Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.IV. Das Auswanderungswesen der polizeilichen Epoche. (Wesen des populationistischen Auswanderungsrechts. Das Detractsrecht wird Das Auswanderungswesen der polizeilichen Epoche hat eben so So wie nämlich mit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts die 1) Die populationistischen Auswanderungsverbote beginnen "Es war," sagt Berg (Polizeirecht III. Bd. S. 56), "nach dem IV. Das Auswanderungsweſen der polizeilichen Epoche. (Weſen des populationiſtiſchen Auswanderungsrechts. Das Detractsrecht wird Das Auswanderungsweſen der polizeilichen Epoche hat eben ſo So wie nämlich mit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts die 1) Die populationiſtiſchen Auswanderungsverbote beginnen „Es war,“ ſagt Berg (Polizeirecht III. Bd. S. 56), „nach dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0216" n="194"/> <div n="8"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Das Auswanderungsweſen der polizeilichen Epoche.</hi> </head><lb/> <argument> <p>(Weſen des populationiſtiſchen Auswanderungsrechts. Das Detractsrecht wird<lb/> zum Regal und verſchwindet. Grundlage und Entſtehung der <hi rendition="#g">Auswanderungs-<lb/> verbote</hi>. Inhalt und Geſtaltung derſelben. Die äußere Coloniſation.)</p> </argument><lb/> <p>Das Auswanderungsweſen der polizeilichen Epoche hat eben ſo<lb/> wenig wie das Einwanderungsweſen einen äußerlich beſtimmten Anfang;<lb/> wohl aber hat es ein innerlich beſtimmtes Princip; und dieß ergibt ſich<lb/> aus den früheren Darſtellungen faſt von ſelbſt und erzeugt bei der Aus-<lb/> wanderung wie bei der Einwanderung ein doppeltes, ſcheinbar ſich wider-<lb/> ſprechendes Syſtem, das der <hi rendition="#g">Verhinderung</hi> und das der <hi rendition="#g">Förderung</hi><lb/> der Auswanderung.</p><lb/> <p>So wie nämlich mit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts die<lb/> Regierungen zu der Vorſtellung gelangen, die durch die Theorie der<lb/> jungen Staatswiſſenſchaft und durch die Thatſache der ſtehenden Heere<lb/> auf das Lebhafteſte unterſtützt wird, daß die Glückſeligkeit und Macht<lb/> der Staaten in geradem Verhältniß zu der Dichtigkeit der Bevölkerung<lb/> ſtehe, ſo tritt der Wunſch auf, die <hi rendition="#g">Auswanderung zu verhindern</hi>.<lb/> Dieſe Verhinderung der Auswanderung ſchlägt nur da in ihr Gegentheil<lb/> um, wo man eine Machtvermehrung durch Anlage von überſeeiſchen<lb/> Colonien hofft; und hier erſcheint daher die <hi rendition="#g">Beförderung</hi> der Aus-<lb/> wanderung in dem Verſuche, äußere Colonien anzulegen. Beide Beſtre-<lb/> bungen haben daher eine gemeinſame Tendenz; wir bezeichnen die aus<lb/> der letztern hervorgehenden Beſtimmungen am beſten als das <hi rendition="#g">popula-<lb/> tioniſtiſche Auswanderungsrecht</hi>. Daſſelbe hat ſeine eigene<lb/> hiſtoriſche Entwicklung.</p><lb/> <p>1) Die populationiſtiſchen <hi rendition="#g">Auswanderungsverbote</hi> beginnen<lb/> bereits mit der erſten Hälfte des vorigen Jahrhunderts; aber ſie ſcheiden<lb/> ſich in zwei auch der Zeit nach verſchiedene Gruppen.</p><lb/> <p>„Es war,“ ſagt <hi rendition="#g">Berg</hi> (Polizeirecht <hi rendition="#aq">III.</hi> Bd. S. 56), „nach dem<lb/> ſiebenjährigen Kriege, als die Begierde, nach Preußen, Polen, Ruß-<lb/> land, Ungarn und Amerika auszuwandern, einen großen Theil der<lb/> teutſchen Einwohner gleich einer Seuche ergriff, Wohlhabende und Arme<lb/> mit gleicher Gewalt fortriß und die Bemühungen zahlreicher Emiſſarien<lb/> mit dem glücklichſten Erfolge lohnte. Unter dieſen Umſtänden forderte<lb/> der Kaiſer die Reichsſtände durch ein allgemeines Edikt auf, Niemanden<lb/> außer Reiches Gränzen die Auswanderung zu verſtatten — die Emiſ-<lb/> ſarien auszukundſchaften, anzuhalten und mit ſchwerer Strafe zu bele-<lb/> gen.“ Das ſcheint der Anfang der förmlichen geſetzlichen Auswanderungs-<lb/> verbote; genauer hat <hi rendition="#g">Moſer</hi> (Reichsſtaatshandbuch <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 121 und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [194/0216]
IV. Das Auswanderungsweſen der polizeilichen Epoche.
(Weſen des populationiſtiſchen Auswanderungsrechts. Das Detractsrecht wird
zum Regal und verſchwindet. Grundlage und Entſtehung der Auswanderungs-
verbote. Inhalt und Geſtaltung derſelben. Die äußere Coloniſation.)
Das Auswanderungsweſen der polizeilichen Epoche hat eben ſo
wenig wie das Einwanderungsweſen einen äußerlich beſtimmten Anfang;
wohl aber hat es ein innerlich beſtimmtes Princip; und dieß ergibt ſich
aus den früheren Darſtellungen faſt von ſelbſt und erzeugt bei der Aus-
wanderung wie bei der Einwanderung ein doppeltes, ſcheinbar ſich wider-
ſprechendes Syſtem, das der Verhinderung und das der Förderung
der Auswanderung.
So wie nämlich mit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts die
Regierungen zu der Vorſtellung gelangen, die durch die Theorie der
jungen Staatswiſſenſchaft und durch die Thatſache der ſtehenden Heere
auf das Lebhafteſte unterſtützt wird, daß die Glückſeligkeit und Macht
der Staaten in geradem Verhältniß zu der Dichtigkeit der Bevölkerung
ſtehe, ſo tritt der Wunſch auf, die Auswanderung zu verhindern.
Dieſe Verhinderung der Auswanderung ſchlägt nur da in ihr Gegentheil
um, wo man eine Machtvermehrung durch Anlage von überſeeiſchen
Colonien hofft; und hier erſcheint daher die Beförderung der Aus-
wanderung in dem Verſuche, äußere Colonien anzulegen. Beide Beſtre-
bungen haben daher eine gemeinſame Tendenz; wir bezeichnen die aus
der letztern hervorgehenden Beſtimmungen am beſten als das popula-
tioniſtiſche Auswanderungsrecht. Daſſelbe hat ſeine eigene
hiſtoriſche Entwicklung.
1) Die populationiſtiſchen Auswanderungsverbote beginnen
bereits mit der erſten Hälfte des vorigen Jahrhunderts; aber ſie ſcheiden
ſich in zwei auch der Zeit nach verſchiedene Gruppen.
„Es war,“ ſagt Berg (Polizeirecht III. Bd. S. 56), „nach dem
ſiebenjährigen Kriege, als die Begierde, nach Preußen, Polen, Ruß-
land, Ungarn und Amerika auszuwandern, einen großen Theil der
teutſchen Einwohner gleich einer Seuche ergriff, Wohlhabende und Arme
mit gleicher Gewalt fortriß und die Bemühungen zahlreicher Emiſſarien
mit dem glücklichſten Erfolge lohnte. Unter dieſen Umſtänden forderte
der Kaiſer die Reichsſtände durch ein allgemeines Edikt auf, Niemanden
außer Reiches Gränzen die Auswanderung zu verſtatten — die Emiſ-
ſarien auszukundſchaften, anzuhalten und mit ſchwerer Strafe zu bele-
gen.“ Das ſcheint der Anfang der förmlichen geſetzlichen Auswanderungs-
verbote; genauer hat Moſer (Reichsſtaatshandbuch II. S. 121 und
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