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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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bezog, aber zugleich für die Armenzuständigkeit entscheidend ward. Das
war die Umgestaltung der alten Armenverwaltungsgemeinde der Parish, in
die neue, die Union, die zum Zweck der Herstellung der Arbeitshäuser
vor sich ging. Allerdings gehört die Frage nach den Workhouses
nicht hierher; allein ihr indirekter Einfluß auf das Heimathswesen be-
stand darin, daß die neue Verwaltungsgemeinde mit ihren größeren
Mitteln und ihren weiteren Gränzen an Kraft gewann, die Armenlasten
zu übernehmen, und daher den Erwerb der Heimath auch ohne Besitz
leichter zulassen konnte. Während bis dahin England dem Continent
vorausgegangen, konnte es jetzt im Heimathsrecht demselben folgen.
Zuerst brachte Robert Peel das Gesetz durch, daß "Arbeiter, die
fünf Jahre ununterbrochen an Einem Orte ohne Armenhülfe sich auf-
gehalten, zwar nicht das Heimathsrecht gewinnen (nicht settled), wohl
aber nicht ausweisbar sind." Diese Akte (9. 10. Vict. c. 66. 1846)
diese sogen. Irremoveable Paupers-Act war eine halbe Maßregel,
denn verließ der Arbeiter diesen Aufenthalt, so war seine Nichtaus-
weisbarkeit gebrochen, und seine Lage ganz die frühere. Daher nahm
das Parlament schon im folgenden Jahre die sogen. Bodkins-Act
(10. 11. Vict. c. 110) an, nach welcher die nicht ausweisbaren, aber
doch auch nicht heimathberechtigten Armen nicht mehr von der Parish,
in der sie sich aufhalten, sondern von der Union, der dieß Kirchspiel
angehört, im Falle der Armuth unterstützt werden sollten. (Kries §. 26).
Auch das ist offenbar nur eine unfertige Maßregel, und der Kampf
über das Heimathsrecht wird so lange in England fortbestehen, bis
das ganze Heimathsrecht auf die Union als wahre Armenverwaltungs-
gemeinde zurückgeführt sein wird. Kries hat die verschiedenen Be-
strebungen und Gründe trefflich dargestellt. Es scheint kein Zweifel,
worin der Charakter der Bewegung dieser Rechtsbildung in England
liegt, und das scheint Bitzer gefühlt zu haben. Wir wollen die Sache
hervorheben, obgleich sie eigentlich erst zur Armenverwaltung gehört.
Die staatliche Verpflichtung zur Armenunterstützung einmal angenom-
men
, müssen natürlich Competenz und Zuständigkeit sich gegenseitig
decken und erfüllen; und das ist es, was in England fehlt. Competent
oder gesetzlich verpflichtet, sind hier zwei Gemeinden, der Parish und
die Union; zuständig ist dagegen der Arme im Grunde nur noch bei
der Parish, obgleich die Union 1834 hergestellt wurde, weil eben die
gesetzliche Competenz der Parish eine zu schwere Last aufbürdete. Hier
liegt der formale Fehler im Heimathswesen Englands, und leicht ver-
ständlich scheint er wohl zu sein. Einen andern Standpunkt nimmt
Schottland ein.

Wir dürfen auch in Beziehung auf Schottland auf die Darstellung

bezog, aber zugleich für die Armenzuſtändigkeit entſcheidend ward. Das
war die Umgeſtaltung der alten Armenverwaltungsgemeinde der Parish, in
die neue, die Union, die zum Zweck der Herſtellung der Arbeitshäuſer
vor ſich ging. Allerdings gehört die Frage nach den Workhouses
nicht hierher; allein ihr indirekter Einfluß auf das Heimathsweſen be-
ſtand darin, daß die neue Verwaltungsgemeinde mit ihren größeren
Mitteln und ihren weiteren Gränzen an Kraft gewann, die Armenlaſten
zu übernehmen, und daher den Erwerb der Heimath auch ohne Beſitz
leichter zulaſſen konnte. Während bis dahin England dem Continent
vorausgegangen, konnte es jetzt im Heimathsrecht demſelben folgen.
Zuerſt brachte Robert Peel das Geſetz durch, daß „Arbeiter, die
fünf Jahre ununterbrochen an Einem Orte ohne Armenhülfe ſich auf-
gehalten, zwar nicht das Heimathsrecht gewinnen (nicht settled), wohl
aber nicht ausweisbar ſind.“ Dieſe Akte (9. 10. Vict. c. 66. 1846)
dieſe ſogen. Irremoveable Paupers-Act war eine halbe Maßregel,
denn verließ der Arbeiter dieſen Aufenthalt, ſo war ſeine Nichtaus-
weisbarkeit gebrochen, und ſeine Lage ganz die frühere. Daher nahm
das Parlament ſchon im folgenden Jahre die ſogen. Bodkins-Act
(10. 11. Vict. c. 110) an, nach welcher die nicht ausweisbaren, aber
doch auch nicht heimathberechtigten Armen nicht mehr von der Parish,
in der ſie ſich aufhalten, ſondern von der Union, der dieß Kirchſpiel
angehört, im Falle der Armuth unterſtützt werden ſollten. (Kries §. 26).
Auch das iſt offenbar nur eine unfertige Maßregel, und der Kampf
über das Heimathsrecht wird ſo lange in England fortbeſtehen, bis
das ganze Heimathsrecht auf die Union als wahre Armenverwaltungs-
gemeinde zurückgeführt ſein wird. Kries hat die verſchiedenen Be-
ſtrebungen und Gründe trefflich dargeſtellt. Es ſcheint kein Zweifel,
worin der Charakter der Bewegung dieſer Rechtsbildung in England
liegt, und das ſcheint Bitzer gefühlt zu haben. Wir wollen die Sache
hervorheben, obgleich ſie eigentlich erſt zur Armenverwaltung gehört.
Die ſtaatliche Verpflichtung zur Armenunterſtützung einmal angenom-
men
, müſſen natürlich Competenz und Zuſtändigkeit ſich gegenſeitig
decken und erfüllen; und das iſt es, was in England fehlt. Competent
oder geſetzlich verpflichtet, ſind hier zwei Gemeinden, der Parish und
die Union; zuſtändig iſt dagegen der Arme im Grunde nur noch bei
der Parish, obgleich die Union 1834 hergeſtellt wurde, weil eben die
geſetzliche Competenz der Parish eine zu ſchwere Laſt aufbürdete. Hier
liegt der formale Fehler im Heimathsweſen Englands, und leicht ver-
ſtändlich ſcheint er wohl zu ſein. Einen andern Standpunkt nimmt
Schottland ein.

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[297/0319] bezog, aber zugleich für die Armenzuſtändigkeit entſcheidend ward. Das war die Umgeſtaltung der alten Armenverwaltungsgemeinde der Parish, in die neue, die Union, die zum Zweck der Herſtellung der Arbeitshäuſer vor ſich ging. Allerdings gehört die Frage nach den Workhouses nicht hierher; allein ihr indirekter Einfluß auf das Heimathsweſen be- ſtand darin, daß die neue Verwaltungsgemeinde mit ihren größeren Mitteln und ihren weiteren Gränzen an Kraft gewann, die Armenlaſten zu übernehmen, und daher den Erwerb der Heimath auch ohne Beſitz leichter zulaſſen konnte. Während bis dahin England dem Continent vorausgegangen, konnte es jetzt im Heimathsrecht demſelben folgen. Zuerſt brachte Robert Peel das Geſetz durch, daß „Arbeiter, die fünf Jahre ununterbrochen an Einem Orte ohne Armenhülfe ſich auf- gehalten, zwar nicht das Heimathsrecht gewinnen (nicht settled), wohl aber nicht ausweisbar ſind.“ Dieſe Akte (9. 10. Vict. c. 66. 1846) dieſe ſogen. Irremoveable Paupers-Act war eine halbe Maßregel, denn verließ der Arbeiter dieſen Aufenthalt, ſo war ſeine Nichtaus- weisbarkeit gebrochen, und ſeine Lage ganz die frühere. Daher nahm das Parlament ſchon im folgenden Jahre die ſogen. Bodkins-Act (10. 11. Vict. c. 110) an, nach welcher die nicht ausweisbaren, aber doch auch nicht heimathberechtigten Armen nicht mehr von der Parish, in der ſie ſich aufhalten, ſondern von der Union, der dieß Kirchſpiel angehört, im Falle der Armuth unterſtützt werden ſollten. (Kries §. 26). Auch das iſt offenbar nur eine unfertige Maßregel, und der Kampf über das Heimathsrecht wird ſo lange in England fortbeſtehen, bis das ganze Heimathsrecht auf die Union als wahre Armenverwaltungs- gemeinde zurückgeführt ſein wird. Kries hat die verſchiedenen Be- ſtrebungen und Gründe trefflich dargeſtellt. Es ſcheint kein Zweifel, worin der Charakter der Bewegung dieſer Rechtsbildung in England liegt, und das ſcheint Bitzer gefühlt zu haben. Wir wollen die Sache hervorheben, obgleich ſie eigentlich erſt zur Armenverwaltung gehört. Die ſtaatliche Verpflichtung zur Armenunterſtützung einmal angenom- men, müſſen natürlich Competenz und Zuſtändigkeit ſich gegenſeitig decken und erfüllen; und das iſt es, was in England fehlt. Competent oder geſetzlich verpflichtet, ſind hier zwei Gemeinden, der Parish und die Union; zuſtändig iſt dagegen der Arme im Grunde nur noch bei der Parish, obgleich die Union 1834 hergeſtellt wurde, weil eben die geſetzliche Competenz der Parish eine zu ſchwere Laſt aufbürdete. Hier liegt der formale Fehler im Heimathsweſen Englands, und leicht ver- ſtändlich ſcheint er wohl zu ſein. Einen andern Standpunkt nimmt Schottland ein. Wir dürfen auch in Beziehung auf Schottland auf die Darſtellung

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/319>, abgerufen am 24.11.2024.