Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.Die dritte Gruppe hat die Doctores medicinae, aber daneben Die vierte Gruppe endlich zeigt uns in der neuesten Zeit Eng- Es leuchtet nun wohl ein, daß auf diesen so äußerst verschiedenen Bei weitem die meisten deutschen Staaten halten den Grundsatz Die dritte Gruppe hat die Doctores medicinae, aber daneben Die vierte Gruppe endlich zeigt uns in der neueſten Zeit Eng- Es leuchtet nun wohl ein, daß auf dieſen ſo äußerſt verſchiedenen Bei weitem die meiſten deutſchen Staaten halten den Grundſatz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0118" n="102"/> <p>Die <hi rendition="#g">dritte</hi> Gruppe hat die <hi rendition="#aq">Doctores medicinae,</hi> aber <hi rendition="#g">daneben</hi><lb/> das Syſtem der Heildiener, welche ohne beſtimmte ſcharf zu bezeichnende<lb/> Gränze eine gewiſſe wiſſenſchaftliche Bildung haben müſſen, aber da ſie<lb/> keine Univerſitätsſtudien machen, auch einer rein ſtaatlichen Prüfung<lb/> niederen Grades unterliegen. Das iſt das Syſtem Frankreichs mit<lb/> ſeinen <hi rendition="#aq">Officiers de santé</hi> und ſeiner <hi rendition="#aq">Jury médicale,</hi> welche prüft und<lb/> Zeugniß gibt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">vierte</hi> Gruppe endlich zeigt uns in der neueſten Zeit Eng-<lb/> land, in welchem die berufsmäßige Prüfung und die Ertheilung des<lb/> Doctorgrades durch eine Staats-Prüfungscommiſſion eingeführt iſt, aber<lb/><hi rendition="#g">daneben</hi> das ungeprüfte Heilperſonal <hi rendition="#g">ohne alle</hi> Bildung und Ober-<lb/> aufſicht beſtehen und die Heilkunde ausüben läßt.</p><lb/> <p>Es leuchtet nun wohl ein, daß auf dieſen ſo äußerſt verſchiedenen<lb/> Grundlagen eine gemeinſchaftliche Darſtellung des Rechts der Aerzte<lb/> und ihres Syſtems nicht füglich möglich iſt. Wir müſſen daher für das<lb/> poſitive Verwaltungsrecht daran feſthalten, daß bis jetzt die geltende<lb/> Ordnung nur für <hi rendition="#g">jedes einzelne Land</hi> gegeben werden kann. Wenn<lb/> man jedoch nach den Grundſätzen der Verwaltung<hi rendition="#g">slehre</hi> neben denen<lb/> des Verwaltung<hi rendition="#g">srechts</hi> fragt, ſo ſind ſie wohl ſehr einfacher Natur,<lb/> und enthalten in der That nur die wiſſenſchaftliche Formulirung der<lb/> Thatſachen, welche ſich vor unſern Augen ohnehin vollziehen. Eine<lb/> Scheidung oder Claſſifikation der Aerzte nützt eben ſo wenig als eine<lb/> Specialprüfung. Die Fachbildung ſoll <hi rendition="#g">allen</hi> gemein, das Recht aber<lb/> gleich ſein. Die Fachprüfung der Univerſität muß genügen; dafür aber<lb/> müſſen die Univerſitäten ſelbſt wieder zu genügen im Stande ſein. Der<lb/> Schwerpunkt hat daher in den Studien und Prüfungsordnungen zu<lb/> liegen, ſtets unter der Vorausſetzung, daß die (praktiſche) Klinik mit<lb/> der Theorie verbunden bleibe. Hier liegt die Hauptſache <hi rendition="#g">niemals</hi> in<lb/> den Geſetzen, Formen und Prüfungen, ſondern in dem wiſſenſchaftlichen<lb/><hi rendition="#g">Geiſte</hi>, der den Beruf erfaßt, und es iſt feſtzuhalten, daß auch die<lb/> beſte Prüfung nie die Gewähr für einen guten Arzt, ſondern nur die<lb/> für ein Minimum der für das Heilweſen erforderlichen Kenntniſſe geben<lb/><hi rendition="#g">kann</hi> und gibt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Bei weitem die meiſten deutſchen Staaten halten den Grundſatz<lb/> feſt, daß die <hi rendition="#g">Studieno</hi>rdnungen der mediciniſchen Fakultäten das<lb/> Bildungs- und die <hi rendition="#g">Promotionso</hi>rdnung das Prüfungsrecht enthalten<lb/> und erſchöpfen. Ueber einſchlagende Beſtimmungen des vorigen Jahr-<lb/> hunderts, ſpeciell auch die Prüfungen und Zulaſſungen zur Praxis<lb/> betreffend, ſiehe <hi rendition="#g">Berg</hi>, Polizeirecht <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 83; <hi rendition="#g">Bergius</hi>, Polizei- und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0118]
Die dritte Gruppe hat die Doctores medicinae, aber daneben
das Syſtem der Heildiener, welche ohne beſtimmte ſcharf zu bezeichnende
Gränze eine gewiſſe wiſſenſchaftliche Bildung haben müſſen, aber da ſie
keine Univerſitätsſtudien machen, auch einer rein ſtaatlichen Prüfung
niederen Grades unterliegen. Das iſt das Syſtem Frankreichs mit
ſeinen Officiers de santé und ſeiner Jury médicale, welche prüft und
Zeugniß gibt.
Die vierte Gruppe endlich zeigt uns in der neueſten Zeit Eng-
land, in welchem die berufsmäßige Prüfung und die Ertheilung des
Doctorgrades durch eine Staats-Prüfungscommiſſion eingeführt iſt, aber
daneben das ungeprüfte Heilperſonal ohne alle Bildung und Ober-
aufſicht beſtehen und die Heilkunde ausüben läßt.
Es leuchtet nun wohl ein, daß auf dieſen ſo äußerſt verſchiedenen
Grundlagen eine gemeinſchaftliche Darſtellung des Rechts der Aerzte
und ihres Syſtems nicht füglich möglich iſt. Wir müſſen daher für das
poſitive Verwaltungsrecht daran feſthalten, daß bis jetzt die geltende
Ordnung nur für jedes einzelne Land gegeben werden kann. Wenn
man jedoch nach den Grundſätzen der Verwaltungslehre neben denen
des Verwaltungsrechts fragt, ſo ſind ſie wohl ſehr einfacher Natur,
und enthalten in der That nur die wiſſenſchaftliche Formulirung der
Thatſachen, welche ſich vor unſern Augen ohnehin vollziehen. Eine
Scheidung oder Claſſifikation der Aerzte nützt eben ſo wenig als eine
Specialprüfung. Die Fachbildung ſoll allen gemein, das Recht aber
gleich ſein. Die Fachprüfung der Univerſität muß genügen; dafür aber
müſſen die Univerſitäten ſelbſt wieder zu genügen im Stande ſein. Der
Schwerpunkt hat daher in den Studien und Prüfungsordnungen zu
liegen, ſtets unter der Vorausſetzung, daß die (praktiſche) Klinik mit
der Theorie verbunden bleibe. Hier liegt die Hauptſache niemals in
den Geſetzen, Formen und Prüfungen, ſondern in dem wiſſenſchaftlichen
Geiſte, der den Beruf erfaßt, und es iſt feſtzuhalten, daß auch die
beſte Prüfung nie die Gewähr für einen guten Arzt, ſondern nur die
für ein Minimum der für das Heilweſen erforderlichen Kenntniſſe geben
kann und gibt.
Bei weitem die meiſten deutſchen Staaten halten den Grundſatz
feſt, daß die Studienordnungen der mediciniſchen Fakultäten das
Bildungs- und die Promotionsordnung das Prüfungsrecht enthalten
und erſchöpfen. Ueber einſchlagende Beſtimmungen des vorigen Jahr-
hunderts, ſpeciell auch die Prüfungen und Zulaſſungen zur Praxis
betreffend, ſiehe Berg, Polizeirecht II. S. 83; Bergius, Polizei- und
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