Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

beisteuer, und vielfach Schulgeld. Landschulkasse: Bezzenberger a. a. O.
S. 488, 89.

Hessen-Darmstadt. Der Staat hat namentlich seit 1832 sehr
viel gethan, und die Schullasten unter öffentlicher Unterstützung ge-
regelt, neue Schulen, vorzüglich Winterschulen, eingeführt; die Grund-
lage jedoch ist der Gemeindebeitrag; zu dem Ende Eintheilung in
26 Schulbezirke (Strack a. a. O. 514).

Belgien. Das Gesetz von 1842 hat drei Klassen von Elemen-
tarschulen eingeführt: 1) Gemeindeschulen, ganz auf Kosten und
unter Verwaltung der Gemeinde; 2) Privatschulen mit Unterstützung.
Jede Gemeinde kann auch eine öffentliche Unterstützung (par la province
ou par l'Etat)
erhalten, wird jedoch alsdann (englisches Vorbild) unter
die leitende Oberaufsicht der Staatsbehörden gestellt; 3) ganz freie
Elementarschulen ohne Schulgeld. Jede Gemeinde soll wenigstens
Eine Gemeindeschule haben. (Le Roy a. a. O. I. S. 496. De Fooz
a. a. O. S. 339.)

Holland. Eine Schulpflicht existirt nicht; nur gesetzliche Auf-
forderung an die Eltern (Gesetz von 1837 Art. 31): jede Gemeinde
hat ihre Elementarschule herzustellen, doch haben die Provinzialstände
das Recht, die Zahl der Schulen zu vermehren. Schulgeld gilt. Arme
unentgeldlich. (Le Roy a. a. O. III. 567 ff.) Beinahe komisch klingt,
was de Bosch-Kemper a. a. O. §. 32 sagt: "Die Vertreter der Schul-
pflicht, meist Franzosen (?) und Deutsche, sind in dieser Frage nicht
frei von socialistischen und (zugleich!) "einseitig monarchischen Grund-
sätzen, die in dem Wesen der Sache eben so sehr mit einander verbunden
sind, als die protektionistischen (der Großindustriellen!) und socialistischen
Theorien in der Volkswirthschaftspflege." Warum hat er nicht hinzu-
gefügt, daß am Ende im "Wesen der Sache Republik, Königthum,
Despotie, Verfassung und Verwaltungsrecht überhaupt "mit einander
verbunden sind!"

C. Das Lehrerrecht.

Das Lehrerrecht umfaßt alle geltenden Rechtsbestimmungen,
welche sich auf die berufsmäßige persönliche Stellung des Lehrers
beziehen.

Dieß Lehrerrecht ist es nun, in dessen innerer und äußerer Ent-
wicklung sich die Auffassung von dem Wesen und der Bedeutung des
Volksunterrichtes, und mittelbar von dem geistigen Verhältniß der
besitzenden zur nichtbesitzenden Klasse spiegelt. Es ist in diesem Sinne
ein hochwichtiger Theil der innern Geschichte eines jeden Landes.

beiſteuer, und vielfach Schulgeld. Landſchulkaſſe: Bezzenberger a. a. O.
S. 488, 89.

Heſſen-Darmſtadt. Der Staat hat namentlich ſeit 1832 ſehr
viel gethan, und die Schullaſten unter öffentlicher Unterſtützung ge-
regelt, neue Schulen, vorzüglich Winterſchulen, eingeführt; die Grund-
lage jedoch iſt der Gemeindebeitrag; zu dem Ende Eintheilung in
26 Schulbezirke (Strack a. a. O. 514).

Belgien. Das Geſetz von 1842 hat drei Klaſſen von Elemen-
tarſchulen eingeführt: 1) Gemeindeſchulen, ganz auf Koſten und
unter Verwaltung der Gemeinde; 2) Privatſchulen mit Unterſtützung.
Jede Gemeinde kann auch eine öffentliche Unterſtützung (par la province
ou par l’Etat)
erhalten, wird jedoch alsdann (engliſches Vorbild) unter
die leitende Oberaufſicht der Staatsbehörden geſtellt; 3) ganz freie
Elementarſchulen ohne Schulgeld. Jede Gemeinde ſoll wenigſtens
Eine Gemeindeſchule haben. (Le Roy a. a. O. I. S. 496. De Fooz
a. a. O. S. 339.)

Holland. Eine Schulpflicht exiſtirt nicht; nur geſetzliche Auf-
forderung an die Eltern (Geſetz von 1837 Art. 31): jede Gemeinde
hat ihre Elementarſchule herzuſtellen, doch haben die Provinzialſtände
das Recht, die Zahl der Schulen zu vermehren. Schulgeld gilt. Arme
unentgeldlich. (Le Roy a. a. O. III. 567 ff.) Beinahe komiſch klingt,
was de Boſch-Kemper a. a. O. §. 32 ſagt: „Die Vertreter der Schul-
pflicht, meiſt Franzoſen (?) und Deutſche, ſind in dieſer Frage nicht
frei von ſocialiſtiſchen und (zugleich!) „einſeitig monarchiſchen Grund-
ſätzen, die in dem Weſen der Sache eben ſo ſehr mit einander verbunden
ſind, als die protektioniſtiſchen (der Großinduſtriellen!) und ſocialiſtiſchen
Theorien in der Volkswirthſchaftspflege.“ Warum hat er nicht hinzu-
gefügt, daß am Ende im „Weſen der Sache Republik, Königthum,
Deſpotie, Verfaſſung und Verwaltungsrecht überhaupt „mit einander
verbunden ſind!“

C. Das Lehrerrecht.

Das Lehrerrecht umfaßt alle geltenden Rechtsbeſtimmungen,
welche ſich auf die berufsmäßige perſönliche Stellung des Lehrers
beziehen.

Dieß Lehrerrecht iſt es nun, in deſſen innerer und äußerer Ent-
wicklung ſich die Auffaſſung von dem Weſen und der Bedeutung des
Volksunterrichtes, und mittelbar von dem geiſtigen Verhältniß der
beſitzenden zur nichtbeſitzenden Klaſſe ſpiegelt. Es iſt in dieſem Sinne
ein hochwichtiger Theil der innern Geſchichte eines jeden Landes.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0156" n="128"/>
bei&#x017F;teuer, und vielfach Schulgeld. Land&#x017F;chulka&#x017F;&#x017F;e: <hi rendition="#g">Bezzenberger</hi> a. a. O.<lb/>
S. 488, 89.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">He&#x017F;&#x017F;en-Darm&#x017F;tadt</hi>. Der Staat hat namentlich &#x017F;eit 1832 <hi rendition="#g">&#x017F;ehr</hi><lb/>
viel gethan, und die Schulla&#x017F;ten unter öffentlicher Unter&#x017F;tützung ge-<lb/>
regelt, neue Schulen, vorzüglich Winter&#x017F;chulen, eingeführt; die Grund-<lb/>
lage jedoch i&#x017F;t der Gemeindebeitrag; zu dem Ende Eintheilung in<lb/>
26 Schulbezirke (<hi rendition="#g">Strack</hi> a. a. O. 514).</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Belgien</hi>. Das Ge&#x017F;etz von 1842 hat <hi rendition="#g">drei</hi> Kla&#x017F;&#x017F;en von Elemen-<lb/>
tar&#x017F;chulen eingeführt: 1) <hi rendition="#g">Gemeinde&#x017F;</hi>chulen, ganz auf Ko&#x017F;ten und<lb/>
unter Verwaltung der Gemeinde; 2) <hi rendition="#g">Privat&#x017F;</hi>chulen mit Unter&#x017F;tützung.<lb/>
Jede Gemeinde kann auch eine öffentliche Unter&#x017F;tützung <hi rendition="#aq">(par la province<lb/>
ou par l&#x2019;Etat)</hi> erhalten, wird jedoch alsdann (engli&#x017F;ches Vorbild) unter<lb/>
die leitende Oberauf&#x017F;icht der Staatsbehörden ge&#x017F;tellt; 3) ganz <hi rendition="#g">freie</hi><lb/>
Elementar&#x017F;chulen <hi rendition="#g">ohne</hi> Schulgeld. Jede Gemeinde &#x017F;oll wenig&#x017F;tens<lb/>
Eine Gemeinde&#x017F;chule haben. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Le Roy</hi></hi> a. a. O. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 496. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">De Fooz</hi></hi><lb/>
a. a. O. S. 339.)</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Holland</hi>. Eine Schu<hi rendition="#g">lpflicht</hi> exi&#x017F;tirt nicht; nur ge&#x017F;etzliche Auf-<lb/>
forderung an die Eltern (Ge&#x017F;etz von 1837 Art. 31): jede <hi rendition="#g">Gemeinde</hi><lb/>
hat ihre Elementar&#x017F;chule herzu&#x017F;tellen, doch haben die Provinzial&#x017F;tände<lb/>
das Recht, die Zahl der Schulen zu vermehren. Schulgeld gilt. Arme<lb/>
unentgeldlich. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Le Roy</hi></hi> a. a. O. <hi rendition="#aq">III.</hi> 567 ff.) Beinahe komi&#x017F;ch klingt,<lb/>
was <hi rendition="#g">de Bo&#x017F;ch-Kemper</hi> a. a. O. §. 32 &#x017F;agt: &#x201E;Die Vertreter der Schul-<lb/><hi rendition="#g">pflicht</hi>, mei&#x017F;t Franzo&#x017F;en (?) und Deut&#x017F;che, &#x017F;ind in die&#x017F;er Frage nicht<lb/>
frei von &#x017F;ociali&#x017F;ti&#x017F;chen und (zugleich!) &#x201E;ein&#x017F;eitig monarchi&#x017F;chen Grund-<lb/>
&#x017F;ätzen, die in dem We&#x017F;en der Sache eben &#x017F;o &#x017F;ehr mit einander verbunden<lb/>
&#x017F;ind, als die protektioni&#x017F;ti&#x017F;chen (der Großindu&#x017F;triellen!) und &#x017F;ociali&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Theorien in der Volkswirth&#x017F;chaftspflege.&#x201C; Warum hat er nicht hinzu-<lb/>
gefügt, daß am Ende im &#x201E;We&#x017F;en der Sache Republik, Königthum,<lb/>
De&#x017F;potie, Verfa&#x017F;&#x017F;ung und Verwaltungsrecht überhaupt &#x201E;mit einander<lb/>
verbunden &#x017F;ind!&#x201C;</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#aq">C.</hi><hi rendition="#g">Das Lehrerrecht</hi>.</head><lb/>
                  <p>Das <hi rendition="#g">Lehrerrecht</hi> umfaßt alle geltenden Rechtsbe&#x017F;timmungen,<lb/>
welche &#x017F;ich auf die berufsmäßige per&#x017F;önliche Stellung des Lehrers<lb/>
beziehen.</p><lb/>
                  <p>Dieß Lehrerrecht i&#x017F;t es nun, in de&#x017F;&#x017F;en innerer und äußerer Ent-<lb/>
wicklung &#x017F;ich die Auffa&#x017F;&#x017F;ung von dem We&#x017F;en und der Bedeutung des<lb/>
Volksunterrichtes, und mittelbar von dem gei&#x017F;tigen Verhältniß der<lb/>
be&#x017F;itzenden zur nichtbe&#x017F;itzenden Kla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;piegelt. Es i&#x017F;t in die&#x017F;em Sinne<lb/>
ein hochwichtiger Theil der innern Ge&#x017F;chichte eines jeden Landes.</p><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0156] beiſteuer, und vielfach Schulgeld. Landſchulkaſſe: Bezzenberger a. a. O. S. 488, 89. Heſſen-Darmſtadt. Der Staat hat namentlich ſeit 1832 ſehr viel gethan, und die Schullaſten unter öffentlicher Unterſtützung ge- regelt, neue Schulen, vorzüglich Winterſchulen, eingeführt; die Grund- lage jedoch iſt der Gemeindebeitrag; zu dem Ende Eintheilung in 26 Schulbezirke (Strack a. a. O. 514). Belgien. Das Geſetz von 1842 hat drei Klaſſen von Elemen- tarſchulen eingeführt: 1) Gemeindeſchulen, ganz auf Koſten und unter Verwaltung der Gemeinde; 2) Privatſchulen mit Unterſtützung. Jede Gemeinde kann auch eine öffentliche Unterſtützung (par la province ou par l’Etat) erhalten, wird jedoch alsdann (engliſches Vorbild) unter die leitende Oberaufſicht der Staatsbehörden geſtellt; 3) ganz freie Elementarſchulen ohne Schulgeld. Jede Gemeinde ſoll wenigſtens Eine Gemeindeſchule haben. (Le Roy a. a. O. I. S. 496. De Fooz a. a. O. S. 339.) Holland. Eine Schulpflicht exiſtirt nicht; nur geſetzliche Auf- forderung an die Eltern (Geſetz von 1837 Art. 31): jede Gemeinde hat ihre Elementarſchule herzuſtellen, doch haben die Provinzialſtände das Recht, die Zahl der Schulen zu vermehren. Schulgeld gilt. Arme unentgeldlich. (Le Roy a. a. O. III. 567 ff.) Beinahe komiſch klingt, was de Boſch-Kemper a. a. O. §. 32 ſagt: „Die Vertreter der Schul- pflicht, meiſt Franzoſen (?) und Deutſche, ſind in dieſer Frage nicht frei von ſocialiſtiſchen und (zugleich!) „einſeitig monarchiſchen Grund- ſätzen, die in dem Weſen der Sache eben ſo ſehr mit einander verbunden ſind, als die protektioniſtiſchen (der Großinduſtriellen!) und ſocialiſtiſchen Theorien in der Volkswirthſchaftspflege.“ Warum hat er nicht hinzu- gefügt, daß am Ende im „Weſen der Sache Republik, Königthum, Deſpotie, Verfaſſung und Verwaltungsrecht überhaupt „mit einander verbunden ſind!“ C. Das Lehrerrecht. Das Lehrerrecht umfaßt alle geltenden Rechtsbeſtimmungen, welche ſich auf die berufsmäßige perſönliche Stellung des Lehrers beziehen. Dieß Lehrerrecht iſt es nun, in deſſen innerer und äußerer Ent- wicklung ſich die Auffaſſung von dem Weſen und der Bedeutung des Volksunterrichtes, und mittelbar von dem geiſtigen Verhältniß der beſitzenden zur nichtbeſitzenden Klaſſe ſpiegelt. Es iſt in dieſem Sinne ein hochwichtiger Theil der innern Geſchichte eines jeden Landes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/156
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/156>, abgerufen am 21.11.2024.