstellt.

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  Die Funktionalität der Teile, das Wesen des dramatischen pst_221.011
Stils, ist ausgeprägt im Ganzen des Satzes, wo pst_221.012
das Subjekt in einem Bezug zum Prädikat, der Nebensatz pst_221.013
in einem Bezug zum Hauptsatz steht und ein Vorblick pst_221.014
aufs Ganze nötig ist, um die einzelnen Teile zu pst_221.015
verstehen.

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  Wie aber nun in Sätzen entweder die Bezüge der pst_221.017
Teile oder die einzelnen Vorstellungen oder die Lautelemente pst_221.018
mächtiger sind, so wirkt sich in einer Dichtung pst_221.019
je nachdem das Lyrische oder das Epische oder Dramatische pst_221.020
deutlicher aus, ohne daß deshalb das andere pst_221.021
fehlte oder auch nur, als in einem sprachlichen Kunstwerk, pst_221.022
je ganz fehlen könnte. Ja, derselbe Satz wird, je pst_221.023
nachdem ich ihn meine, mehr lyrisch oder mehr episch pst_221.024
oder dramatisch tönen. Zum Beispiel die Zeile aus Eichendorffs pst_221.025
«Rückkehr» (Seite 41):

pst_221.026
«Da hört' ich geigen, pfeifen ...»
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  Im Zusammenhang des Gedichts erklingen diese pst_221.028
Worte in jenem rhythmisch und melodisch schwebenden pst_221.029
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Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/225>, abgerufen am 21.11.2024.