Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.zur "Interdiction" jedoch schon seit Gesetz vom 16--24. August 1790 Stein, die Verwaltungslehre. III. 9
zur „Interdiction“ jedoch ſchon ſeit Geſetz vom 16—24. Auguſt 1790 Stein, die Verwaltungslehre. III. 9
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0145" n="129"/> zur „Interdiction“ jedoch ſchon ſeit Geſetz vom 16—24. Auguſt 1790<lb/> in Anſpruch genommen, doch fehlten noch die Irrenanſtalten: ſtatt der-<lb/> ſelben Unterbringung in den <hi rendition="#aq">hospices.</hi> Jene wurden erſt als allge-<lb/> meine Anſtalten errichtet mit dem Geſetz vom 30. Juni 1838: <hi rendition="#aq">„à la<lb/> fois une loi de police et une loi d’assistance publique,“</hi> zu welchem<lb/> das Reglement vom 18. December 1839 hinzugekommen iſt, ſo wie der<lb/> Grundſatz, daß jedes Reglement der Autoriſation des Präfekten bedürfe.<lb/> Die Oberaufſicht über die Privatanſtalten iſt genau geordnet; eben ſo<lb/> die Formalitäten und Bedingungen der Aufnahme und Entlaſſung, die<lb/> gerichtliche von der ſicherheitspolizeilichen unterſchieden; die Vertheilung<lb/> der <hi rendition="#g">Laſten</hi> ſtreng geordnet, und die Befolgung der Vorſchriften unter<lb/> Strafe geſtellt. Der Gegenſtand iſt vielfach und ausführlich behandelt<lb/> (ſ. die <hi rendition="#g">Literatur</hi> bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Leviez</hi> v. Aliénés</hi> bei <hi rendition="#g">Block</hi>. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Tardieu</hi>,<lb/> Dict. v. Aliénés</hi>). Die franzöſiſche Geſetzgebung hat der <hi rendition="#g">holländiſchen</hi><lb/> (Geſetz vom 29. Mai 1841; ſ. <hi rendition="#aq">De <hi rendition="#g">Bosch-Kemper</hi>: Nederland. Staats-<lb/> regt</hi> §. 375 nebſt den einzelnen Geſetzen) und der <hi rendition="#g">belgiſchen</hi> (Geſetz<lb/> vom 18. Juni 1850 und Reglement vom 1. Mai 1851) zum Muſter ge-<lb/> dient (ſ. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">de Fooz</hi>, Droit admin. belge IV. p.</hi> 391—395). Die Ver-<lb/> gleichung und der <hi rendition="#g">Text</hi> ſowohl der engliſchen von 8, 9 <hi rendition="#aq">Vict.</hi> 100. (1845)<lb/> — (warum hat man nicht die <hi rendition="#aq">Lunacy Act</hi> von 1853 genommen?) als<lb/> der <hi rendition="#g">franzöſiſchen, holländiſchen, belgiſchen, ſchwediſchen</hi> (vom<lb/> 5. März 1858), <hi rendition="#g">norwegiſchen</hi> (vom 17. Auguſt 1848) und <hi rendition="#g">Genfer</hi><lb/> (vom 5. Februar 1838) in einer trefflichen Zuſammenſtellung in der<lb/><hi rendition="#g">Allgemeinen Zeitſchrift</hi> für Pſychiatrie Bd. <hi rendition="#aq">XX.</hi> Suppl.Heft. Im<lb/> Detail iſt ſie übrigens <hi rendition="#g">nicht</hi> vollſtändig. — Was <hi rendition="#g">Deutſchland</hi> be-<lb/> trifft, ſo müſſen wir den Charakter ſeines Irrenweſens, durch den es<lb/> ſich von England, Frankreich und den übrigen Staaten ſo weſentlich<lb/> unterſcheidet, in <hi rendition="#g">zwei</hi> Punkten ſuchen, die bei aller Verſchiedenheit im<lb/> Einzelnen allen gemein ſind. Der erſte beſteht darin, daß kein deutſcher<lb/> Staat <hi rendition="#g">eine codificirte Irrengeſetzgebung</hi> hat, wie die oben citir-<lb/> ten; daß meiſtens die Anſtalten Landes- oder Privatanſtalten ſind;<lb/> daß in Folge deſſen die Thätigkeit der Staatsverwaltung eine weſent-<lb/> lich <hi rendition="#g">oberaufſehende</hi> iſt, und daher auch nur in einer allerdings<lb/> großen, aber doch faſt ausſchließlich nur auf die <hi rendition="#g">einzelnen</hi> Anſtalten<lb/> und ihre Verwaltung bezüglichen Reihe von Inſtruktionen, Verord-<lb/> nungen u. ſ. w. erſcheint, und daß endlich das juriſtiſche Element des<lb/> Irrenweſens als Pflegſchaftsweſen, von der Irrenverwaltung gänzlich<lb/> geſchieden, nur in den <hi rendition="#g">bürgerlichen</hi> Geſetzbüchern enthalten iſt. —<lb/> Das zweite großartige Element des deutſchen Irrenweſens dagegen be-<lb/> ſteht in dem <hi rendition="#g">Vereinsweſen der Irrenärzte</hi> mit ihren temporären<lb/> „pſychiatriſchen Verſammlungen,“ die mit großem Verſtändniß auch das<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">III.</hi> 9</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [129/0145]
zur „Interdiction“ jedoch ſchon ſeit Geſetz vom 16—24. Auguſt 1790
in Anſpruch genommen, doch fehlten noch die Irrenanſtalten: ſtatt der-
ſelben Unterbringung in den hospices. Jene wurden erſt als allge-
meine Anſtalten errichtet mit dem Geſetz vom 30. Juni 1838: „à la
fois une loi de police et une loi d’assistance publique,“ zu welchem
das Reglement vom 18. December 1839 hinzugekommen iſt, ſo wie der
Grundſatz, daß jedes Reglement der Autoriſation des Präfekten bedürfe.
Die Oberaufſicht über die Privatanſtalten iſt genau geordnet; eben ſo
die Formalitäten und Bedingungen der Aufnahme und Entlaſſung, die
gerichtliche von der ſicherheitspolizeilichen unterſchieden; die Vertheilung
der Laſten ſtreng geordnet, und die Befolgung der Vorſchriften unter
Strafe geſtellt. Der Gegenſtand iſt vielfach und ausführlich behandelt
(ſ. die Literatur bei Leviez v. Aliénés bei Block. Tardieu,
Dict. v. Aliénés). Die franzöſiſche Geſetzgebung hat der holländiſchen
(Geſetz vom 29. Mai 1841; ſ. De Bosch-Kemper: Nederland. Staats-
regt §. 375 nebſt den einzelnen Geſetzen) und der belgiſchen (Geſetz
vom 18. Juni 1850 und Reglement vom 1. Mai 1851) zum Muſter ge-
dient (ſ. de Fooz, Droit admin. belge IV. p. 391—395). Die Ver-
gleichung und der Text ſowohl der engliſchen von 8, 9 Vict. 100. (1845)
— (warum hat man nicht die Lunacy Act von 1853 genommen?) als
der franzöſiſchen, holländiſchen, belgiſchen, ſchwediſchen (vom
5. März 1858), norwegiſchen (vom 17. Auguſt 1848) und Genfer
(vom 5. Februar 1838) in einer trefflichen Zuſammenſtellung in der
Allgemeinen Zeitſchrift für Pſychiatrie Bd. XX. Suppl.Heft. Im
Detail iſt ſie übrigens nicht vollſtändig. — Was Deutſchland be-
trifft, ſo müſſen wir den Charakter ſeines Irrenweſens, durch den es
ſich von England, Frankreich und den übrigen Staaten ſo weſentlich
unterſcheidet, in zwei Punkten ſuchen, die bei aller Verſchiedenheit im
Einzelnen allen gemein ſind. Der erſte beſteht darin, daß kein deutſcher
Staat eine codificirte Irrengeſetzgebung hat, wie die oben citir-
ten; daß meiſtens die Anſtalten Landes- oder Privatanſtalten ſind;
daß in Folge deſſen die Thätigkeit der Staatsverwaltung eine weſent-
lich oberaufſehende iſt, und daher auch nur in einer allerdings
großen, aber doch faſt ausſchließlich nur auf die einzelnen Anſtalten
und ihre Verwaltung bezüglichen Reihe von Inſtruktionen, Verord-
nungen u. ſ. w. erſcheint, und daß endlich das juriſtiſche Element des
Irrenweſens als Pflegſchaftsweſen, von der Irrenverwaltung gänzlich
geſchieden, nur in den bürgerlichen Geſetzbüchern enthalten iſt. —
Das zweite großartige Element des deutſchen Irrenweſens dagegen be-
ſteht in dem Vereinsweſen der Irrenärzte mit ihren temporären
„pſychiatriſchen Verſammlungen,“ die mit großem Verſtändniß auch das
Stein, die Verwaltungslehre. III. 9
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