aber unbedingt anerkannten, haben theils ihr früheres System einfach beibehalten, wie Oesterreich, und die Reichswürden und Landeswürden förmlich anerkannt, theils sie gesetzlich eingerichtet oder Bestehendes durch förmliche Gesetze sanktionirt. Die Würden sind daher theils erblich, und dann müssen sie als Reichswürden betrachtet werden, theils sind sie verleihbar, und dann soll man sie als Hofwürden betrachten, wozu namentlich das System der Kammerherren gehört, theils sind sie erbliche Landeswürden. Der oft gebrauchte Ausdruck Kron- würden ist an sich ganz richtig, da er eben den wesentlichen Unterschied zwischen Krone und Hof festhält; nur muß man dabei nie übersehen, daß die Kronwürden selbst wieder theils Reichs- theils Hofwürden sind, bei denen die Erblichkeit den Grund der Geltung des Princips der ständischen Gesellschaft bedeutet, die sich dasselbe auch in den Verfassungen hat erhalten können. Manche dieser früheren Landeswürden sind all- mählig zu hohen Amtsfunktionen erhoben, und bilden dann eigentlich keine Würden mehr, sondern es tritt hier die alte Würde an die Stelle des amtlichen Ranges, und nur der Name erinnert noch an die frühere Bedeutung. Jedes einzelne Land hat dabei wieder sein System; doch ist der Unterschied hier stets mehr ein formeller, während das Wesen der Sache gleich ist. Gemeinsam ist allen der Mangel jeder Competenz für staatliche Funktionen, und das Recht auf die Symbole dieser Wür- den, so wie darauf, sie als Umgebung der Krone mit dem ihnen ge- bührenden Platz und Rang zu tragen.
An dieß System der Würden schließt sich nun das System der Stellen für den Hofdienst, die man uneigentlich auch wohl die Hof- ämter nennt. Das Wesen des Hofdienstes besteht darin, daß durch ihn die Funktionen vollzogen werden, welche nicht mehr für die Krone, sondern für den Hof nothwendig sind. Durch die darin liegende un- mittelbare Beziehung zur Person des Souverains reicht der Hofdienst mit seiner Spitze in die Hofwürden hinein, während die untersten Stufen zu rein wirthschaftlichen Dienstverhältnissen werden. Die Ordnung des Hofdienstes ist daher eine rein persönliche Angelegenheit des Fürsten, das Element der fürstlichen Würde ist aber auch hier nicht ganz aus- geschlossen, sondern erscheint in dem besondern Gerichtsstande für die- jenigen Verhältnisse, welche den Hofdienst selber betreffen. Es leuchtet ein, daß auch hier von einer amtlichen Stellung keine Rede ist.
In dieser Weise bilden Würden und Hofdienst gleichsam den selb- ständigen, von seiner Thätigkeit getrennt gedachten Staat, der in Krone und Hof für sich dasteht und in diesen seinen Organen einen selbstän- digen Theil des Staatsorganismus ausmacht. -- Für unsre spezielle Aufgabe wäre nun alles erreicht, wenn durch die obige Darstellung die
aber unbedingt anerkannten, haben theils ihr früheres Syſtem einfach beibehalten, wie Oeſterreich, und die Reichswürden und Landeswürden förmlich anerkannt, theils ſie geſetzlich eingerichtet oder Beſtehendes durch förmliche Geſetze ſanktionirt. Die Würden ſind daher theils erblich, und dann müſſen ſie als Reichswürden betrachtet werden, theils ſind ſie verleihbar, und dann ſoll man ſie als Hofwürden betrachten, wozu namentlich das Syſtem der Kammerherren gehört, theils ſind ſie erbliche Landeswürden. Der oft gebrauchte Ausdruck Kron- würden iſt an ſich ganz richtig, da er eben den weſentlichen Unterſchied zwiſchen Krone und Hof feſthält; nur muß man dabei nie überſehen, daß die Kronwürden ſelbſt wieder theils Reichs- theils Hofwürden ſind, bei denen die Erblichkeit den Grund der Geltung des Princips der ſtändiſchen Geſellſchaft bedeutet, die ſich daſſelbe auch in den Verfaſſungen hat erhalten können. Manche dieſer früheren Landeswürden ſind all- mählig zu hohen Amtsfunktionen erhoben, und bilden dann eigentlich keine Würden mehr, ſondern es tritt hier die alte Würde an die Stelle des amtlichen Ranges, und nur der Name erinnert noch an die frühere Bedeutung. Jedes einzelne Land hat dabei wieder ſein Syſtem; doch iſt der Unterſchied hier ſtets mehr ein formeller, während das Weſen der Sache gleich iſt. Gemeinſam iſt allen der Mangel jeder Competenz für ſtaatliche Funktionen, und das Recht auf die Symbole dieſer Wür- den, ſo wie darauf, ſie als Umgebung der Krone mit dem ihnen ge- bührenden Platz und Rang zu tragen.
An dieß Syſtem der Würden ſchließt ſich nun das Syſtem der Stellen für den Hofdienſt, die man uneigentlich auch wohl die Hof- ämter nennt. Das Weſen des Hofdienſtes beſteht darin, daß durch ihn die Funktionen vollzogen werden, welche nicht mehr für die Krone, ſondern für den Hof nothwendig ſind. Durch die darin liegende un- mittelbare Beziehung zur Perſon des Souverains reicht der Hofdienſt mit ſeiner Spitze in die Hofwürden hinein, während die unterſten Stufen zu rein wirthſchaftlichen Dienſtverhältniſſen werden. Die Ordnung des Hofdienſtes iſt daher eine rein perſönliche Angelegenheit des Fürſten, das Element der fürſtlichen Würde iſt aber auch hier nicht ganz aus- geſchloſſen, ſondern erſcheint in dem beſondern Gerichtsſtande für die- jenigen Verhältniſſe, welche den Hofdienſt ſelber betreffen. Es leuchtet ein, daß auch hier von einer amtlichen Stellung keine Rede iſt.
In dieſer Weiſe bilden Würden und Hofdienſt gleichſam den ſelb- ſtändigen, von ſeiner Thätigkeit getrennt gedachten Staat, der in Krone und Hof für ſich daſteht und in dieſen ſeinen Organen einen ſelbſtän- digen Theil des Staatsorganismus ausmacht. — Für unſre ſpezielle Aufgabe wäre nun alles erreicht, wenn durch die obige Darſtellung die
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aber unbedingt anerkannten, haben theils ihr früheres Syſtem einfach
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förmliche Geſetze ſanktionirt. Die Würden ſind daher theils erblich,
und dann müſſen ſie als Reichswürden betrachtet werden, theils ſind
ſie verleihbar, und dann ſoll man ſie als Hofwürden betrachten,
wozu namentlich das Syſtem der Kammerherren gehört, theils ſind ſie
erbliche Landeswürden. Der oft gebrauchte Ausdruck Kron-
würden iſt an ſich ganz richtig, da er eben den weſentlichen Unterſchied
zwiſchen Krone und Hof feſthält; nur muß man dabei nie überſehen,
daß die Kronwürden ſelbſt wieder theils Reichs- theils Hofwürden ſind,
bei denen die Erblichkeit den Grund der Geltung des Princips der
ſtändiſchen Geſellſchaft bedeutet, die ſich daſſelbe auch in den Verfaſſungen
hat erhalten können. Manche dieſer früheren Landeswürden ſind all-
mählig zu hohen Amtsfunktionen erhoben, und bilden dann eigentlich
keine Würden mehr, ſondern es tritt hier die alte Würde an die Stelle
des amtlichen Ranges, und nur der Name erinnert noch an die frühere
Bedeutung. Jedes einzelne Land hat dabei wieder ſein Syſtem; doch
iſt der Unterſchied hier ſtets mehr ein formeller, während das Weſen
der Sache gleich iſt. Gemeinſam iſt allen der Mangel jeder Competenz
für ſtaatliche Funktionen, und das Recht auf die Symbole dieſer Wür-
den, ſo wie darauf, ſie als Umgebung der Krone mit dem ihnen ge-
bührenden Platz und Rang zu tragen.
An dieß Syſtem der Würden ſchließt ſich nun das Syſtem der
Stellen für den Hofdienſt, die man uneigentlich auch wohl die Hof-
ämter nennt. Das Weſen des Hofdienſtes beſteht darin, daß durch
ihn die Funktionen vollzogen werden, welche nicht mehr für die Krone,
ſondern für den Hof nothwendig ſind. Durch die darin liegende un-
mittelbare Beziehung zur Perſon des Souverains reicht der Hofdienſt
mit ſeiner Spitze in die Hofwürden hinein, während die unterſten Stufen
zu rein wirthſchaftlichen Dienſtverhältniſſen werden. Die Ordnung des
Hofdienſtes iſt daher eine rein perſönliche Angelegenheit des Fürſten,
das Element der fürſtlichen Würde iſt aber auch hier nicht ganz aus-
geſchloſſen, ſondern erſcheint in dem beſondern Gerichtsſtande für die-
jenigen Verhältniſſe, welche den Hofdienſt ſelber betreffen. Es leuchtet
ein, daß auch hier von einer amtlichen Stellung keine Rede iſt.
In dieſer Weiſe bilden Würden und Hofdienſt gleichſam den ſelb-
ſtändigen, von ſeiner Thätigkeit getrennt gedachten Staat, der in Krone
und Hof für ſich daſteht und in dieſen ſeinen Organen einen ſelbſtän-
digen Theil des Staatsorganismus ausmacht. — Für unſre ſpezielle
Aufgabe wäre nun alles erreicht, wenn durch die obige Darſtellung die
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/291>, abgerufen am 22.11.2024.
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