Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.In diesem Ganzen nun hat wieder jeder einzelne Theil sein eigenes Literatur. Der erste, der von einem höheren Gesichtspunkte das Gesetzgebung. Eine allgemeine selbständige Codifikation ist weder In dieſem Ganzen nun hat wieder jeder einzelne Theil ſein eigenes Literatur. Der erſte, der von einem höheren Geſichtspunkte das Geſetzgebung. Eine allgemeine ſelbſtändige Codifikation iſt weder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0069" n="53"/> <p>In dieſem Ganzen nun hat wieder jeder einzelne Theil ſein eigenes<lb/> Recht und ſeine eigene Geſchichte, die in den einzelnen Ländern ſehr<lb/> verſchieden iſt. Der Reichthum an Verordnungen, Geſetzen und theo-<lb/> retiſcher wie praktiſcher Literatur iſt gerade hier ein außerordentlich großer.<lb/> Um ſo wichtiger iſt es, das Ganze nicht über dem Einzelnen aus den<lb/> Augen zu verlieren, und dabei den adminiſtrativen Geſichtspunkt als<lb/> Aufgabe der Verwaltungsorgane von dem mediciniſchen als Aufgabe<lb/> der Wiſſenſchaft ſoweit thunlich zu ſcheiden. Die leitenden Thatſachen<lb/> für den erſteren ſind die folgenden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#g">Literatur</hi>. Der erſte, der von einem höheren Geſichtspunkte das<lb/> Gebiet der Geſundheitspolizei erfaßt und als organiſche Aufgabe der<lb/> Verwaltung dargeſtellt hat, iſt wohl <hi rendition="#g">Mirabeau</hi> <hi rendition="#aq">L’ami de l’homme</hi><lb/> (1770, mehrmals deutſch überſetzt), deſſen Anſichten dann in <hi rendition="#g">Juſti</hi><lb/> Polizeiwiſſenſchaft 4. Buch 18. Hauptſtück und <hi rendition="#g">Sonnenfels</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> 177 f.<lb/> übergingen. <hi rendition="#g">Berg</hi> Polizeirecht und <hi rendition="#g">Bergius</hi> Magazin ſammelten dann<lb/> viele einzelne Verordnungen, doch noch ohne Syſtem. Die auf Grund-<lb/> lage der mediciniſchen Wiſſenſchaft beruhende Theorie der geſammten<lb/> höheren Geſundheitspolizei verdanken wir aber erſt <hi rendition="#g">Frank</hi> in ſeinem<lb/> angeführten großen Werke, der zugleich mit außerordentlicher hiſtoriſcher<lb/> Kenntniß der Gründer der <hi rendition="#g">Geſchichte</hi> der höheren Geſundheitspolizei<lb/> geworden iſt, obwohl er noch den Namen derſelben nicht feſthält und<lb/> auch kein formales Syſtem hat, das er offenbar nicht für den Unterricht<lb/> und nicht für die Juriſten, ſondern für die gebildete und ärztliche Welt<lb/> ſchrieb. Seine freie und große Auffaſſung geht mit unſerem Jahrhun-<lb/> dert wieder in etwas verloren, indem <hi rendition="#g">Ehrhardt, Stoll, Ruſt,<lb/> Rönne</hi> u. A. ſich vielmehr faſt ausſchließlich den poſitiven, allerdings<lb/> mit unſerem Jahrhundert immer bedeutender werdenden Geſetzgebungen<lb/> zuwenden, während andere, wie <hi rendition="#g">Mohl</hi>, wieder durch den Mangel an<lb/> Unterſcheidung zwiſchen Medicin und Verwaltung in wenig lehrreiche<lb/> Allgemeinheiten verfallen und das <hi rendition="#g">Staatsrecht</hi> den Gegenſtand ganz<lb/> fallen läßt. Es iſt Sache der Verwaltungslehre, ihm ſeine Stellung<lb/> wieder zu geben.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Geſetzgebung</hi>. Eine allgemeine ſelbſtändige Codifikation iſt weder<lb/> gut thunlich, noch auch von Werth, obwohl man ſie gefordert hat. Die<lb/> Einheit muß doch durch die Wiſſenſchaft gegeben werden. Auch die<lb/> engliſche Geſetzgebung über die Geſundheitspolizei in den <hi rendition="#aq">General</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Local Health Acts</hi> umfaßt denn doch nur einzelne Theile. Dennoch<lb/> hat die Geſetzgebung mit unſerem Jahrhundert hier einen ganz beſtimmten<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0069]
In dieſem Ganzen nun hat wieder jeder einzelne Theil ſein eigenes
Recht und ſeine eigene Geſchichte, die in den einzelnen Ländern ſehr
verſchieden iſt. Der Reichthum an Verordnungen, Geſetzen und theo-
retiſcher wie praktiſcher Literatur iſt gerade hier ein außerordentlich großer.
Um ſo wichtiger iſt es, das Ganze nicht über dem Einzelnen aus den
Augen zu verlieren, und dabei den adminiſtrativen Geſichtspunkt als
Aufgabe der Verwaltungsorgane von dem mediciniſchen als Aufgabe
der Wiſſenſchaft ſoweit thunlich zu ſcheiden. Die leitenden Thatſachen
für den erſteren ſind die folgenden.
Literatur. Der erſte, der von einem höheren Geſichtspunkte das
Gebiet der Geſundheitspolizei erfaßt und als organiſche Aufgabe der
Verwaltung dargeſtellt hat, iſt wohl Mirabeau L’ami de l’homme
(1770, mehrmals deutſch überſetzt), deſſen Anſichten dann in Juſti
Polizeiwiſſenſchaft 4. Buch 18. Hauptſtück und Sonnenfels I. 177 f.
übergingen. Berg Polizeirecht und Bergius Magazin ſammelten dann
viele einzelne Verordnungen, doch noch ohne Syſtem. Die auf Grund-
lage der mediciniſchen Wiſſenſchaft beruhende Theorie der geſammten
höheren Geſundheitspolizei verdanken wir aber erſt Frank in ſeinem
angeführten großen Werke, der zugleich mit außerordentlicher hiſtoriſcher
Kenntniß der Gründer der Geſchichte der höheren Geſundheitspolizei
geworden iſt, obwohl er noch den Namen derſelben nicht feſthält und
auch kein formales Syſtem hat, das er offenbar nicht für den Unterricht
und nicht für die Juriſten, ſondern für die gebildete und ärztliche Welt
ſchrieb. Seine freie und große Auffaſſung geht mit unſerem Jahrhun-
dert wieder in etwas verloren, indem Ehrhardt, Stoll, Ruſt,
Rönne u. A. ſich vielmehr faſt ausſchließlich den poſitiven, allerdings
mit unſerem Jahrhundert immer bedeutender werdenden Geſetzgebungen
zuwenden, während andere, wie Mohl, wieder durch den Mangel an
Unterſcheidung zwiſchen Medicin und Verwaltung in wenig lehrreiche
Allgemeinheiten verfallen und das Staatsrecht den Gegenſtand ganz
fallen läßt. Es iſt Sache der Verwaltungslehre, ihm ſeine Stellung
wieder zu geben.
Geſetzgebung. Eine allgemeine ſelbſtändige Codifikation iſt weder
gut thunlich, noch auch von Werth, obwohl man ſie gefordert hat. Die
Einheit muß doch durch die Wiſſenſchaft gegeben werden. Auch die
engliſche Geſetzgebung über die Geſundheitspolizei in den General und
Local Health Acts umfaßt denn doch nur einzelne Theile. Dennoch
hat die Geſetzgebung mit unſerem Jahrhundert hier einen ganz beſtimmten
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