1851, nebst Arrete vom 31. October 1854) hat eben deßhalb noch kaum wesentliche Erfolge gehabt. Das Gesetz von 1850 bestimmt indeß, daß jedes Departement ein Seminar (ecole normale primaire) haben soll; die Ordnung derselben ist jedoch eine äußerst strenge und ganz bureau- kratisch (mit Conduitenlisten etc.) eingerichtete. Daneben bestehen eine große Anzahl von Privatseminarien, worunter mehrere für Mäd- chenlehrerinnen; ein großer Theil wieder gehört kirchlichen Körperschaften. Das Decret vom 28. März 1866 hat Ecoles normales für die Aus- bildung der Reallehrer angeordnet, womit der Uebergang zur wirth- schaftlichen Berufsbildung auch hier gegeben ist. Obgleich auf diese Weise die instituteurs den Charakter von Beamteten haben, sind sie doch keine wahren Lehrer, und in Folge dessen liegt der höhere Elemen- tarunterricht außerhalb der Volksschule.
Deutschland. In Deutschland entsteht der Gedanke einer selb- ständigen berufsmäßigen Volkslehrerbildung zugleich mit dem öffentlichen Volksschulwesen. Seminarien finden sich daher schon im vorigen Jahr- hundert. (Vergl. Berg a. a. O.) Zu einem selbständigen System entwickelt sich das Lehrerbildungswesen jedoch erst in unserm Jahr- hundert, und ist bei allgemeiner gleichartiger Grundlage wieder im Ein- zelnen verschieden. Diese allgemeine Grundlage besteht darin, daß die Schullehrer die Rechte der Beamteten haben, also namentlich pensionsfähig sind. Die Anstellungsverhältnisse beruhen durch- gehends darauf, daß das Princip der unmittelbaren Anstellung von Seiten der Regierung neben dem der Bestätigung derselben von Ge- meindewahlen aufrecht geblieben ist, obwohl das Letztere bei tüchtiger Bildung das einzig richtige sein sollte. Die Lehrerbildung oder das Seminarwesen beruht seinerseits durchgehend auf den leitenden Grundsätzen der nothwendigen praktischen Vorbildung als Schul- gehülfe, Aufnahmsprüfung im Seminar, Seminaristenbildung, Abgangsprüfung, und auf dem Abgangszeugniß basirter Anstellung. Bei dem so gebildeten Lehrer ist ein entscheidender Einfluß auf die Lehre selbstverständlich. Bei größern Schulen bilden die Lehrer einen Lehrkörper; außerdem sind in einigen Ländern noch besondere Lehrer- versammlungen gesetzlich angeordnet. (Oesterreich).
Preußen. Lehrerbildung. Vorbildung zum Seminar (Regulativ vom 2. October 1854 über die Berechtigung, Präparanden-Kurse zu halten). Die Seminarien selbst haben noch keine ganz gleichartige Ein- richtung; Specialinstruktionen für die einzelnen Provinzen (Rönne, Unterrichtswesen Bd. I. S. 391). Prüfung vor der Anstellung schon im Allgemeinen Landrecht II. 12 aus dem General-Schulreglement von 1763; seit 1826 eine Abgangsprüfung (theoretisch) und die praktische
1851, nebſt Arrêté vom 31. October 1854) hat eben deßhalb noch kaum weſentliche Erfolge gehabt. Das Geſetz von 1850 beſtimmt indeß, daß jedes Departement ein Seminar (école normale primaire) haben ſoll; die Ordnung derſelben iſt jedoch eine äußerſt ſtrenge und ganz bureau- kratiſch (mit Conduitenliſten ꝛc.) eingerichtete. Daneben beſtehen eine große Anzahl von Privatſeminarien, worunter mehrere für Mäd- chenlehrerinnen; ein großer Theil wieder gehört kirchlichen Körperſchaften. Das Decret vom 28. März 1866 hat Écoles normales für die Aus- bildung der Reallehrer angeordnet, womit der Uebergang zur wirth- ſchaftlichen Berufsbildung auch hier gegeben iſt. Obgleich auf dieſe Weiſe die instituteurs den Charakter von Beamteten haben, ſind ſie doch keine wahren Lehrer, und in Folge deſſen liegt der höhere Elemen- tarunterricht außerhalb der Volksſchule.
Deutſchland. In Deutſchland entſteht der Gedanke einer ſelb- ſtändigen berufsmäßigen Volkslehrerbildung zugleich mit dem öffentlichen Volksſchulweſen. Seminarien finden ſich daher ſchon im vorigen Jahr- hundert. (Vergl. Berg a. a. O.) Zu einem ſelbſtändigen Syſtem entwickelt ſich das Lehrerbildungsweſen jedoch erſt in unſerm Jahr- hundert, und iſt bei allgemeiner gleichartiger Grundlage wieder im Ein- zelnen verſchieden. Dieſe allgemeine Grundlage beſteht darin, daß die Schullehrer die Rechte der Beamteten haben, alſo namentlich penſionsfähig ſind. Die Anſtellungsverhältniſſe beruhen durch- gehends darauf, daß das Princip der unmittelbaren Anſtellung von Seiten der Regierung neben dem der Beſtätigung derſelben von Ge- meindewahlen aufrecht geblieben iſt, obwohl das Letztere bei tüchtiger Bildung das einzig richtige ſein ſollte. Die Lehrerbildung oder das Seminarweſen beruht ſeinerſeits durchgehend auf den leitenden Grundſätzen der nothwendigen praktiſchen Vorbildung als Schul- gehülfe, Aufnahmsprüfung im Seminar, Seminariſtenbildung, Abgangsprüfung, und auf dem Abgangszeugniß baſirter Anſtellung. Bei dem ſo gebildeten Lehrer iſt ein entſcheidender Einfluß auf die Lehre ſelbſtverſtändlich. Bei größern Schulen bilden die Lehrer einen Lehrkörper; außerdem ſind in einigen Ländern noch beſondere Lehrer- verſammlungen geſetzlich angeordnet. (Oeſterreich).
Preußen. Lehrerbildung. Vorbildung zum Seminar (Regulativ vom 2. October 1854 über die Berechtigung, Präparanden-Kurſe zu halten). Die Seminarien ſelbſt haben noch keine ganz gleichartige Ein- richtung; Specialinſtruktionen für die einzelnen Provinzen (Rönne, Unterrichtsweſen Bd. I. S. 391). Prüfung vor der Anſtellung ſchon im Allgemeinen Landrecht II. 12 aus dem General-Schulreglement von 1763; ſeit 1826 eine Abgangsprüfung (theoretiſch) und die praktiſche
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1851, nebſt Arrêté vom 31. October 1854) hat eben deßhalb noch kaum
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jedes Departement ein Seminar (école normale primaire) haben ſoll;
die Ordnung derſelben iſt jedoch eine äußerſt ſtrenge und ganz bureau-
kratiſch (mit Conduitenliſten ꝛc.) eingerichtete. Daneben beſtehen eine
große Anzahl von Privatſeminarien, worunter mehrere für Mäd-
chenlehrerinnen; ein großer Theil wieder gehört kirchlichen Körperſchaften.
Das Decret vom 28. März 1866 hat Écoles normales für die Aus-
bildung der Reallehrer angeordnet, womit der Uebergang zur wirth-
ſchaftlichen Berufsbildung auch hier gegeben iſt. Obgleich auf dieſe
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doch keine wahren Lehrer, und in Folge deſſen liegt der höhere Elemen-
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Deutſchland. In Deutſchland entſteht der Gedanke einer ſelb-
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hundert. (Vergl. Berg a. a. O.) Zu einem ſelbſtändigen Syſtem
entwickelt ſich das Lehrerbildungsweſen jedoch erſt in unſerm Jahr-
hundert, und iſt bei allgemeiner gleichartiger Grundlage wieder im Ein-
zelnen verſchieden. Dieſe allgemeine Grundlage beſteht darin, daß
die Schullehrer die Rechte der Beamteten haben, alſo namentlich
penſionsfähig ſind. Die Anſtellungsverhältniſſe beruhen durch-
gehends darauf, daß das Princip der unmittelbaren Anſtellung von
Seiten der Regierung neben dem der Beſtätigung derſelben von Ge-
meindewahlen aufrecht geblieben iſt, obwohl das Letztere bei tüchtiger
Bildung das einzig richtige ſein ſollte. Die Lehrerbildung oder das
Seminarweſen beruht ſeinerſeits durchgehend auf den leitenden
Grundſätzen der nothwendigen praktiſchen Vorbildung als Schul-
gehülfe, Aufnahmsprüfung im Seminar, Seminariſtenbildung,
Abgangsprüfung, und auf dem Abgangszeugniß baſirter Anſtellung.
Bei dem ſo gebildeten Lehrer iſt ein entſcheidender Einfluß auf die
Lehre ſelbſtverſtändlich. Bei größern Schulen bilden die Lehrer einen
Lehrkörper; außerdem ſind in einigen Ländern noch beſondere Lehrer-
verſammlungen geſetzlich angeordnet. (Oeſterreich).
Preußen. Lehrerbildung. Vorbildung zum Seminar (Regulativ
vom 2. October 1854 über die Berechtigung, Präparanden-Kurſe zu
halten). Die Seminarien ſelbſt haben noch keine ganz gleichartige Ein-
richtung; Specialinſtruktionen für die einzelnen Provinzen (Rönne,
Unterrichtsweſen Bd. I. S. 391). Prüfung vor der Anſtellung ſchon
im Allgemeinen Landrecht II. 12 aus dem General-Schulreglement von
1763; ſeit 1826 eine Abgangsprüfung (theoretiſch) und die praktiſche
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/161>, abgerufen am 16.02.2025.
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